Leitsatz

Einsichtnahme in Verwaltungsunterlagen durch Dritte auftrags eines Eigentümers (hier: durch einen sachverständigen Landschaftsarchitekten)

 

Normenkette

§§ 10 Abs. 4 Satz 1, 24 Abs. 7 Satz 8 WEG; §§ 164, 362 Abs. 1 BGB; § 888 ZPO

 

Kommentar

  1. Die Einsichtnahme in Verwaltungsunterlagen durch Dritte, die im (fremden) Interesse eines Wohnungseigentümers handeln, ist neben einer Bevollmächtigung oder Ermächtigung des Eigentümers an die weitere Voraussetzung zu knüpfen, dass ein nachvollziehbares und berechtigtes Interesse in der Person des Eigentümers gegeben sein muss, gerade einen bestimmten Dritten mit der Wahrnehmung seiner eigenen Rechte zu betrauen, anstatt die begehrte Einsichtnahme selbst vorzunehmen.
  2. Persönliche Einsichtnahme in Verwaltungsunterlagen ist grundsätzlich jedem Eigentümer zu gestatten (vgl. BGH, NJW 2011 S. 1137). Dieses Einsichtnahmerecht kann sich nach gewissem Zeitablauf (hier: nach knapp 2 Jahren) auch wieder erneuern, sodass einem weiteren Einsichtsbegehren vorliegend auch nicht der materielle Einwand nach § 362 Abs. 1 BGB vom Verwalter entgegengehalten werden konnte. Einsichtnahme kann auch "im Beisein weiterer Wohnungseigentümer" gefordert werden. Die Sichtung umfangreicher Unterlagen, Informationssammlung und Bewertung vor Ort kann des Einsatzes auch mehrerer Eigentümerpersonen bedürfen.
  3. Ein Einsichtsbegehren ist nur an dem Verbot des Rechtsmissbrauchs (§ 242 BGB) und der Schikane (§ 226 BGB) zu messen (h.M., was vorliegend zu verneinen war).
  4. Vertretungsweise Einsichtnahme ist ebenfalls grundsätzlich zulässig, da es sich bei diesem Recht nicht um ein höchstpersönliches Recht handelt, sodass auch eine fachkundige Person eigentümerseits zur Unterstützung beigezogen oder auch ein Dritter mit der Einsichtnahme anstelle des Eigentümers bevollmächtigt werden kann (h.M.). Allerdings setzt die Einsichtnahme durch einen Dritten als Vertreter des Eigentümers nach Auffassung der Kammer – wie oben erwähnt – voraus, dass neben einer Bevollmächtigung oder Ermächtigung des Eigentümers auch dessen nachvollziehbares und berechtigtes Interesse gegeben sein muss, gerade einen bestimmten Dritten mit der Wahrnehmung eigener Rechte zu betrauen, anstatt die begehrte Einsichtnahme selbst vorzunehmen. Primär sind nämlich personenbezogene Daten, die in Verwaltungsunterlagen mitenthalten sind oder auch gemeinschaftsbezogene Daten nicht gegenüber jedermann zu offenbaren, sodass gewisse Geheimhaltungsgrundsätze gelten. Darzulegen ist deshalb in einem solchen Fall, warum gerade die von einem Eigentümer bevollmächtigte oder ermächtigte Person ebenso oder sogar besser dazu geeignet, in der Lage und vertrauenswürdig ist, eine solche vertretungsweise Einsicht vorzunehmen. Unterlässt der Eigentümer diesen Vortrag, ist nicht auszuschließen, dass den berechtigten Belangen der übrigen Eigentümer, die ein auf Einsichtnahme in Anspruch genommener WEG-Verwalter als Sachverwalter vertritt, nicht oder nicht ausreichend Genüge getan ist. Hinzuweisen ist insoweit auch auf § 24 Abs. 7 Satz 8 WEG zur Einsichtnahme in eine Beschluss-Sammlung, wo ausdrücklich auch die Einsichtnahme durch einen ermächtigten Dritten geregelt ist; ein berechtigtes Interesse des Dritten ist nicht erforderlich (h.M.). Gleiches gilt auch nach bisher h.M. für Einsichtsrechte in Versammlungsprotokolle. Insoweit stehen solchen Einsichtsrechten durch einen Boten auch nicht die Grundsätze der Nichtöffentlichkeit von Eigentümerversammlungen entgegen.
  5. Vorliegend konnte deshalb zu Recht die Einsichtnahme des Eigentümers auf einen sachverständigen Landschaftsarchitekten delegiert werden. Von offensichtlicher Ungeeignetheit dieser Person war nicht die Rede, damit auch nicht von einer Störung des Geschäftsbetriebs der Verwaltung zu sprechen.
 

Link zur Entscheidung

LG Hamburg, Urteil v. 5.10.2011, 318 S 7/11

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