Leitsatz

1. Eine Wohnflächenvereinbarung setzt nicht zwingend voraus, dass die Fläche der Wohnung in den Mietvertrag aufgenommen wird. Eine konkludente Wohnflächenvereinbarung kann auch dadurch zustande kommen, dass die Wohnfläche in einem Inserat mitgeteilt und dem Mietinteressenten vor Vertragsschluss eine Skizze der Wohnung mit einer Flächenberechnung übergeben wird.

2. Ist die Vertragsfläche geringer als die wirkliche Fläche, steht dem Vermieter keine höhere als die vereinbarte Miete zu, wenn nach dem örtlichen Mietspiegel für kleinere Wohnungen ein höherer Quadratmeterpreis ausgewiesen ist.

(Leitsätze der Redaktion)

 

Normenkette

BGB § 536

 

Kommentar

Es betrifft eine Dachgeschosswohnung, die der Vermieter durch folgendes Zeitungsinserat zur Vermietung angeboten hat: "3 ZKB, Balkon, ca. 76 m2, Parkett, EBK, DM 890 + NK".

Vor dem Abschluss des Mietvertrags überreichte der Vermieter der Mietinteressentin eine Skizze der Wohnung sowie eine "Wohnflächenberechnung ... nach ... der Zweiten Berechnungsverordnung". Nach dieser Berechnung hatte die Wohnung eine Fläche von 76,45 qm.

Sodann schlossen die Parteien einen schriftlichen Mietvertrag. Dieser Vertrag enthält keine Flächenangabe; eine entsprechende Rubrik für eine derartige Angabe ist in dem Vertragsformular auch nicht vorgesehen. Die tatsächliche Wohnfläche beträgt nur 59,65 qm; sie weicht damit um 22 % von der annoncierten Fläche ab. Die Mieterin nimmt den Vermieter auf Rückzahlung eines Teils der Miete in Anspruch. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass der Mietvertrag keine Flächenangabe enthalte: dies sei ein gewichtiges Indiz dafür, dass sich der Vermieter nicht habe binden wollen.

Der BGH hat das Urteil aufgehoben: Aufgrund der besonderen Umstände, nämlich der Angabe der Wohnfläche in der Annonce und der Aushändigung der Wohnungsskizze mit der Wohnflächenberechnung, sei davon auszugehen, dass die Parteien eine konkludente Beschaffenheitsvereinbarung getroffen haben. Einer fehlenden Angabe der Wohnfläche im Mietvertrag kommt jedenfalls dann keine Indizwirkung für einen mangelnden Bindungswillen zu, wenn das Formular eine solche Angabe nicht vorsieht. Anders kann es sein, wenn der Vertrag eine entsprechende Rubrik enthält und die Parteien diese bewusst nicht ausfüllen oder sogar streichen.

In einem weiteren Teil der Entscheidung befasst sich der BGH mit der Frage, ob dem Vermieter eine höhere als die vereinbarte Miete zusteht, wenn nach dem örtlichen Mietspiegel für kleinere Wohnungen ein höherer Quadratmeterpreis ausgewiesen ist. Das wird vom BGH verneint. Die Rechtsfolgen eines Mangels werden durch das Gewährleistungsrecht abschließend geregelt; eine Mietanpassung nach den Regeln über die ergänzende Vertragsauslegung (oder eine Vertragsanpassung nach § 313 BGB) kommt daneben nicht in Betracht.

Die Miete mindert sich im Verhältnis der Flächenabweichnung (§ 536 BGB). Maßgeblich für die Berechnung ist die Bruttomiete. Hierunter versteht der BGH die "Nettomiete und Nebenkostenpauschale oder Vorauszahlungen auf die Nebenkosten".

 

Link zur Entscheidung

BGH, Urteil v. 23.6.2010, VIII ZR 256/09, NJW 2010 S. 2648

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