Leitsatz

Sind im Bereich eines Grundstücks nur vereinzelte Glättestellen ohne erkennbare Anhaltspunkte für eine ernsthaft drohende Gefahr vorhanden, ist nicht von einer allgemeinen Glättebildung auszugehen, die eine Streupflicht begründen könnte.

(amtlicher Leitsatz des BGH)

 

Normenkette

BGB §§ 535 Abs. 1, 823 Abs. 1

 

Kommentar

Auf dem betreffenden Grundstück steht ein Wohngebäude, das von der Straße aus über einen ca. 2 m breiten Fußweg zu erreichen ist. Auf diesem Weg hatte sich am 23. Dezember (einem Sonntag) eine Eisfläche von ca. 20 x 30 cm gebildet. Dort stürzte gegen 10 Uhr morgens eine Besucherin des Hauseigentümers. Sie nimmt den Eigentümer auf Schadensersatz und Zahlung eines Schmerzensgeldes in Anspruch.

Die Klage wurde in allen Instanzen abgewiesen. Die Streupflicht ist Teil der dem Grundstückseigentümer obliegenden Verkehrssicherungspflicht. Sie setzt im Wesentlichen zweierlei voraus, nämlich zum einen, dass das Streuen zur Vermeidung einer konkreten Gefahrenlage erforderlich ist, und zum anderen, dass die Maßnahme dem Verkehrssicherungspflichtigen zuzumuten ist. Eine konkrete Gefahrenlage ist im Fall einer allgemeinen Glättebildung gegeben; dagegen genügt es nicht, wenn sich – wie im Entscheidungsfall – nur einzelne Glättestellen gebildet haben.

Wichtig

Streupflicht in angemessener Zeit zu erfüllen

Aus dem Gesichtspunkt der Zumutbarkeit ist abzuleiten, dass dem Verkehrssicherungspflichtigen ein angemessener Zeitraum zur Erfüllung der Streupflicht einzuräumen ist.

Dieser Zeitraum sowie der Umfang der Streupflicht richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls, wobei es insbesondere auf die Wichtigkeit des Verkehrswegs ankommt. Hier war dabei von Bedeutung, dass an einem Sonntag gegen 10 Uhr morgens nicht mit Besuchern zu rechnen war.

 

Link zur Entscheidung

BGH, Urteil v. 12.6.2012, VI ZR 138/11, NJW 2012 S. 2727

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