Leitsatz

Bei der Änderung eines Umlageschlüssels nach § 16 Abs. 3 WEG steht den Wohnungseigentümern ein weiter Gestaltungsspielraum zu.

 

Fakten:

Vorliegend sind die Betriebskosten nach der Teilungserklärung im Verhältnis der Wohnflächen auf die Wohnungseigentümer umzulegen. In einer Eigentümerversammlung vom Juni 2009 wurde mit Wirkung ab dem Geschäftsjahr 2008 die Umlage der Kostenarten "Schornsteinfeger/Emissionsmessung", "Reinigung der Tiefgarage und Gehwege", "Betriebskosten Tiefgarage", "Kabelfernsehen" und "Verwaltungskosten" sowie die "Zuführung Rücklage Tiefgarage" mehrheitlich nach Einheiten beschlossen. Dieser Beschluss wurde seitens eines Eigentümers angefochten.

Soweit es um die Änderung der Kostenverteilung betreffend die Positionen "Schornsteinfeger/Emissionsmessung", "Reinigung der Tiefgarage und Gehwege", "Betriebskosten Tiefgarage", "Kabelfernsehen" und "Verwaltungskosten" geht, ist die Beschlussfassung, so der Bundesgerichtshof (BGH), nicht zu beanstanden. Bei der Frage, ob die Neuregelung den Grundsätzen einer ordnungsgemäßen Verwaltung entspricht, ist zu berücksichtigen, dass den Eigentümern bei Änderungen des Umlageschlüssels nach § 16 Abs. 3 WEG ein weiter Gestaltungsspielraum eingeräumt ist. Der neue Umlageschlüssel muss nur den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Verwaltung genügen. Im Hinblick auf die für das Geschäftsjahr 2008 angeordnete Rückwirkung der Kostenverteilung ist allerdings zu berücksichtigen, dass rückwirkende Änderungen des Umlageschlüssels nicht ohne Weiteres den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung entsprechen. Rückwirkungen, die zu einer nachträglichen Neubewertung eines bereits abgeschlossenen Sachverhalts führen, sind grundsätzlich unzulässig. Sie können nur ausnahmsweise hingenommen werden, etwa wenn der bisherige Schlüssel in hohem Maße unpraktikabel ist. Geht es dagegen um einen noch nicht abgeschlossenen Vorgang, ist eine Rückwirkung hinzunehmen, wenn sich bei typisierender Betrachtung noch kein schutzwürdiges Vertrauen herausgebildet hat.

Vorliegend war der Wirtschaftsplan 2008 für ungültig erklärt, mithin kein neuer erstellt worden. Ohne gültigen Wirtschaftsplan bleibt nun die anteilmäßige Verpflichtung der Eigentümer zur Lasten- und Kostentragung in der Schwebe. In solchen Konstellationen müssen die Eigentümer seit der Erweiterung der Beschlusskompetenz nach § 16 Abs. 3 WEG damit rechnen, dass der Umlageschlüssel vor oder anlässlich der Entscheidung über die Jahresabrechnung durch eigenständigen Beschluss geändert wird.

 

Link zur Entscheidung

BGH, Urteil vom 01.04.2011, V ZR 162/10BGH, Urteil vom 1.4.2011 – V ZR 162/10

Fazit:

Nichtig war jedoch die Abänderung des Verteilungsschlüssels hinsichtlich der Position "Zuführung Rücklage Tiefgarage". Die Änderung des Kostenverteilungsschlüssels zur Ansammlung einer derartigen Rücklage betrifft nämlich nicht nur einen Einzelfall im Sinne von § 16 Abs. 4 WEG. Eine über den Einzelfall hinausreichende Änderung des Schlüssels ist nicht von der Beschlusskompetenz des § 16 Abs. 4 WEG gedeckt und daher nichtig.

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