Normenkette

§ 18 WEG, § 19 WEG, § 890 ZPO

 

Kommentar

In einer Entscheidung des AG Stuttgart-Bad Cannstatt (als ordentliches Zivilgericht) wurde die zivilrechtliche Entziehungsklage einer Wohnungseigentümergemeinschaft nach entsprechender qualifizierter Mehrheitsbeschlussfassung als unbegründet abgewiesen. Die Wohnung war an sieben oder acht Asylbewerber aus Bangladesch zu hohem Mietzins vermietet; diverse Bewohner der Anlage beschwerten sich ständig über Geruchs- und Lärmbelästigungen der Mieter. Die Hausverwaltung hatte den Eigentümer der Wohnung mehrfach erfolglos zur Änderung der Zustände aufgefordert. Der Eigentümer war allerdings sehr bemüht, durch häufige Kontrollen, Verbote und Hinweise für die Asylbewerber Belästigungen abzustellen.

Das Gericht lehnte die Entziehung mit der Begründung ab, dass dieser Schritt ein so bedeutsamer Einschnitt sei, dass er erst als letztes Mittel in Frage kommen könne, wenn also weniger schwere rechtliche Maßnahmen ausgeschöpft seien oder nicht in Frage kämen (unter Bezug auf AG München, MDR 61, 604). Eine Entziehung käme einer privatrechtlichen Enteignung gleich; hier müsste insbesondere auch der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz in einschränkender Auslegung des § 18 WEG berücksichtigt werden. Die Wohnungseigentümergemeinschaft, einzelne Eigentümer oder auch Mieter hätten im vorliegenden Fall Unterlassungsansprüche im Wege einer Klage oder einstweiligen Verfügung geltend machen können. Auf diese Weise hätten Lärm- und Geruchsbelästigungen unter dem Vollstreckungsdruckmittel von Ordnungsmaßnahmen gemäß § 890 ZPO ggf. zum Erfolg geführt.

 

Link zur Entscheidung

( AG Stuttgart, Urteil vom 11.06.1981, 4 C 1922/80)

Zu Gruppe 7: Gerichtliches Verfahren

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