Mit Blick auf Bestandsverträge ist zu differenzieren, welche ursprüngliche Vereinbarung die Mietvertragsparteien getroffen haben. § 556a Abs. 2 BGB verleiht dem Vermieter nämlich lediglich die Möglichkeit, einseitig von einem verbrauchsunabhängigen zu einem verbrauchsabhängigen Umlagemaßstab zu wechseln, wenn Mieter und Vermieter im Mietvertrag den Flächenschlüssel nicht vereinbart haben, was allerdings selten der Fall ist. Im Übrigen sieht § 556a Abs. 3 BGB n. F. keine Übergangsvorschrift vor. Sollte das WEMoG daher am 1. Dezember 2020 in Kraft treten, wäre § 556a Abs. 3 BGB n. F. auf die für das Jahr 2019 abzurechnenden Betriebskosten anwendbar, so die Abrechnung zwischenzeitlich noch nicht erstellt wurde.

4.1 Keine Änderungsvereinbarung notwendig

Ist also der Flächenmaßstab vereinbart, ist dieser nicht mehr maßgeblich. Besteht zwischen den Parteien ein Mietvertrag, der hinsichtlich der Betriebskosten die Besonderheiten eines vermieteten Wohnungseigentums berücksichtigt, so besteht für den Vermieter erst recht kein Handlungsbedarf.

 

Musterklausel: Umlage der Betriebskosten bei vermietetem Wohnungseigentum[1]

§ __ Betriebskosten

(1) (…)

(2) (…)

(3) Die Umlage der Betriebskosten auf den Mieter erfolgt entsprechend den durch die Eigentümergemeinschaft festgelegten Umlageschlüsseln, insbesondere auch nach Miteigentumsanteilen; diese Umlageschlüssel ergeben sich aus der letzten Jahresabrechnung des Verwalters und/oder dem aktuell geltenden Wirtschaftsplan, den der Vermieter in Kopie an den Mieter aushändigt. Die auf die Mietsache entfallende Grundsteuer wird hiervon unabhängig in voller Höhe auf den Mieter umgelegt. Abweichend hiervon ist der Vermieter mit der Abrechnung über die Betriebskosten des ersten Abrechnungszeitraums berechtigt, den Umlageschlüssel nach billigem Ermessen festzulegen.

Mehrjährige unbeanstandete Abweichung

Einer Änderungsvereinbarung bedarf es auch in den weit verbreiteten Fällen nicht, in denen zwar der Flächenschlüssel im Mietvertrag vorgesehen ist, der Vermieter allerdings hiervon abweichend in der Vergangenheit die Jahresabrechnung dergestalt zur Grundlage seiner Betriebskostenabrechnungen gemacht hat, dass er sie an seinen Mieter weitergereicht und dieser dieses Vorgehen nicht beanstandet hat.[2] Möchte der Vermieter von dieser Praxis abweichen und etwa nach Fläche umlegen, bräuchte er hierfür sogar die Zustimmung des Mieters.[3]

[1] Vgl. § 5 Abs. 5 im Mustermietvertrag.
[3] AG Wetzlar, Urteil v. 6.1.2011, 38 C 901/10, ZMR 2011 S. 565.

4.2 Änderungsvereinbarung notwendig

Stets dann, wenn die Mietvertragsparteien für bestimmte Kostenarten einen vom Flächenmaßstab abweichenden Verteilungsschlüssel ausdrücklich im Mietvertrag vereinbart haben, bedarf es einer Änderungsvereinbarung.[1]

Bedarf es der Zustimmung des Mieters zur Änderung des Umlageschlüssels vom bislang praktizierten zum künftigen Schlüssel der Wohnungseigentümergemeinschaft, sollte dies bereits zu Beweiszwecken stets schriftlich als Nachtrag zum Mietvertrag vereinbart werden.

 
Praxis-Beispiel

Betriebskostenumlageklausel

Der zwischen den Parteien abgeschlossene Mietvertrag regelt hinsichtlich der Betriebskostenumlage:

"(…) Die Verteilung der Heiz- und Warmwasserkosten erfolgt zu 30 Prozent nach Wohnfläche und zu 70 Prozent nach Verbrauch. Andere Betriebskosten werden verbrauchsabhängig oder verursachungsabhängig abgerechnet, soweit sie entsprechend erfasst werden. Anderenfalls erfolgt die Abrechnung für die Kosten des Aufzugs nach Personenzahl, die Kosten der (...), der Gebäudereinigung und der Gartenpflege nach der Anzahl der Wohnungen und im Übrigen nach dem Anteil der Wohnfläche. (…)"

Möchte der vermietende Wohnungseigentümer den Umlagemaßstab der Jahresabrechnung zugrunde legen, muss er sich mit dem Mieter hierüber einigen.

 

Tipp: Vorgehen des Vermieters

  1. Gegenüberstellung der Betriebskosten nach alter und potenziell neuer Vereinbarung unter Berücksichtigung der letzten Betriebskostenabrechnung fertigen.[2]
  2. Persönliches Gespräch mit dem Mieter suchen und den Hintergrund erläutern. Im Gespräch die Gegenüberstellung der alten und neuen Betriebskosten aushändigen und ggf. Einzelpositionen klären. Weisen einzelne Positionen eine wesentliche Diskrepanz zulasten des Mieters aus, verbleibt es grundsätzlich beim bisherigen Umlagemaßstab[3] – aber: es ist alles verhandelbar. Das gilt insbesondere dann, wenn ein Vergleich der alten mit der neuen Abrechnung zeigt, dass der Mieter in Zukunft in Summe "günstiger fährt".
  3. Vereinbarung niederschreiben und vom Mieter gegenzeichnen lassen.[4]
 

Muster: Gegenüberstellung der Betriebskosten nach altem und neuem Umlagemaßstab

 
Betriebskostenart Alte Vereinbarung Neue Vereinbarung
  Umlageschlüssel Abrg. 2019 in EUR Umlageschlüssel EUR
(...) (...) _______ EUR (...) _______ EUR
Aufzug Personenzahl _______ EUR MEA _______ EUR
Gebäudereinigung Wohnungen _______ EUR MEA _______ EUR
Gartenpflege Wohnungen _______ EUR MEA _______ EUR
Hausmeister Wohnfläche _______ EUR Einheiten _______ EUR
(...)   _______ EUR (...) _______ EUR
Gesamt   ...

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