Abbildung: Rechtsschutzversicherungsversprechen im Lichte der Rechtsprechung

Zumindest auf den Webseiten der deutschen Rechtsschutzversicherer ist die Welt im Jahr 2018 noch in Ordnung. Beispielhaft sei hier die ARAG SE erwähnt, die sich auf ihrer Startseite problembewusst gibt: "Ärger mit einem Hornochsen? Wir helfen. Auch rückwirkend! Wenn Sie sich im Straßenverkehr mit einem Hornochsen streiten oder Ärger wegen Ordnungswidrigkeiten haben: Wir sind sofort und ohne Wartezeit für Sie da!"[1] Was das Deckungsversprechen im Belastungsfall tatsächlich wert sein kann, führt der Abgas-Diesel-Skandal in bemerkenswerter Weise vor Augen. "Die Rechtsschutzversicherungen zeigten sich im VW-Abgasskandal bislang wenig kooperativ. Oft lehnen sie[2] bereits telefonisch jegliche Deckung eines möglichen Rechtsstreites gegen die Volkswagen AG ab", berichtet am 21.6.17 der FOCUS.[3] Weiter heißt es: "Unter anderem verurteilte das Landgericht Düsseldorf die Rechtsschutzversicherung ARAG SE in zahlreichen Fällen zu Deckungszusagen im VW-Abgasskandal (vgl. 9 O 95/16, 9 O 157/16, 9 O 113/ 16). Die Beklagte verweigerte seit Bekanntwerden des sog. Diesel-Gates beharrlich Deckungszusagen zu erteilen, da gerade in diesem Fall, d.h. bei gerichtlicher Auseinandersetzung mit VW oder entsprechenden Händlern Erfolgsaussichten nicht hinreichend seien. Diese Einschätzung jedoch ist grob rechtswidrig." Auch auf der Internetseite der Stiftung Warentest[4] finden sich Rechtsschutzversicherer wieder, die in den dort bezeichneten Fällen, von den Gerichten zur Deckung verurteilt werden mussten. Die Liste der Versicherer und die sich dort wiederfindenden lesenswerten Anmerkungen haben es in sich. Gegenstand der Auseinandersetzung betrafen zumeist die Frage nach den Erfolgsaussichten der Rechtsverfolgung. Leichtsinnigerweise haben die betroffenen Rechtsschutzversicherer unter Punkt 3.4.3. und 3.4.3. der jeweiligen ARB einen Passus aufgenommen, der ihnen jetzt auf die Füße fällt. Hiernach kann der RSV dem VN im Rahmen des Schiedsgutachterverfahrens für die Stellungnahme des Anwalts eine Frist von einem Monat setzen. Das LG Düsseldorf[5] und das OLG Düsseldorf[6] haben diese Klauseln für unwirksam erachtet, weil sie in Abweichung von § 129 VVG den VN benachteiligen (vgl. § 10 Stichentscheid und Schiedsgutachterverfahren). Folglich können sich die RSV, an dieser für sie wichtigen Stelle, nicht mehr darauf berufen, die Rechtsverfolgung habe keine Aussicht auf Erfolg. Die Erfolgsaussichten werden schlicht fingiert. Soweit der Anwalt den VN über die möglicherweise fraglichen Erfolgsaussichten belehrt hat, dürfte es dem jeweiligen RSV schwerfallen, einen Regressprozess gegen den Anwalt anzustrengen.

"Schutz mit Tücken, Millionen Deutsche haben eine Rechtsschutzversicherung. Doch statt Unterstützung in schwierigen Situationen bedeutet das für viele nur zusätzlichen Ärger. Rund 500 weitere Autobesitzer mussten erst mal klagen, um klagen zu können", berichtet die WELT am Sonntag.[7] "Dass Versicherte ausgerechnet ihre Rechtsschutzversicherung verklagen, erscheint trotzdem zunächst absurd. Dabei ist gerade hier Streit an der Tagesordnung. Bei keiner anderen Versicherung gibt es mehr Ärger. 2016 gingen bei der zuständigen Schlichtungsstelle Versicherungsombudsmann die meisten Beschwerden über Rechtsschutzversicherungen ein", stellt die Welt am Sonntag weiter fest.

Das gefühlt knausrige Verhalten einiger RSV dürfte auch damit zusammenhängen, inwieweit sie es schaffen, die Erwartungen ihrer Kapitalanleger zu befriedigen. Nach wie vor dürfte die Erwartungen an die Eigenkapitalrendite ein wichtiges unternehmerisches Ziel darstellen.

Insoweit ist das Rechtsanwaltsvergütungsrecht im Allgemeinen und das Rechtsschutzversicherungsrecht im Besonderen nach wie vor ein Steinbruch, in dem rund um die Uhr gearbeitet wird. Stetig befassen sich neue Entscheidungen und Publikationen sowie Gebührengutachten der Rechtsanwaltskammern mit Vergütungsfragen – nicht immer zur Freude der Beteiligten. Sieger und Besiegte sind gleichermaßen Versicherte, Versicherer und die Anwaltschaft. Und so hat das Thema Anwaltschaft und Rechtsschutzversicherung seit dem Erscheinen der dritten Auflage nicht an Brisanz verloren und bietet weiterhin nicht selten Anlass zu Konflikten.

Zu erinnern ist an dieser Stelle an die spektakuläre und gleichwohl unter der Anwaltschaft weitgehend unbekannt gebliebene Aktion der Verbraucherschützer. Die Verbraucherzentrale Hamburg hatte eine nie zuvor dagewesene Abmahn- und Klagewelle gegen die auf Unterlassung in Anspruch genommenen und verwunderten Rechtsschutzversicherer angestrengt und weitestgehend obsiegt. Beanstandet wurde die Verwendung einer nach Meinung der Verbraucherzentrale intransparenten Klausel in den Allgemeinen Rechtsschutzversicherungsbedingungen (ARB): "… alles zu vermeiden, was eine unnötige Erhöhung der Kosten oder eine Erschwerung ihrer Erstattung durch die Gegenseite verursachen könnte."[8] Somit können sich die unterlegenen Versicherer nicht meh...

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