Ein Grund für eine Sicherungsanordnung ist gegeben, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Indem § 123 Abs. 1 S. 1 VwGO auf die „Gefahr” einer Vereitelung oder wesentlichen Erschwerung der Rechtsverwirklichung abstellt, schützt er allein vor solchen Beeinträchtigungen, die erst bevorstehen. Ist es bereits zu einer Rechtsbeeinträchtigung gekommen, ist eine Gefährdung der Rechtsverwirklichung nicht mehr möglich (Finkelnburg/Dombert/Külpmann, a.a.O., Rn 159). Die Gefahr muss objektiv bestehen und sich konkret abzeichnen. Die subjektive Befürchtung des Antragstellers oder die abstrakte Möglichkeit, dass es zu einer Rechtsbeeinträchtigung kommen könnte, reicht nicht aus (BVerwG NVwZ 1994, 370; OVG Münster NJW 1996, 3291). So besteht eine konkrete Gefährdung der Durchsetzung eines Anspruchs auf ermessensfehlerfreie Auswahlentscheidung erst dann, wenn das beamtenrechtliche Ernennungs- oder Beförderungsverfahren so weit fortgeschritten ist, dass eine anderweitige Besetzung der ausgeschriebenen Stelle abzusehen ist (VGH Kassel NVwZ-RR 1989, 30; OVG Münster NVwZ 1996, 495, 497). Dagegen fehlt sie, wenn Nachbarrechte durch die Wiederaufnahme von Bauarbeiten gefährdet werden könnten, gegenwärtig aber keine konkreten Anhaltspunkte dafür vorhanden sind, dass der Bauherr die Arbeiten vor rechtskräftigem Abschluss des Hauptsacheverfahrens fortsetzen wird (OVG Berlin DÖV 1967, 174).

Die Rechtsverwirklichung soll vor Gefahren durch Zustandsveränderungen geschützt werden. Die Sicherungsanordnung ist somit darauf gerichtet, allen künftigen tatsächlichen und rechtlichen Veränderungen zu begegnen, die für die Rechtsverwirklichung in einem künftigen Hauptsacheverfahren nachteilig sein können. Diese wird vereitelt, wenn sich das gefährdete Recht im Hauptsacheverfahren wegen Schaffung vollendeter Tatsachen nicht mehr durchsetzen lässt (OVG Greifswald NVwZ 1997, 306, 309; OVG Bautzen NVwZ 1998, 253, 255). So verliert der Bewerber um ein Eingangs- oder Beförderungsamt eigene Ansprüche, sobald ein Mitbewerber ernannt wird (BVerwGE 80, 127, 130). Der Anspruch eines Beamten darauf, dass sich der Dienstherr im Zwangspensionierungsverfahren nicht durch einen Rechtsanwalt vertreten lässt, wird mit der Beendigung des Verfahrens hinfällig (OVG Koblenz AS 16, 295). Wesentlich erschwert wird die Rechtsverwirklichung, wenn zu befürchten ist, dass eine Zustandsveränderung einen Erfolg im Hauptsacheverfahren weitgehend entwerten würde. Das ist z.B. der Fall, wenn die Bundeszentrale für Heimatdienst eine Broschüre mit dem Bild des Antragstellers verbreitet (VG Köln DVBl. 1969, 121, 122); denn die darin liegende Verletzung des Persönlichkeitsrechts lässt sich kaum wieder rückgängig machen.

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