Leitsatz

Die titulierte Verpflichtung des Verwalters zur Erstellung einer Jahresabrechnung ist als unvertretbare Handlung zu vollstrecken

 

Normenkette

§§ 887, 888 ZPO

 

Kommentar

  1. Wurde ein Verwalter zur Erstellung ordnungsgemäßer Jahresabrechnungen verurteilt, handelt es sich um eine unvertretbare Handlung, sodass sich die Vollstreckung eines solchen Titels nach § 888 ZPO richtet. Die Vollstreckungsfrage, ob es sich insoweit um eine vertretbare oder unvertretbare Verpflichtung handelt, ist umstritten. Die Kammer differenziert danach, ob es sich um eine schlichte Abrechnung handeln soll oder um eine Rechnungslegung. Eine schlichte Abrechnung kann auch ein Dritter auf der Grundlage der vom Verwalter übergebenen Unterlagen erstellen, die jedoch keine Gewähr dafür bietet, dass sie ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht. Eine solche Gewähr wird demgegenüber bei einer Rechnungslegung übernommen, die naturgemäß nur von demjenigen abgegeben werden kann, der während des Zeitraums mit der Verwaltung befasst war. Dies gilt auch für den Fall, dass ein neuer Verwalter über eine Abrechnungsperiode vor seiner Bestellung abzurechnen hat.
  2. Vorliegend ging es den Klägern ersichtlich nicht allein darum, nur eine Gegenüberstellung von Entwicklungs- und Ist-Beständen zu erhalten. Vielmehr wurde in der Klage auch der Vorwurf erhoben, dass Gelder nicht ordnungsgemäß verwaltet worden seien, die Gegenüberstellung somit nicht stimmen könne und somit mittelbar auch eine Richtigkeitsgarantie gefordert werde, die wiederum nur die beklagte Verwaltung leisten könne.
  3. Zu verpflichten sei die Beklagte auch dann noch, wenn sie Abrechnungserstellung auf die neue Verwaltung übertragen habe. Hinsichtlich des Einwands fehlender Unterlagen trifft es zwar grundsätzlich zu, dass unmögliche Leistungen nicht gemäß § 888 ZPO erzwungen werden können. Allerdings ist es der Schuldnerseite möglich und auch zumutbar, die Unterlagen ggf. wieder von der aktuellen Verwaltung zumindest auf Zeit heraus verlangen zu können.
Anmerkung

Mangels anderweitiger Absprachen und Vereinbarungen entspricht es wohl heute h.M., dass derjenige Verwalter das vorausgehende Geschäftsjahr gesamt- und einzelabzurechnen hat, der zu Beginn des Folgegeschäftsjahres nach entsprechendem Wechsel in Amt und Würden steht. Für die Erstellung "seiner" Abrechnung benötigt er verständlicherweise sämtliche Unterlagen und Auskünfte durch den Vorverwalter. Seine Abrechnung basiert also stets auf dem gebuchten Zahlenwerk des Vorverwalters. Diese Tatsache beweist, dass eigentlich eine jede Abrechnung im Sinne des Wohnungseigentumsrechts nach der Rahmenregelung des § 28 WEG auch von jedem Folgeverwalter als kaufmännischem Dritten und Kollegen zu erfüllen ist (dann im Sinne einer vertretbaren Handlung). Im Zuge der Abrechnungserstellung durch einen Amtsnachfolger können natürlich Fehler des Vorverwalters entdeckt werden. Dies kann dann auch zu beschlussweiser Entlastungsverweigerung des Vorverwalters führen oder gar zu neuerlich zu empfehlender Beschlussfassung über die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen (etwa aus Verzug oder gar unerlaubter Handlung). Meines Erachtens gibt es im Wohnungseigentumsrecht keine "schlichten Abrechnungen", wie hier vom Landgericht im Gegensatz zur Rechnungslegung differenziert wurde. Jede vollständige Jahresabrechnung im Sinne des WEG beinhaltet stets auch eine Rechnungslegung jedenfalls zum Ende eines Geschäftsjahres.

Ist ein Ex-Verwalter tatsächlich noch zur Abrechnung über ein Geschäftsjahr unter seiner Amtsführung kraft Urteils verpflichtet, hätte er selbstverständlich noch das Recht, in bereits übergebene Verwaltungsunterlagen nach wie vor Einsicht nehmen oder sich Kopien auf eigene Kosten fertigen lassen zu können. Zur Fortführung der Verwaltung nötige Originalunterlagen darf jedoch ein neubestellter Verwalter nicht wieder aus der Hand geben, auch nicht zeitweise.

Eine WEG-Jahresabrechnung als Gesamtabrechnung einschließlich aller Einzelabrechnungen muss deshalb m.E. ein jeder kaufmännisch tätige WEG-Verwalter anhand ordnungsgemäß übergebener Buchführung erstellen können, was soviel bedeutet, dass eine Titelvollstreckung als vertretbare Handlung nach § 887 ZPO erfolgen müsste.

 

Link zur Entscheidung

LG Dessau-Roßlau, Beschluss vom 03.05.2012, 5 T 36/12

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