Leitsatz

Gegenstand des Verfahrens war die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen dem Prozessgegner Einsichtnahme in die Erklärungen und Belege aus dem VKH-Heft des Antragstellers zu gewähren ist.

 

Sachverhalt

Mit Beschluss vom 20.5.2010 hat das AG auf Antrag des Beklagten die Übersendung der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers nebst Belegen zur Einsichtnahme nach § 117 Abs. 2 ZPO unter Hinweis auf einen gegen den Kläger bestehenden Auskunftsanspruch des Beklagten nach § 836 ZPO angeordnet.

Hiergegen richtete sich die Beschwerde des Klägers, der die Einsichtnahme des Beklagten in die VKH-Unterlagen für unzulässig hielt.

Das AG hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem OLG zur Entscheidung vorgelegt.

Das Rechtsmittel des Klägers erwies sich als erfolgreich.

 

Entscheidung

Das OLG hat der sofortigen Beschwerde gegen den erstinstanzlichen Beschluss stattgegeben.

Es hielt den förmlichen "Übermittlungs"-Beschluss für anfechtbar, obgleich eine Rechtsbehelfsbelehrung nach § 39 FamFG nicht erfolgt war und § 117 Abs. 2 S. 2 ZPO lediglich eine bloße "Unterrichtung" der Antragstellerseite vorsehe. Jedenfalls das Recht auf informationelle Selbstbestimmung nach Art. 2 GG mit dem Ziel der Verhinderung unbefugter Einsicht in die Unterlagen nach § 117 Abs. 2 ZPO ermögliche die Anfechtung des erstinstanzlichen Beschlusses.

Das OLG hielt die Beschwerde auch für begründet. § 836 ZPO falle nicht in den Anwendungsbereich des § 117 Abs. 2 S. 2, 2. Halbs. ZPO. Das Einsichtsrecht beruhe bei Vorliegen materiell-rechtlicher Auskunftsansprüche auf der verfahrensökonomischen Erwägung, den Gegner zur Vermeidung von weiteren Auskunftsverfahren in das Verfahren einzubeziehen, um Unrichtigkeiten in der Erklärung frühestmöglich zu korrigieren.

Diese Voraussetzungen seien hier nicht gegeben, da § 836 ZPO als ein vollstreckungsrechtlicher Auskunftsanspruch keine Anspruchsgrundlage für eine umfassende Auskunft zu den gegenwärtigen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen darstelle.

Die Norm solle vielmehr dem pfändenden Gläubiger Auskünfte vermitteln, die dieser für die Beitreibung der gepfändeten Forderung benötige. Einen allgemeinen Auskunftsanspruch zu Einkommen und Vermögen des Schuldners im Zusammenhang mit dem VKH-Prüfungsverfahren verschaffe § 836 Abs. 3 ZPO gerade nicht.

 

Link zur Entscheidung

Brandenburgisches OLG, Beschluss vom 01.09.2010, 9 WF 222/10

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