Rz. 1

Die 1. Kommission bezeichnete in der Begründung ihres Entwurfs des BGB den Erbverzicht als "eher entbehrlich".[1] Schließlich sei die Enterbung durch eine letztwillige Verfügung möglich. Geregelt werden müsse eigentlich nur der Pflichtteilsverzicht. Weil der Erbverzicht im "deutschen Rechtsleben" aber "geläufig" sei und mit ihm statt zweier Rechtsgeschäfte (Pflichtteilsverzicht und letztwillige Verfügung) nur eines erfolgen müsse, wurde er trotzdem im BGB anerkannt, §§ 23462351 BGB.

 

Rz. 2

Der Erbverzicht ist zwar als Gestaltungsmittel fast nie zu empfehlen, weil er die Pflichtteilsquoten anderer Berechtigter erhöht. Da er aber – wohl auch in Unkenntnis dieses Nachteils – beurkundet wurde und wird, bleibt er Gegenstand erbrechtlicher Auseinandersetzungen.

 

Rz. 3

Der Pflichtteilsverzicht kann dagegen ein hervorragendes Gestaltungsmittel sein. Er ermöglicht es, dem Erblasser seine vollständige Testierfreiheit (wieder) zu geben. Er bildet damit ein dem Grundsatz der Vertragsfreiheit entsprechendes Gegengewicht zum zwingenden Pflichtteilsrecht.

 

Rz. 4

Durch den Zuwendungsverzicht verzichtet ein in einem Testament oder Erbvertrag Bedachter vor dem Erbfall auf die Zuwendung. Meist ist allerdings der Widerruf der letztwilligen Verfügung einfacher. Für Erbfälle bis zum 31.12.2009 war er aber nur in seltenen Fällen zweckmäßig, da regelmäßig an die Stelle des Verzichtenden ein Ersatzerbe oder -vermächtnisnehmer trat. Durch die Aufnahme des Verweises auf § 2349 BGB ist dies für Erbfälle seit dem 1.1.2010 meist anders, so dass die Bedeutung des Zuwendungsverzichts gewachsen ist.

 

Literaturtipps

Literatur

Becker/Klinger, Verzichtsverträge im Erbrecht, NJW-Spezial 2007, 61;

Damrau, Der Erbverzicht als Mittel zweckmäßiger Vorsorge für den Todesfall, Diss., 1966;

Keim, Zuwendungsausgleich durch Erbverzicht, Diss., 1979;

Kurze, Erb-, Pflichtteils- und Zuwendungsverzicht, in: Bonefeld/Wachter, Der Fachanwalt für Erbrecht, 3. Auflage 2014, § 19;

Lange, Der entgeltliche Erbverzicht, in: FS Nottarp, 1961, S. 119;

Reul, Erbverzicht, Pflichtteilsverzicht, Zuwendungsverzicht, MittRhNotK 1997, 373;

Rheinbay, Erbverzicht, Abfindung, Pflichtteilsergänzung, Diss., 1983;

Siegmann, Der Erbverzichtsvertrag, INF 1998, 561;

Wendt, Unverzichtbares bei erbrechtlichen Verzichten, ZNotP 2006, 2;

Zellmann, Dogmatik und Systematik des Erbverzichts und seiner Aufhebung i.R.d. Lehre von den Verfügungen von Todes wegen, Diss., 1990.

[1] Mugdan, Die gesammten Materialien zum Bürgerlichen Gesetzbuch für das Deutsche Reich, Nachdr. [der Ausg.] 1899, V. Band, S. 252.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge