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Der Grundsatz des § 23 Abs. 1 S. 1, wonach sich der Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit nach den für die Gerichtsgebühren geltenden Wertvorschriften richtet, wird durch § 23 Abs. 1 S. 3 auf Tätigkeiten außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens übertragen. Voraussetzung ist, dass der Gegenstand der Tätigkeit auch Gegenstand eines gerichtlichen Verfahrens sein könnte. Die Vorschrift gilt für anwaltliche Tätigkeiten auch dann, wenn im konkreten Fall ein gerichtliches Verfahren nicht nachfolgt oder nicht vom Auftrag umfasst ist oder sich die Angelegenheit für den Rechtsanwalt erledigt, bevor er in dem nachfolgenden gerichtlichen Verfahren tätig werden kann. Es handelt sich danach um Tätigkeiten außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens, bei denen ein gerichtliches Verfahren denkbar wäre.[1] Bei der Abgrenzung, ob der Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit auch Streitgegenstand eines gerichtlichen Verfahrens sein könnte, kommt es darauf an, ob ein materiell-rechtlicher Anspruch des Mandanten besteht oder bestehen könnte. Entscheidend ist, ob überhaupt eine einschlägige Anspruchsnorm aufzufinden ist. Eine abschließende Schlüssigkeitsprüfung ist nicht vorzunehmen, ebenso wie es für die Möglichkeit eines gerichtlichen Verfahrens nicht auf die Zulässigkeit oder Begründetheit eines Anspruchs ankommt.[2]

 

Beispiel 1: Der Anwalt wird beauftragt, einen Schuldner zur Zahlung eines Kaufpreises zu veranlassen.

Lösung: Darauf könnte geklagt werden.

 

Beispiel 2: Der Schuldner beauftragt einen Anwalt damit, den Gläubiger zum Abschluss eines Vertrages zu bewegen.

Lösung: Das lässt sich nicht durch Inanspruchnahme des Gerichts erzwingen, weil es dafür keine materiell-rechtliche Anspruchsgrundlage gibt.

[1] Mayer/Kroiß, RVG, § 23 Rn 13; OLG Saarbrücken 19.7.2018 – 4 U 26/17 m.w.N.

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