Das Wichtigste in diesem Vorwort vorab: Dieses Handbuch erscheint hier mit der 10. Auflage. Die erste Auflage habe ich 1995 vorgelegt. Seitdem sind fast 25 Jahre vergangen, in denen sich nicht nur im Strafverfahren viel verändert hat, sondern: Man ist auch älter geworden. Und dem "Alterungsprozess" ist die wesentliche Neuerung dieser Auflage geschuldet, nämlich: Ich "stemme" die Darstellung der Hauptverhandlung – ebenso wie die des Ermittlungsverfahrens – nun nicht mehr allein, sondern ich habe – rechtzeitig – ein Team zusammengestellt, das mich dabei seit dieser 10. Auflage unterstützt und in Zukunft weiter unterstützen wird. Es handelt sich um RiLG Thomas Hillenbrand, Stuttgart, Rechtsanwältin/Fachanwältin für Strafrecht Annika Hirsch, Hamburg, Rechtsanwalt Mirko Laudon, LL.M, Hamburg, und Rechtsanwalt Dr. Frederic Schneider, Hamburg. Die komplexen Fragen der Hauptverhandlung, in der nicht nur die materiellen Fragen des jeweiligen Vorwurfs, sondern vor allem auch verfahrensrechtliche und zunehmend auch technische Fragen zu lösen sind, wollte ich nicht mehr als Autor allein bewältigen. Deshalb habe ich mich jetzt zur Teamarbeit entschlossen und freue mich, dass es mir gelungen ist, ein Team von Mitautoren aus dem richterlichen und dem anwaltlichen Bereich zusammenzustellen, von denen jeder Einzelne auf seinem (Fach-)Gebiet ein ausgewiesener Kenner der Materie ist. Das beweisen die Kurzvorstellungen auf Seite IX. Alle Mitautoren zeichnen sich jedoch nicht nur durch ihre profunden Fachkenntnisse, sondern vor allem auch darin aus, dass sie in der Praxis tätig sind und wissen, was die Praxis braucht und will. Dieses Handbuch wird also nach wie vor gestaltet von Praktikern für Praktiker.

Im Übrigen wiederhole ich das, was ich seit der 1. Auflage an dieser Stelle formuliere:

Das Strafverfahren ist immer im Fluss. Zunächst ging es um die Versuche von Verteidigern/Angeklagten, sich im Strafverfahren, insbesondere auch in der Hauptverhandlung, mehr Einflussmöglichkeiten zu verschaffen. In den letzten Jahren ist dann deutlich, vor allem auch in der Rechtsprechung des BGH, zu erkennen, dass dieser bestrebt und bemüht ist, Verteidiger zu disziplinieren, indem, insbesondere im Beweisantragsrecht, in der StPO nicht vorgesehene "Fristenlösungen" und darauf aufbauende Präklusionen normiert worden sind, die die nach Ansicht des BGH in manchen Fällen ein nicht hinnehmbare – angebliche – Flut von Beweisanträgen eindämmen sollen. Verstärkt – positiv wie negativ – wird dies durch die in der Rechtsprechung des BGH aufgekommene und fortgeführte Tendenz, den Strafverteidiger immer mehr auch für die Einhaltung des Verfahrensrechts (mit-)verantwortlich zu machen. Hingewiesen sei in diesem Zusammenhang beispielhaft nur auf die Entscheidung des BGH zum Verwertungsverbot für Aussagen des nicht belehrten Beschuldigten im Ermittlungsverfahren (grundlegend BGHSt 38, 214), das dann nicht gelten soll, wenn die Aussage in Gegenwart eines Verteidigers gemacht wurde. Darauf baut die Rechtsprechung zur sog. "Widerspruchslösung" auf. Übersehen darf man auch nicht die Bestrebungen des Gesetzgebers zur Stärkung des Opferschutzes: Das Opfer rückt im Strafverfahren immer mehr in den Mittelpunkt, immer weniger geht es um den Angeklagten. Dem steht eine "effektivere und praxistauglichere Ausgestaltung des Strafverfahrens" gegenüber, die an vielen Stellen zum Abbau von bzw. der Erschwerung der Durchsetzung von Verfahrensrechten des Angeklagten führt. Das setzt sich dann fort in einer (angeblichen) "Modernisierung" des Strafverfahrens, das man dann gerade erst in diesem Jahr "fortentwickelt" hat.

In diesem Spannungsfeld muss der Strafverteidiger agieren und seinem Mandanten Beistand leisten. Das ist nicht immer einfach, weil gegenüber einem "engagierten Verteidiger" häufig (zu) schnell der Vorwurf der Konfliktverteidigung erhoben wird. In dem Zusammenhang wird der Verteidiger dann immer wieder an seine Stellung als "Organ der Rechtspflege" erinnert. Aber auch, wenn der Verteidiger also immer weiter – teilweise einschränkend – mit in die Pflicht genommen wird, bedeutet das nicht das Ende einer "engagierten Strafverteidigung". Diese nützt dem Angeklagten jedoch nur, wenn sie sich nicht in bloßer Aktivität erschöpft, sondern die strafprozessuale Klaviatur beherrscht und die der Verteidigung in der StPO immer noch eingeräumten gesetzlichen Möglichkeiten nutzt. Während meiner von 1981 bis Ende 1992 ausgeübten Tätigkeit als Beisitzer in einer großen Strafkammer und auch danach in der Zeit von Anfang 1995 bis Oktober 2008 als Mitglied eines Strafsenats beim OLG Hamm habe ich jedoch erfahren müssen, dass Verteidiger häufig wenig über ihre – ihnen von der StPO für die Hauptverhandlung eingeräumten – Möglichkeiten und Rechte wissen und sie deshalb dementsprechend häufig auch nicht zugunsten ihres Mandanten anwenden können. Erklären lässt sich dieses Defizit m.E. zum Teil damit, dass die zur Verfügung stehende strafprozessuale Literatur in der Vergangenheit i.d.R. mei...

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