Leitsatz

Es entspricht regelmäßig allein ordnungsmäßiger Verwaltung, die Konten auf den Namen des Verbands führen zu lassen; offene Treuhandkonten sind unzulässig. Lehnt der Verband eine entsprechende Kontenumstellung ab, kann eine gerichtliche Beschlussersetzung erfolgen.

 

Normenkette

§ 27 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 5 WEG

 

Das Problem

  1. Die Wohnungseigentümer streiten über die Wirksamkeit eines Beschlusses über die Art und Weise der Kontenführung für die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer. Während Wohnungseigentümerin K die Führung eines Kontos auf den Namen der Gemeinschaft für geboten hält, ist nach Auffassung der beklagten Wohnungseigentümer die Fortführung eines von Verwalter V eröffneten offenen Treuhandkontos nicht zu beanstanden. K's Antrag, ein Konto im Namen der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zu eröffnen, findet keine Mehrheit.
  2. K greift den Negativbeschluss an und beantragt nunmehr bei Gericht, ihren abgelehnten Antrag durch eine entsprechende gerichtliche Entscheidung zu ersetzen.
 

Die Entscheidung

  1. Mit Erfolg! Der Beschluss sei für ungültig zu erklären und gem. § 21 Abs. 8 WEG durch die beantragte Regelung zu ersetzen. Die Führung der Konten der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer nicht auf ihren Namen, sondern auf den Namen des Verwalters entspreche nicht mehr den Grundsätzen einer ordnungsmäßigen Verwaltung – sofern eine Weiterführung des bisherigen offenen Treuhandkontos nicht wegen der Besonderheiten des Einzelfalls ausnahmsweise geboten sei. Ein solcher Ausnahmefall liege nicht vor.
  2. Nach der Entscheidung des BGH v. 2.6.2005, V ZB 32/05, ZMR 2005 S. 547 werde im juristischen Schrifttum, zurückgehend auf einen Aufsatz von Hügel, DNotZ 2005, S. 753, 760, nahezu einhellig die Auffassung vertreten, dass die Verwaltung der gemeinschaftlichen Gelder nur noch auf einem eigenen Konto der Gemeinschaft erfolgen dürfe und ein auf den Namen des Verwalters geführtes offenes Treuhandkonto nicht mehr zulässig sei. Das offene Treuhandkonto sei unsicherer, da die Wohnungseigentümer gegenüber dem Zugriff eines Gläubigers des Verwalters Drittwiderspruchsklage nach § 771 ZPO erheben müssten und im Fall der Insolvenz des Verwalters ein Aussonderungsrecht nach § 47 InsO nur dann bestehe, wenn nachgewiesen werden könne, dass sämtliche Gelder auf dem Konto auch tatsächlich der Wohnungseigentümergemeinschaft gehörten. Die nicht mehr gebotene rechtliche Zuordnung zum Vermögen des Verwalters verstoße dann auch gegen das Trennungsgebot nach § 27 Abs. 5 Satz 1 WEG.
  3. Die Kammer schließe sich dem für den Regelfall an. Nach § 27 Abs. 5 Satz 1 WEG sei der Verwalter verpflichtet, eingenommene Gelder von seinem Vermögen gesondert zu halten. Solange die "Teilrechtsfähigkeit" der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer nicht anerkannt gewesen sei, sei die Führung eines offenen Treuhandkontos notwendig, aber auch ausreichend gewesen. Nach der Anerkennung der "Teilrechtsfähigkeit" der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer sei die Einrichtung eines eigenen Kontos, das am wirksamsten gegen den Zugriff der Gläubiger des Verwalters geschützt sei, möglich. Nur die Wahl dieser am stärksten gesicherten Anlageform genüge dann nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift dem Trennungsprinzip und damit den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung. Insoweit sei es auch unerheblich, ob der Gesetzgeber diese Frage bei der letzten Novellierung des WEG gesehen, aber ungeregelt gelassen habe, wenn die teleologische Auslegung des Gesetzes – wie hier – bereits zu dieser Rechtsfolge führe. Gegen dieses Ergebnis spricht auch nicht der Vergleich mit anderen Rechtsnormen, die ebenfalls eine getrennte Anlage von Geldbeträgen verlangen, aber die Einrichtung eines offenen Treuhandkontos genügen lassen. Die Verwaltung des Vermögens durch den Verwalter unterscheide sich erheblich von den von Fällen der Stellung einer Kaution durch den Mieter und der Verwaltung von Kundengeldern durch einen Bauträger oder ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen. In den aufgeführten Fällen würden Vermögenswerte auf einen anderen übertragen werden, im Fall der Kaution als Sicherheit, im Fall der Zahlung an den Bauträger, um das Bauvorhaben zu fördern, und beim Wertpapierhandelsunternehmen zur Geldanlage. Bei der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer gehe es demgegenüber um die Verwaltung des eigenen Vermögens, die nach der Anerkennung ihrer "Teilrechtsfähigkeit" eben keine Übertragung auf einen Dritten mehr erforderte.
  4. Etwas anderes könne gelten, wenn die Einrichtung eines eigenen Kontos zu erheblichen Nachteilen führen würde. Dies könne der Fall sein, wenn die Umstellung des bisherigen Treuhandkontos auf ein Eigenkonto der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zu erheblichen Zinsnachteilen führen würde. Die Grundsätze einer ordnungsmäßigen Verwaltung mögen es dann für eine Übergangszeit gestatten, an der bisherigen Anlageform festzuhalten, wenn und solange die konkreten Nachteile der Kontenumstellung die abstrakten Gefahren bei der Festhaltung an der alten Anlageform überwiegen.
 

Kommentar

Anmerkung
  1. Ich...

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