Leitsatz

Ein minderjähriges Kind aus einer geschiedenen Ehe lebte bei seiner Mutter und nahm seinen Vater auf Zahlung von Krankenkassenbeiträgen in Anspruch. Gegenstand des Verfahrens war die Frage, ob die Leistung von Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung von dem Unterhaltsanspruch eines Kindes gegen den barunterhaltspflichtigen Elternteil umfasst ist.

 

Sachverhalt

Der Kläger war aus der rechtskräftig geschiedenen Ehe des Beklagten hervorgegangen. Seine Mutter als seine gesetzliche Vertreterin war nicht berufstätig, eine neue Ehe eingegangen und lebte mit ihrem Ehemann und dem Kläger in einem Haushalt zusammen.

Der Kläger war Schüler und hatte keine eigenen Einkünfte. Der Beklagte zahlte für ihn Barunterhalt.

Ursprünglich war der Kläger in der gesetzlichen Krankenversicherung des Beklagten beitragsfrei mitversichert. Zum 26.8.2001 kündigte der Beklagte die Krankenversicherung. Die Mutter und gesetzliche Vertreterin des Klägers war nach Rechtskraft der Scheidung am 6.7.1995 über das Sozialamt krankenversichert und seit ihrer Wiederverheiratung im Jahre 1997 über die Krankenkasse ihres jetzigen Ehemannes. Der Antrag, auch den Kläger über diesen mitzuversichern, wurde abgelehnt. Ein hiergegen eingelegter Widerspruch blieb erfolglos.

Auch nach der bereits erwähnten Kündigung des Beklagten erbrachte dessen Krankenkasse noch Versicherungsleistungen für den Kläger. Mit Wirkung vom 27.8.2001 versicherte sie ihn aufgrund eines im Jahre 2003 gestellten Antrages freiwillig weiter. Zuletzt verlangte sie von dem Kläger rückständige Beiträge i.H.v. 3.088,48 EUR nebst Säumniszuschlag i.H.v. 62,50 EUR. Hierauf wurde keinerlei Zahlung geleistet. Daraufhin beendete die Krankenkasse (des Beklagten) die Mitgliedschaft des Klägers zum 15.11.2003.

Der Beklagte war ebenfalls wiederverheiratet und einem weiteren minderjährigen Kind gegenüber unterhaltspflichtig. Nach einem Realschulabschluss absolvierte er eine Lehre als LKW-Mechaniker, die er jedoch nicht beendete. Seine Krankenversicherung hatte er gekündigt, weil er die Möglichkeit hatte, kostenlos über seine zweite Ehefrau krankenversichert zu werden.

Mit Schreiben des Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 5.4.2003 wurde der Beklagte aufgefordert, die Krankenversicherungsbeiträge für den Kläger zu zahlen. Zahlung erfolgte nicht, so dass der Kläger seinen Anspruch gerichtlich geltend machte.

Das erstinstanzliche Gericht hat die Klage abgewiesen. Hiergegen hat der Kläger Berufung eingelegt, die zum großen Teil erfolgreich war.

 

Entscheidung

Das OLG hielt den Anspruch des Klägers für überwiegend begründet.

Er habe dem Grunde nach einen Anspruch auf Zahlung von Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung aus §§ 1601 ff.. Sein Unterhaltsbedarf umfasse auch die Kosten der Gesundheits- und Krankheitsfürsorge, wobei diese nicht in den Tabellensätzen der Düsseldorfer Tabelle enthalten seien, weil im allgemeinen davon ausgegangen werde, dass ein minderjähriges Kind gem. § 10 Abs. 2 SGB V in der gesetzlichen Familienversicherung gegen Krankheit mitversichert sei. Sei dies ausnahmsweise nicht der Fall, habe der Barunterhaltsschuldner zusätzlich auch für die Kosten der Krankenversicherung des Kindes aufzukommen (Wendl/Scholz, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 6. Aufl., § 2, Rz. 215).

Dieser Fall liege hier vor, eine Mitversicherung des Klägers beim Beklagten bestehe nicht, nachdem dieser im Jahre 2001 seine gesetzliche Krankenversicherung gekündigt habe. Demzufolge erstrecke sich der Unterhaltsbedarf des Klägers auch auf die Kosten für eine freiwillige Krankenversicherung. Dies gelte entsprechend auch für die Beiträge der Pflegeversicherung, wobei auch hier davon ausgegangen werden müsse, dass in Bezug auf den Kläger eine Mitversicherung nicht bestehe, weil die Voraussetzungen des § 25 SGB XI - soweit ersichtlich - insoweit nicht erfüllt seien.

Es könne auch nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger in zumutbarer Weise in der Lage war bzw. sei, Schutz durch eine Kranken- und Pflegeversicherung auf anderem Weg zu erlangen. Insoweit bestehe eine Mitversicherung beim Stiefvater des Klägers nicht, da die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür nicht vorlägen.

Der Kläger könne nach § 10 Abs. 4 S. 1 SGB V über seinen Stiefvater nur familienversichert sein, wenn er von ihm überwiegend unterhalten werde. Im Recht der Krankenversicherung sei nicht geregelt, wie der überwiegende Unterhalt zu ermitteln sei, daher sei auf die Regelung des Familienrechts zurückzugreifen.

Im vorliegenden Fall könne nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger von seinem Stiefvater überwiegend unterhalten wurde und werde. Den Barunterhalt habe überwiegend der Beklagte aufgebracht. Auch nennenswerte Betreuungsleistungen des Stiefvaters des Klägers seinen nicht festzustellen. Im Übrigen sei auch nicht ersichtlich, dass der Kläger über das Sozialamt hätte beitragsfrei versichert werden können; hiergegen spreche bereits der Grundsatz der Subsidiarität der Sozialhilfe.

Entgegen der Auffassung des ers...

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