Leitsatz

Eine volljährige Tochter nahm ihren Vater im Wege der Stufenklage auf Auskunftserteilung und Zahlung des sich daraus ergebenden Unterhalts ab dem 1.6.2007 in Anspruch. Nach dem Schulabbruch im Mai 2002 nahm sie im September 2002 eine Ausbildung zur Zahnarzthelferin in München für die Dauer von drei Monaten auf. In der Zeit von November 2002 bis Februar 2003 suchte sie einen Ausbildungsplatz zur Zahnarzthelferin in Berlin und ging einem Minijob nach. Im März 2003 zog sie nach Mühlhausen um und fand dort eine Ausbildungsstelle ab dem Ausbildungsjahr 2003/2004. Am 18.5.2003 erlitt sie einen schweren Verkehrsunfall und war bis einschließlich 2004 arbeitsunfähig. In der Zeit von September 2004 bis Juli 2005 erwarb sie die Realschulreife und ging ab Mai 2004 bis September 2006 einem Nebenjob nach. Von Juli 2005 bis Oktober 2006 suchte sie erneut nach einem Ausbildungsplatz. In der Zeit von Februar 2006 bis April 2006 erhielt sie sieben Ablehnungsschreiben für den von ihr gesuchten Ausbildungsplatz bei einem Zahnarzt.

Im November 2006 begann die Klägerin die Ausbildung zur Logopädin an einer Privatschule in Erfurt. Als Ausbildungsende war der Monat Oktober 2009 ins Auge gefasst. Das Schulgeld betrug 300,00 EUR monatlich.

Das AG hat eine Entscheidung durch Endurteil getroffen und dies damit begründet, schon die Prüfung des Auskunftsanspruches ergebe, dass dem Hauptanspruch die materiell-rechtliche Grundlage fehle. Die Klägerin könne keinen Unterhaltsanspruch geltend machen, weswegen der Beklagte nicht verpflichtet sei, Auskunft über seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse zu erteilen.

Gegen das erstinstanzliche Urteil wandte sich die Klägerin mit der Berufung, die im Rahmen der Antragstellung zum Erfolg führte.

 

Sachverhalt

Siehe Kurzzusammenfassung

 

Entscheidung

Nach Auffassung des OLG hatte das AG den Auskunftsanspruch der Klägerin zu Unrecht verneint und die Klage insgesamt abgewiesen. Dem Auskunftsantrag sei nach dem Anerkenntnis des Beklagten insoweit stattzugeben und der Rechtsstreit im Übrigen auf Antrag der Klägerin in entsprechender Anwendung des § 538 Abs. 2 Nr. 4 ZPO an das AG zurückzuverweisen.

Das AG sei im Ansatz zutreffend davon ausgegangen, dass der aus § 1610 Abs. 2 BGB folgende Anspruch eines Kindes auf Finanzierung einer angemessenen, seiner Begabung, Neigung und seinem Leistungswillen entsprechenden Berufsausbildung vom Gegenseitigkeitsprinzip geprägt sei. Der Verpflichtung des Unterhaltsschuldners, eine Berufsausbildung zu ermöglichen, stehe aufseiten des Unterhaltsberechtigten die Obliegenheit gegenüber, sie mit Fleiß und der gebotenen Zielstrebigkeit in angemessener und üblicher Zeit zu beenden. Aus dem Gegenseitigkeitsverhältnis folge nicht nur die Obliegenheit des Kindes, die gewählte Ausbildung durchzuführen. Die Rücksichtnahme auf die Belange der mit der Unterhaltszahlung belasteten Eltern erfordere es vielmehr auch, dass sich das Kind nach dem Abgang von der Schule innerhalb einer angemessenen Orientierungsphase für die Aufnahme einer seinen Fähigkeiten und Neigungen entsprechenden Ausbildung entscheide (BGH in FamRZ 2006, 1100).

Die Anwendung dieser Grundsätze führe im vorliegenden Fall nach den bisher getroffenen Feststellungen nicht dazu, dass die Klägerin kein Ausbildungsunterhalt beanspruchen könne. Sie sei am 15.3.1983 geboren und zu dem Zeitpunkt, als sie durch das Abitur gefallen sei, erst 18 Jahre alt gewesen. Dass sie den Versuch unternommen habe, die Nachprüfung zu schaffen, sei unterhaltsrechtlich nicht zu beanstanden.

Wie die einem jungen Menschen zuzugestehende Orientierungsphase zu bemessen sei, müsse von Fall zu Fall beurteilt werden. Maßgebende Kriterien seien dabei Alter, Entwicklungsstand und die gesamten Lebensumstände der Auszubildenden.

Die Klägerin habe zum Herbst 2003/2004 - etwa ein Jahr nach dem Abitur - eine Ausbildungsstelle gehabt, als sie im Mai 2003 als Sozia einen schweren Motorradunfall erlitten und aus diesem Grunde die Ausbildungsstelle nicht mehr habe antreten können. Sie habe sodann die Realschulreife in einer Abendschule erworben und ein weiteres Jahr mit der Suche nach der Lehrstelle bzw. der Vorbereitung auf die Ausbildung als Logopädin verbracht. Während dieser Zeit habe sie ihren Lebensunterhalt mit einem Nebenjob finanziert.

Im Übrigen sei im vorliegenden Fall darauf abzustellen, dass es nicht um die Frage einer Weiter- oder Zweitausbildung, sondern um die Erstausbildung der Klägerin gehe, nachdem sie die Ausbildung zur Zahnarzthelferin abgebrochen und die Ausbildung zur Logopädin aufgenommen habe.

Ein solcher Wechsel der Ausbildung sei unbedenklich, wenn er einerseits auf sachlichen Gründen beruhe und andererseits unter Berücksichtigung der Gesamtumstände aus der Sicht des Unterhaltspflichtigen wirtschaftlich zumutbar sei.

Im vorliegenden Fall sei eine Unterbrechung durch den Verkehrsunfall und die sich anschließende längere Behandlungsbedürftigkeit der Klägerin eingetreten, so dass der Beklagte auch nicht ohne weiteres darauf habe vertrauen dür...

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