Rz. 1

Den Regeln dieses Untertitels ist gemeinsam, dass dem Interesse des Erben, sein Eigenvermögen vor dem Zugriff unbekannter Nachlassgläubiger unter bestimmten Voraussetzungen zu bewahren, ein besonderer Schutz eingeräumt wird.[1] Im Einzelnen befassen sich die Bestimmungen des Untertitels mit zwei unterschiedlichen Fällen der Haftungsbeschränkung gegenüber einzelnen Nachlassgläubigern: dem Ausschluss des Gläubigers im Aufgebotsverfahren (§ 1973 BGB) sowie der Geltendmachung der Forderung gegenüber dem Erben später als fünf Jahre nach dem Eintritt des Erbfalls (§ 1974 BGB). Das BGB beschränkt sich darauf, in § 1970 BGB die grundsätzliche Zulässigkeit des Aufgebots anzuordnen. In den §§ 1971 bis 1973 BGB sind alsdann die materiell-rechtlichen Folgen des Aufgebots geregelt. Das Verfahren des Aufgebots ist dem Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit zugeordnet (§ 23a Abs. 2 Nr. 7 GVG). Mit dem Verfahren wird der Erlass eines Ausschließungsbeschlusses (§§ 439 ff., 460 FamFG) erstrebt, durch den das Zugriffsrecht derjenigen Gläubiger, die sich nicht melden, beschränkt wird.

 

Rz. 2

Das Aufgebotsverfahren, geregelt in den §§ 433441 und 454465 FamFG, hat daneben den Zweck, dem Erben einen Überblick über den Stand des Nachlasses zu verschaffen und u.U. dem Nachlassverwalter oder -pfleger sowie dem Testamentsvollstrecker die notwendigen Unterlagen zur Verteilung der Nachlassmasse zu verschaffen.[2] Die Gleichstellung mit einem ausgeschlossenen Gläubiger nach § 1974 BGB will Nachteile vermeiden, die dadurch entstehen können, dass dem Erben Nachlassverbindlichkeiten erst lange nach dem Erbfall bekannt werden.[3] Die Wirkungen der §§ 1973, 1974 BGB werden im Falle der Miterben zugunsten derselben ergänzt und modifiziert durch § 2060 Nr. 1 und 2 BGB (weitere Einzelheiten: vgl. § 2045 BGB – Aufschub der Auseinandersetzung – und § 2061 BGB – Zulässigkeit des Privataufgebots).

 

Rz. 3

Das Aufgebot des Nachlassgläubigers ist nicht zu verwechseln mit der gerichtlichen Aufforderung zur Anmeldung unbekannter Erben nach den §§ 1965, 2353 BGB und betrifft alle Gläubiger, ob bekannt oder unbekannt, und alle Ansprüche, ob rechtshängig oder bereits rechtskräftig festgestellt.

Das Aufgebotsverfahren

bietet dem Erben die Möglichkeit, sich über die Notwendigkeit der Haftungsbeschränkung zu unterrichten,
gibt dem Erben die Erschöpfungseinrede, § 1973 BGB,
sichert den Erben gegen den Rückgriff, § 1980 BGB und
verwandelt die Gesamthaftung der Erben in eine Kopfteilhaftung nach § 2060 BGB.

Durch den Ausschließungsbeschluss werden die Nachlassgläubiger der Erschöpfungseinrede unterworfen und im Nachlassinsolvenzverfahren benachteiligt, § 1973 Abs. 1 S. 2 BGB, § 327 Abs. 2 InsO. Die Kosten des Verfahrens hat nach § 22 Abs. 1 GNotKG der Antragsteller zu tragen; stellt der Testamentsvollstrecker den Antrag, ist Kostenschuldner nur der Nachlass. Nach § 324 Abs. 1 Nr. 4 InsO sind die Kosten im Nachlassinsolvenzverfahren Masseschuld. Nach § 454 Abs. 2 S. 1 FamFG ist örtlich zuständig das Amtsgericht, dem die Angelegenheiten des Nachlassgerichts obliegen. Das ist das Nachlassgericht, in dessen Bezirk der Erblasser zur Zeit des Erbfalls seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt hatte (§ 343 Abs. 1 FamFG). Hatte der Erblasser im Zeitpunkt seines Todes keinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland, ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirk der Erblasser seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hatte (§ 343 Abs. 2 FamFG). Bei Ungewissheit über die Zuständigkeit wird das zuständige Gericht nach § 454 Abs. 2 S. 2 FamFG bestimmt.

 

Literaturtipps

Literatur

Du Carrois, Der überschuldete Nachlass, Rpfleger 2009, 197;

Gottwald, Fristen im Erbrecht, ZEV 2006, 293;

Heinemann, Das neue Aufgebotsverfahren nach dem FamFG, NotBZ 2009, 300;

Holzer, Das Aufgebot der Nachlassgläubiger nach dem FamFG, ZEV 2014, 583;

Joachim/Klinger, Vorbehalt der beschränkten Erbenhaftung als Regressfalle, NJW Spezial 2005, 541;

Lessing, Das Aufgebotsverfahren, RpflStud 2004, 97;

Osthold, Instrumente im Recht der Erbenhaftung – Teil 2: Das Aufgebotsverfahren, eine öffentliche Verheimlichung, ErbR 2016, 670.

[1] Staudinger/Dobler, Vorbem. §§ 1970–1974 Rn 1.
[2] MüKo/Küpper, § 1970 Rn 1.
[3] MüKo/Küpper, § 1974 Rn 1.

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