Gemäß § 14 Abs. 1 Nr. 1 WEG n. F. ist jeder Wohnungseigentümer der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer gegenüber verpflichtet, die gesetzlichen Regelungen, Vereinbarungen und Beschlüsse einzuhalten – insbesondere beschlossene Hausordnungen.

Diese Bestimmung wird die derzeit geltende und modifiziert lautende Regelung in § 15 Abs. 3 WEG a. F. ablösen, wonach "jeder Wohnungseigentümer … einen Gebrauch der im Sondereigentum stehenden Gebäudeteile und des gemeinschaftlichen Eigentums verlangen" kann, "der dem Gesetz, den Vereinbarungen und Beschlüssen und, soweit sich die Regelung hieraus nicht ergibt, dem Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer nach billigem Ermessen entspricht". Sie nimmt weiter den Regelungsgehalt des bisherigen § 21 Abs. 4 WEG a. F. auf, wonach "jeder Wohnungseigentümer ... eine Verwaltung verlangen" kann, "die den Vereinbarungen und Beschlüssen und, soweit solche nicht bestehen, dem Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer nach billigem Ermessen entspricht".

 

Neu: Pflichten bestehen nur noch gegenüber der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer

Im Gegensatz zu der bislang geltenden Rechtslage, wird der Anspruch künftig allein der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zugewiesen und steht nicht mehr den einzelnen Wohnungseigentümern zu. Bei Pflichtverstößen eines Wohnungseigentümers muss also die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer handeln bzw. diese sanktionieren. Der einzelne Wohnungseigentümer hat keinen direkten Anspruch mehr gegen den Störer, soweit durch die Pflichtverletzung nicht auch sein Sondereigentum konkret beeinträchtigt wird. Ist dies nicht der Fall, wird dem einzelnen Wohnungseigentümer damit insbesondere die erforderliche Aktivlegitimation für entsprechende Klagen genommen. Als Klägerin einer erforderlich werdenden gerichtlichen Auseinandersetzung kann in Zukunft dann nur die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer fungieren.

2.1.1 Zweckbestimmungswidrige Nutzung

Nach bisheriger Rechtslage hat jeder Wohnungseigentümer einen Individualanspruch gegen einen anderen Wohnungseigentümer auf Unterlassung einer zweckbestimmungswidrigen Nutzung des Sondereigentums. Dieser Anspruch resultiert bislang aus § 15 Abs. 3 WEG a. F. i. V. m. § 1004 Abs. 1 BGB.

Der Unterlassungsanspruch wird sich künftig aus § 14 Abs. 1 Nr. 1 WEG n. F. i. V. m. § 1004 Abs. 1 BGB ergeben und gemäß § 9a Abs. 2 WEG n. F. der alleinigen Ausübung der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer unterliegen. Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer muss diesen Anspruch auch nicht mehr an sich ziehen, vielmehr steht er ihr qua Gesetz gemäß § 9a Abs. 2 WEG n. F. zu. Das Recht der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer kennt insoweit künftig nur noch die "geborenen" und nicht mehr die "gekorenen" Ansprüche, welche bislang zunächst den Wohnungseigentümern zustanden und die der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer durch entsprechende Beschlussfassung zur Ausübung übertragen werden konnten.[1] Freilich bedarf es aber dennoch zumindest einer Beschlussfassung über die tatsächliche Anspruchsdurchsetzung.

Anders aber dann, wenn das Sondereigentum eines Wohnungseigentümers konkret durch die zweckbestimmungswidrige Nutzung beeinträchtigt wird. Dann kann dieser den zweckbestimmungswidrig nutzenden Wohnungseigentümer auch direkt auf Unterlassung in Anspruch nehmen.

 
Praxis-Beispiel

Abgrenzungsbeispiel[2]

Die Wohnungseigentümergemeinschaft besteht insgesamt aus 10 Sondereigentumseinheiten. Das Erdgeschoss ist in der Teilungserklärung als "Büroetage" bezeichnet. Daneben befinden sich in den oberen Etagen ausschließlich Wohnungen. In der Gemeinschaftsordnung ist geregelt, dass die "Büroetage" zur Nutzung als Büro vorgesehen ist und die Wohnungen ausschließlich Wohnzwecken dienen. Die Teileigentümerin vermietet die Büroetage an den Betreiber von Intensivpflege- und Beatmungs-WGs. Auch in der Büroetage wird daher eine solche Einrichtung betrieben. Insgesamt werden dort 5 schwer kranke Personen von täglich mindestens 2 Pflegekräften versorgt. Daneben wird die Einrichtung ebenfalls täglich von medizinischen Fachkräften frequentiert und Besuchern der schwer kranken Patienten. Im Zuge des Abtransports verstorbener Patienten und der Einlieferung neuer, kam es bereits zu sichtbaren Beschädigungen im Eingangsbereich der Wohnanlage.

Da die Patienten rund um die Uhr an Überwachungsgeräte zur Überprüfung ihres Gesundheitszustands angeschlossen sind, die akustische Alarmsignale senden, soweit sich der Gesundheitszustand temporär verschlechtert, kommt es häufig nachts zu Störungen in den beiden über der Büroeinheit gelegenen Wohnungen. In diesen sind diese Alarmsignale nämlich zu hören. In den höher gelegenen Etagen sind die Signaltöne nicht zu vernehmen.

Gemeinschaft der Wohnungseigentümer

Zunächst einmal wird durch die bestimmte Bezeichnung einer Sondereigentumseinheit in der Teilungserklärung, z. B. als "Büroetage", die zulässige Nutzung dieser Einheit beschränkt – wenn es sich (wie in aller Regel) um eine Zweckbestimmung mit Vereinbarungscharakter handelt. Eine solche dient der Regelung der Beziehun...

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