Rz. 620

Die Organmitglieder haften der Stiftung für schuldhafte Verletzungen ihrer Pflichten nach §§ 86, 27 Abs. 3, 664 bis 670 BGB und ggf. ihres Anstellungsvertrages.[940] Zudem kann eine Haftung nach Deliktsrecht bestehen.[941]

 

Rz. 621

Das hessische Landesstiftungsgesetz sieht ausdrücklich eine Haftung der Stiftungsorgane gegenüber der Stiftung für vorsätzliche und grob fahrlässige Pflichtverletzungen vor.[942] Die Verfassungsmäßigkeit dieser Vorschriften wird bezweifelt, da die bundesgesetzliche Regelung im BGB insofern als abschließend angesehen wird.[943] Indes ist die hessische Regelung ohnehin verzichtbar, da die Organmitglieder schon nach §§ 86, 27 Abs. 3, 280 ff., 664 bis 670 BGB für Pflichtverletzungen haften.

 

Rz. 622

Für Vorstandsmitglieder, die unentgeltlich tätig sind oder eine Vergütung erhalten, die 720 EUR jährlich nicht übersteigt, ist die Haftung gegenüber der Stiftung durch § 31a BGB auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit beschränkt. Diese Privilegierung kann auch in der Stiftungssatzung nicht ausgeschlossen werden.[944] Die unbeschränkte Haftung kann praktisch nur dadurch erreicht werden, dass den Vorstandsmitgliedern eine Vergütung von mehr als 720 EUR pro Jahr gezahlt wird. Als Vergütung zählt dabei nur die Entschädigung für den Zeitaufwand, nicht aber die Erstattung von Auslagen, auch wenn diese pauschal erfolgt.[945]

Neben dieser abschließenden bundesrechtlichen Regelung bleibt für Regelungen in den Landesstiftungsgesetzen kein Raum. In den meisten Landesstiftungsgesetzen sind Regelungen zur Haftung des Vorstands (oder deren Beschränkung) inzwischen gestrichen worden.[946]

 

Rz. 623

Die Haftung von Organmitgliedern kann nach h. M. auch über die Regelung des § 31a BGB hinaus (der im Übrigen wohl nur für den Vorstand i. e. S. gilt) in der Satzung der Stiftung auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit beschränkt werden.[947] Diese Möglichkeit wird von einigen Landesstiftungsgesetzen ausdrücklich erwähnt,[948] soll aber auch in den anderen Bundesländern zulässig sein.

 

Rz. 624

Pflichtverletzungen des Vorstands sind ausgeschlossen, so lange er sich innerhalb des durch die Satzung eingeräumten (und der Natur der Sache nach bei vielen Entscheidungen notwendigen) Ermessensspielraums bewegt. Maßgeblich ist die ex ante-Perspektive bei der Beschlussfassung.[949]

 

Rz. 625

Häufig sehen Stiftungssatzungen vor, dass das Kuratorium die Entlastung des Vorstands beschließen kann. Die Rechtsfolge dieses Beschlusses ist nicht ganz klar. Im Vereinsrecht bedeutet der Entlastungsbeschluss der Mitgliederversammlung, dass die den Mitgliedern bekannten und nach dem Rechenschaftsbericht des Vorstands erkennbaren Schadensersatz- und Bereicherungsansprüche des Vereins gegen die Vorstandsmitglieder zivilrechtlich endgültig erlöschen.[950] Es erscheint problematisch, diese Regelung auf die Stiftung zu übertragen. Während die Vereinsmitglieder über das Vermögen der Korporation verfügen, die sie gemeinsam bilden, würde das Kuratorium mit der Entlastung über fremdes Vermögen, nämlich das der Stiftung, verfügen. Deswegen sollte schon in der Satzung von der Möglichkeit der Entlastung abgesehen werden. Materiellrechtlich dürfte ein solcher Beschluss ohne Wirkung sein.[951]

 

Rz. 626

Regelmäßig ist der Stiftungsvorstand nach dem Landesrecht zur Berichterstattung an die Aufsichtsbehörde verpflichtet. Auch die unbeanstandete Kenntnisnahme dieses Berichts durch die Behörde entlastet den Vorstand nicht und führt nicht zum Erlöschen von Regressansprüchen, auch wenn sie sich aus dem Bericht ergeben.[952]

 

Rz. 627

Die für ehrenamtlich tätige Vereinsmitglieder geltende Haftungsbeschränkung nach arbeitsrechtlichen Maßstäben[953] gilt auch dann nicht für Stiftungsorgane, wenn diese ehrenamtlich tätig sind.[954]

 

Rz. 628

In den Fällen, in denen nach § 31 BGB die Stiftung und ein Organ oder Vertreter einem Dritten nebeneinander zum Schadensersatz verpflichtet sind,[955] richtet sich der Ausgleich nach allgemeinen Regeln. Hat der Vertreter eine unerlaubte Handlung begangen, aufgrund derer Vertreter und Stiftung nach §§ 421, 840 BGB als Gesamtschuldner haften, ist im Innenverhältnis analog § 840 Abs. 2 BGB der Vertreter allein verantwortlich.[956] Umstritten ist der Regress in den Fällen der §§ 231 und 904 BGB, die kein Verschulden voraussetzen. Nach wohl richtiger Ansicht soll hier allein die Stiftung haften.[957]

 

Rz. 629

Zur Durchsetzung von Ansprüchen der Stiftung gegen ihre Organe bzw. Organmitglieder sind – und hierin liegt eine besondere Schwierigkeit – in erster Linie die vertretungsberechtigten Organe berufen.[958] In der Stiftungssatzung kann jedoch auch ein anderes Organ der Stiftung – zum Beispiel das Kuratorium – mit der Durchsetzung von Ansprüchen gegen (ehemalige) Vorstandsmitglieder betraut werden; den Mitgliedern dieses Organs kommt dann insoweit Geschäftsführungsbefugnis und Vertretungsmacht zu.[959] Wo dies aber – wie meist – nicht der Fall ist, hat die Stiftungsbehörde nur in wenigen Bundesländern eine ausdrückliche gesetzliche Möglichkeit,...

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