Leitsatz

Wird ein Sondereigentum im Bestandsverzeichnis im Grundbuch als "gewerblich genutzte Räume" bezeichnet, ergibt sich aber aus der in Bezug genommenen Eintragungsbewilligung, dass es sich bei dem Sondereigentum um eine "Wohnung" handelt, ist die Eintragung als inhaltlich unzulässig zu löschen.

 

Normenkette

WEG § 15

 

Das Problem

  1. B1 bis B3 sind in Erbengemeinschaft für einen 86,54/1.000 Miteigentumsanteil, verbunden mit dem Sondereigentum an den im Aufteilungsplan mit Nr. 1 bezeichneten Räumen eingetragen (die "Einheit" Nr. 1). Das Grundbuchamt hat im Jahre 1983 insoweit für den Miteigentumsanteil ein Teileigentumsgrundbuchblatt angelegt, da es nach der Abgeschlossenheitsbescheinigung davon ausgeht, dass die Räume gewerblich zu nutzen sind.

    § 7 Abs. 1 WEG. Grundbuchvorschriften

    Im Falle des § 3 Abs. 1 WEG wird für jeden Miteigentumsanteil von Amts wegen ein besonderes Grundbuchblatt (Wohnungsgrundbuch, Teileigentumsgrundbuch) angelegt. …

  2. Vor diesem Hintergrund beantragen B1 bis B3 im Jahre 2016, das Grundbuch zu berichtigen. Der Wortlaut des Grundbuchs sei immer falsch gewesen. Sie seien nach der Teilungserklärung Eigentümer eines Wohnungseigentums. Zwar weise die Abgeschlossenheitsbescheinigung ihre Räume als gewerbliche Räume aus. Diese Angabe sei aber falsch.
  3. Das Grundbuchamt weist den Antrag ab. Es meint, es handele sich beim Sondereigentum der B1 bis B3 um Teileigentum. Die Teilungserklärung deklariere die Räume zwar als Wohnung (= Wohnungseigentum). Der Rechtspfleger habe bei Anlage der Grundbuchblätter im Jahre 1983 die Einheit Nr. 1 aber entsprechend der Abgeschlossenheitsbescheinigung als gewerbliche Räume eingetragen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde. Mit Erfolg!
 

Die Entscheidung

  1. Die nach § 8 WEG vorgenommene Teilung durch den Eigentümer habe für die Einheit Nr. 1 die Verbindung des Miteigentumsanteils mit dem Sondereigentum an einer Wohnung, also Wohnungseigentum vorgesehen. Die gemäß § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 WEG erteilte Abgeschlossenheitsbescheinigung sei daher unrichtig, da sie von einem Teileigentum ausgehe. Weil das Ausstattungserfordernis von Teil- und Wohnungseigentum unterschiedlich sei, hätte der Rechtspfleger im Jahre das Wohnungseigentum allerdings nicht eintragen dürfen (§ 3 Abs. 2 WEG). Dieser Mangel berühre aber die wirksame Entstehung von Sondereigentum nicht.
  2. Die Anlegung eines Teileigentumsgrundbuches für das Miteigentum der B1 bis B3 sei unzutreffend gewesen. Die Anlegung habe im Widerspruch zur Gemeinschaftsordnung gestanden, welche das Sondereigentum der B1 bis B3 als Wohnungseigentum (§ 1 Abs. 2 WEG) bestimme. Eine Auflösung dieser Widersprüchlichkeit, etwa durch Auslegung, sei allerdings nicht möglich. Ein "geltungsfähiger Sinn" in der einen oder anderen Richtung lasse sich nicht ermitteln. Es handele sich bei dem Eintrag eines Sondereigentums als "gewerblich genutzte Räume" um eine im Grundbuch eintragungsfähige Bestimmung, die nicht nur als Unrichtigkeit tatsächlicher Art durch Richtigstellung von Amts wegen beseitigt werden könne. Eine eintragungsfähige Bestimmung, die zu der ebenfalls nach § 7 Abs. 3 WEG zum Grundbuchinhalt gewordenen Eintragungsbewilligung in einem unlöslichen Widerspruch stehe, ist indes inhaltlich unzulässig und stehe nicht unter dem öffentlichen Glauben. Die Eintragung sei daher nach § 53 Abs. 1 Satz 2 GBO als inhaltlich unzulässig zu löschen.
 

Kommentar

Anmerkung

Das Grundbuch hatte eine Vereinbarung der Wohnungseigentümer ignoriert und sich bei der Anlegung eines Grundbuchblattes für einen Miteigentumsanteil an der – unzutreffenden – Abgeschlossenheitsbescheinigung orientiert. Auf diesen Fehler weist nun der Eigentümer des Miteigentumsanteils hin. Eine "Berichtigung" der Vereinbarung ist insoweit weder möglich noch geboten. Vielmehr muss das richtige Grundbuchblatt angelegt werden, nämlich das, das den Vereinbarungen der Wohnungseigentümer entspricht. Ferner muss die Eintragung im Bestandsverzeichnis (siehe dazu § 3 der Wohnungsgrundbuchverfügung) geändert werden. So sieht es auch – teilweise – das Oberlandesgericht. Es meint, die Eintragung im Bestandsverzeichnis verstoße gegen die Vereinbarungen der Wohnungseigentümer, sei nach ihrem Inhalt daher unzulässig und zu löschen. Im Folgenden müsse der ursprüngliche Antrag (= die Teilungserklärung + Gemeinschaftsordnung) neu beschieden werden. Das Teileigentumsgrundbuchblatt ist also zu schließen und es ist ein Wohnungsgrundbuchblatt anzulegen.

Was ist für den Verwalter wichtig?

Die Qualifikation eines Raumeigentums als Wohnungs- oder Teileigentum (§ 1 Abs. 2 bzw. Abs. 3 WEG) ist eine Vereinbarung im Sinne von § 5 Abs. 4, § 10 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 WEG (BGH v. 4.12.2014, V ZB 7/13, FGPrax 2015 S. 101 Rn. 10; BGH v. 11.5.2012, V ZR 189/11, NJW-RR 2012 S. 1036 Rn. 9) mit der Folge, dass für eine Umwandlung grundsätzlich die Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer (und der dinglich Berechtigten, soweit deren Rechtsstellung beeinträchtigt wird) erforderlich ist.

 

Link zur Entscheidung

OLG München, Beschluss...

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