Leitsatz

Die Parteien stritten im Rahmen des Ehescheidungsverfahrens um die Wirksamkeit eines Ehevertrages, den sie etwa drei Wochen vor ihrer Heirat im Jahre 1995 geschlossen hatten. In diesem Ehevertrag hatten sie den gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft ausgeschlossen und Gütertrennung vereinbart.

Trotz dieser ehevertraglichen Vereinbarung hat die Ehefrau in der Folgesache Zugewinn Stufenklage erhoben und den Ehemann zunächst in der ersten Stufe auf Auskunft über sein Endvermögen am Stichtag in Anspruch genommen. Es stellte sich die Frage nach der Wirksamkeit des zwischen den Parteien geschlossenen Vertrages.

 

Sachverhalt

Die Ehefrau nahm den Ehemann in der Folgesache Zugewinn im Wege der Stufenklage zunächst auf Auskunftserteilung über sein Endvermögen am Stichtag in Anspruch.

Vorausgegangen war eine etwa drei Wochen vor der Eheschließung im Januar 1995 zwischen den Parteien herbeigeführte notarielle Vereinbarung, wonach sie den gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft ausgeschlossen und vollständige Gütertrennung vereinbart hatten. Zum Zeitpunkt der Beurkundung des notariellen Ehevertrages am 5.1.1995 war die Ehefrau schwanger. Zur Begründung ihrer Klage berief sie sich darauf, ihr Ehemann habe sie planmäßig, gezielt und kaltblütig über die Bedeutung des Ehevertrages getäuscht, um unter Ausnutzung ihrer extremen physischen und psychischen Belastung ihre Unterschrift zu erlangen, die er unter normalen Umständen nie erhalten hätte. Ihr Gesundheitszustand sei schlecht gewesen. Zudem habe der Ehemann bereits im November 1994 von dem "Familiennotar" einen Vertragsentwurf erhalten, den sie nie gesehen habe. Der Vertrag sei deshalb sittenwidrig, der Beklagte schulde Auskunft, damit sie abschätzen könne, ob sie durch den Verzicht in grober Weise benachteiligt worden sei.

Das erstinstanzliche Gericht hat dem Antrag der Ehefrau in der Auskunftsstufe stattgegeben und zur Begründung ausgeführt, es stehe derzeit nicht fest, dass ihr ein güterrechtlicher Anspruch nicht zustehe. Die Wirksamkeit des Ehevertrages sei gerade streitig und hänge auch von der Höhe eines etwaigen Ausgleichsanspruchs ab.

Hiergegen wandte sich der Ehemann mit der Berufung.

Sein Rechtsmittel war erfolgreich.

 

Entscheidung

Das OLG vertrat die Auffassung, der Ehemann könne sich schon in der Auskunftsstufe mit Erfolg gegen die Klage verteidigen. Es stehe bereits fest, dass die Klägerin keinen Anspruch auf Ausgleich des Zugewinns habe und deshalb auch die Auskunft zur Vorbereitung eines Zahlungsantrages nicht verlangen könne. Die Parteien hätten die Zugewinngemeinschaft ausgeschlossen und damit zugleich § 1379 BGB abbedungen. Die anstelle der Zugewinngemeinschaft vereinbarte Gütertrennung kenne keine Auskunftspflicht. Eine derartige Verpflichtung lasse sich hier - als Durchbrechung der gesetzlichen Regelung - auch nicht damit begründen, dass die Kenntnis der Vermögenslage erforderlich sei, um die Wirksamkeit des Ehevertrages beurteilen zu können. Das OLG hatte keinen Zweifel an der Gültigkeit der Vereinbarung. Sie verstoße weder gegen einfaches noch gegen höherrangiges Recht.

Der Vertrag stehe mit dem Wortlaut des Gesetzes im Einklang. Er halte auch einer Inhaltskontrolle nach den Maßstäben der §§ 138, 242 BGB stand. Eine die Ehefrau in sittenwidriger Weise einseitig belastende Regelung lasse sich nicht feststellen.

Das OLG berief sich in seiner Entscheidung auf die Entscheidungen des BVerfG vom 06.02. und 29.3.2001 und die nachfolgende Rechtsprechung des BGH und die dort aufgestellten Grundsätze.

Danach verstoße der Ehevertrag nicht gegen die guten Sitten gemäß § 138 Abs. 1 BGB. Gegenstände aus dem Kernbereich des Scheidungsfolgenrechts berühre er nicht. Weder Unterhaltsansprüche noch der Versorgungsausgleich seien ausgeschlossen oder eingeschränkt worden. In diesen wichtigen Bereichen habe es bei der gesetzlichen Regelung verbleiben sollen.

Die Gesamtzahl der getroffenen Vereinbarungen zeigten keinerlei Umstände, die das Verdikt der Sittenwidrigkeit rechtfertigen könnten. Der Notar habe einen Vertrag beurkundet, der bei objektiver Betrachtung interessengerecht und sozial adäquat gewesen sei. Aus der Sicht des OLG begegnet der Ehevertrag nach seinem Inhalt und der Rechtsprechung des BGH keinen Bedenken. Auch die Umstände vor und während der Beurkundung ließen den Vertrag gleichfalls nicht als sittenwidrig erscheinen. Die besonders hohe Schwelle der Sittenwidrigkeit werde nach dem Vortrag der Klägerin nicht erreicht. Da sie die Nichtigkeit der Vereinbarung geltend mache, sie für die tatsächlichen Voraussetzungen dieser Bewertung darlegungs- und beweisbelastet.

Als einzig wesentliches Faktum sah das OLG die Schwangerschaft der Ehefrau an. Insoweit fehle es nach dem eigenen Vorbringen der Klägerin an der erforderlichen Zwangslage. Der Ehemann habe sie nicht vor die Alternative Eheschließung mit nachteiligem Ehevertrag oder Absage des geplanten Hochzeitstermins gestellt. Außerdem hätten die Parteien eine vom Gesetz angebotene Regelung getroffen...

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