Begriff

Vollzeitpflege ist die Unterbringung, Betreuung und Erziehung eines Kindes oder Jugendlichen über Tag und Nacht außerhalb des Elternhauses in einer anderen Familie (Pflegefamilie). Dies ist jede Familie, die nicht Herkunftsfamilie ist.[1] Dies kann aber auch bei anderen Verwandten, z. B. den Großeltern, erfolgen, aber auch in der Familie des Vormunds oder Pflegers. Dabei kann sie zeitlich befristet oder auf Dauer angelegt sein.

Vollzeitpflege kommt u. a. in Betracht, wenn die Eltern wegen Krankheit, Tod, einer Krise in der Partnerschaft, einer wirtschaftlichen Notlage, Gewalt gegen Kinder oder einer eigenen Schul- oder Berufsausbildung die Erziehungsverantwortung für ihr Kind nicht übernehmen können. Vollzeitpflege ist eine Leistung der Hilfe zur Erziehung.

 
Gesetze, Vorschriften und Rechtsprechung

Sozialversicherung: Rechtsgrundlage für die Vollzeitpflege sind die §§ 27 und 33 Satz 1 SGB VIII. Die Vollzeitpflege für besonders entwicklungsbeeinträchtigte Kinder und Jugendliche regelt § 33 Satz 2 SGB VIII; sie kommt auch als Eingliederungshilfe für Kinder mit seelischen Behinderungen nach § 35a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB VIII und § 99 SGB IX in Betracht. Nach § 42 Abs. 1 Nr. 1 SGB VIII ist die Vollzeitpflege im Rahmen der Inobhutnahme und zur Versorgung in Notsituationen gemäß § 20 SGB VIII möglich. Die Adoptionspflege ist keine Vollzeitpflege, weil sie ein anderes Ziel hat als diese; sie ist in § 9 AdVermiG geregelt.

Das KJSG hat in § 37 und § 37c SGB VIII die Beratung und Unterstützung der Pflegefamilie ausdrücklich geregelt.

Die Pflegeperson bedarf einer Pflegeerlaubnis nach § 44 SGB VIII, wenn sie nicht im Rahmen einer Hilfe zur Erziehung vermittelt worden ist. Unter den Voraussetzungen des § 36a SGB VIII kann sie vom Leistungsberechtigten auch selbst beschafft werden. Die Erlaubnis ist zu versagen, wenn das Wohl des Kindes gefährdet ist. Das Jugendamt hat dies an Ort und Stelle zu kontrollieren.

Bei mehreren Kindern in einer Großpflegestelle ist eine Abgrenzung zu einer Einrichtung nach § 45 SGB VIII erforderlich. Der Einrichtungsbegriff ist mit dem KJSG in § 45a SGB VIII eingefügt worden. Bei einer familienähnlichen Betreuungsform handelt es sich um eine Großpflegestelle.

[1] So VG Meiningen, Beschluss v. 30.7.2015, 8 K 166/14 Me, juris.

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