Die EU-Kommission will Hinweisgeber künftig mithilfe von EU-weiten Mindeststandards besser schützen. Damit reagiert die Behörde auf Enthüllungen wie "Dieselgate", "LuxLeaks" und die "Panama Papers". Viele der jüngsten Skandale wären nicht ans Licht gekommen, hätten Hinweisgeber nicht den Mut gehabt, sie zu melden, begründete der Erste Kommissionsvizepräsident Frans Timmermans den Vorstoß im April. Wer aber richtig handele, sollte nicht bestraft werden.
Die Pläne wollen einen EU-weiten Schutz bei der Meldung von Verstößen gegen das EU-Recht in den Bereichen öffentliche Auftragsvergabe, Finanzdienstleistungen, Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung, Produktsicherheit, Verkehrssicherheit, Umweltschutz, kerntechnische Sicherheit, Lebensmittel- und Futtermittelsicherheit, Tiergesundheit und Tierschutz, öffentliche Gesundheit, Verbraucherschutz, Schutz der Privatsphäre, Datenschutz und Sicherheit von Netz- und Informationssystemen gewährleisten. Die neuen Vorschriften sollen außerdem bei Verstößen gegen die EU-Wettbewerbsvorschriften und die Körperschaftsteuer-Vorschriften sowie bei Schädigungen der finanziellen Interessen der EU zur Anwendung kommen. Die Kommission empfiehlt den Mitgliedstaaten, über diese Mindeststandards hinauszugehen und darauf aufbauend umfassende Rahmenbedingungen für den Schutz von Hinweisgebern zu schaffen.
In allen Unternehmen mit mehr als 50 Beschäftigten oder einem Jahresumsatz von mehr als 10 Mio. Euro soll nach den Kommissionsplänen ein internes Verfahren für den Umgang mit Meldungen von Hinweisgebern eingeführt werden. Auch alle Landes- und Regionalverwaltungen und Gemeinden mit mehr als 10.000 Einwohnern werden von der neuen Richtlinie erfasst. Die Schutzmechanismen, die zugunsten der Hinweisgeber etabliert werden sollen, umfassen Folgendes:
- klare Meldekanäle innerhalb und außerhalb der Organisation, um die Vertraulichkeit zu wahren;
- Rückmeldepflichten für Behörden und Unternehmen‚ die innerhalb von drei Monaten auf Meldungen von Missständen reagieren und sie weiterverfolgen müssen;
- Untersagung und Ahndung von Vergeltungsmaßnahmen gegen den Hinweisgeber. Wenn ein Hinweisgeber Vergeltungsmaßnahmen erleidet, soll er Zugang zu kostenloser Beratung und angemessenen Abhilfemaßnahmen erhalten; die Beweislast wird in solchen Fällen umgekehrt. In Gerichtsverfahren werden Hinweisgeber von der Haftung für offengelegte Informationen befreit.
Allerdings enthält der Vorschlag auch Sicherungsmaßnahmen, durch die in missbräuchlicher Absicht getätigte Meldungen unterbunden und Rufschädigungen vermieden werden sollen. Deshalb soll für die von der Meldung eines Hinweisgebers betroffenen Personen auf jeden Fall die Unschuldsvermutung gelten, auch erhalten sie das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf, ein faires Verfahren und Verteidigung.
Derzeit ist der Schutz von Hinweisgebern in der EU uneinheitlich geregelt. So ist in nur zehn EU-Mitgliedstaaten dafür gesorgt, dass Hinweisgeber uneingeschränkt geschützt werden. Die übrigen Länder gewähren z.T. einen partiellen Schutz in bestimmten Wirtschaftszweigen oder für gewisse Kategorien von Arbeitnehmern.
[Quelle: EU-Kommission]