Das Vollstreckungsgericht kann eine Vollstreckungsmaßnahme

  • ganz oder teilweise aufheben,
  • untersagen oder
  • einstweilen einstellen.

Vor der endgültigen Entscheidung sind einstweilige Anordnungen gem. § 732 Abs. 2 ZPO möglich. Seit dem 1.1.1999 gilt § 732 Abs. 2 ZPO kraft der gesetzlichen Regelung in § 765 a Abs. 1 Satz 2 ZPO.

Entscheidung durch Beschluss

Das Gericht entscheidet ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss. Eine persönliche (mündliche) Anhörung der Parteien ist möglich, aber nicht vorgeschrieben und nicht üblich.

Bei der Räumungsvollstreckung kommt i. d. R. die einstweilige Einstellung der Zwangsräumung in Betracht.

 
Hinweis

Keine Mindest- oder Höchstfrist

Eine zeitliche Mindest- oder Höchstfrist besteht nicht.

Eine unbefristete Einstellung der Zwangsvollstreckung ist in § 765 a ZPO nicht vorgesehen.[1] Nach der hier vertretenen Ansicht kann eine solche Maßnahme jedoch in extremen Ausnahmefällen aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG abgeleitet werden. Danach hat jedermann das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Zwar ist auch das Grundrecht auf Eigentum[2] und das Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz[3] angemessen zu berücksichtigen. Die Abwägung ergibt i. d. R., dass eine Einstellung der Zwangsvollstreckung zu befristen und mit Auflagen zu versehen ist, die das Ziel haben, die Gesundheit des Schuldners wieder herzustellen. Dies gilt auch dann, wenn die Aussichten auf eine Besserung des Gesundheitszustands des Schuldners gering sind.[4]

Jedoch kann es Fälle geben, in denen eindeutig ist, dass das Räumungshindernis auf Dauer besteht. Hier ist eine Einstellung

  • auf unbestimmte Zeit[5] oder
  • auf Lebenszeit des Schuldners abzuwägen.[6]
 
Hinweis

Information der Behörde über dauerhafte Vollstreckungseinstellung

In der Literatur wird die Ansicht vertreten, dass das Gericht in diesem Fall die insoweit zuständige Behörde informieren muss. Diese sei verpflichtet, den Schuldner in das Objekt einzuweisen, die Verantwortung für die Erhaltung des Objekts und die Kosten der Nutzung zu übernehmen.[7]

Ändert sich die Sachlage, kommt eine Verkürzung oder Aufhebung nach § 765 a Abs. 3 ZPO in Betracht.

Beschränkung des Vollstreckungsschutzes

Der Vollstreckungsschutz kann auf einen Teil der Mietsache beschränkt werden, wenn die Mietsache aus mehreren Gegenständen (z. B. Wohnung und Geschäftsräume) besteht und eine getrennte Rückgabe möglich, wirtschaftlich sinnvoll und den Parteien zumutbar ist. Denkbar ist auch, dass der Vollstreckungsschutz auf Teile einer Wohnung beschränkt wird. Allerdings setzt eine solche Entscheidung eine ganz besondere, von den üblichen Fallgestaltungen abweichende Interessenlage voraus.

Bedingung an den Vollstreckungsschutz

Der Vollstreckungsschutz kann an eine Bedingung geknüpft (z. B. "Der Vollstreckungsschutz entfällt, wenn die Nutzungsentschädigung nicht spätestens am 3. Werktag eines Monats gezahlt wird") oder mit einer Auflage verbunden werden.[8] Auch die Anordnung einer Sicherheitsleistung für die Zeit der Einstellung ist an sich denkbar.[9]

[1] BGH, Beschluss v. 9.10.2013, I ZB 15/13, WuM 2014 S. 290; OLG Köln, Beschluss v. 20.9.1989, 2 W 157/89, NJW-RR 1990 S. 590.
[4] BGH, Beschluss v. 9.10.2013, I ZB 15/13.
[5] BVerfG, NJW 1992 S. 1155 = ZMR 1992 S. 137 = WuM 1993 S. 239; ZMR 1997 S. 626: "in absoluten Ausnahmefällen"; abweichend OLG Köln, NJW-RR 1990 S. 590 = ZMR 1990 S. 143: grundsätzlich nur für einen bestimmten Zeitraum.
[6] Vgl. BVerfG, ZMR 1997 S. 626 bei 99-jährigem Schuldner.
[7] Schuschke, NJW 2011, S. 304, 307.
[8] LG Stuttgart, WuM 1992 S. 638; LG Berlin, GE 1990 S. 491; Stein/Jonas/Münzberg, § 765 a ZPO Rn. 15; Zöller/Stöber, § 765 a ZPO Rn. 18; Sternel, Rn. V 126.
[9] Stein/Jonas/Münzberg, § 765 a ZPO Rn. 11.

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