Rz. 1193

Der Kapitalerhöhungsbeschluss alleine schafft noch keine Verpflichtung der Bezugsberechtigten, die Einlagen zu leisten. Die Übernahme wird stattdessen in einem Übernahmevertrag erklärt. Dazu bedarf es der in § 55 GmbH vorgesehenen Übernahmeerklärung der Bezugsberechtigten, die – anders als bei der Gründung – nicht notwendiger Bestandteil des Kapitalerhöhungsbeschlusses (bei Gründung: Gründungsurkunde mit Satzung) ist und der Annahmeerklärung der Gesellschaft.[1]

 

Rz. 1194

Die Übernahmeerklärung des Übernehmers (nicht jedoch die Annahmeerklärung der Gesellschaft) muss notariell aufgenommen oder beglaubigt werden (§ 55 Abs. 1 GmbHG). Erfolgt die Übernahmeerklärung entgegen dieser Formvorschrift, ist sie unwirksam. Sie kann jedoch durch Eintragung des Kapitalerhöhungsbeschlusses in das Handelsregister – nicht aber durch Leistung der Einlage – geheilt werden.[2] Oft wird die Übernahmeerklärung in die Urkunde über die Kapitalerhöhung aufgenommen. Vollmachten, die sich auf die Übernahme von Anteilen erstrecken, bedürfen der notariell beglaubigten Form.

 

Rz. 1195

Zwingende Bestandteile der Übernahmeerklärung sind:

  • die Person des Übernehmers;
  • die eindeutige Bezeichnung der Gesellschaft;
  • die Beteiligung (Zahl und Nennbetrag der Anteile).
 

Rz. 1196

Werden mehrere Kapitalerhöhungen durchgeführt, kann die Angabe des Tages, an dem die Erhöhung des Grundkapitals beschlossen worden ist, notwendig sein.[3] Bei Eintritt eines neuen Gesellschafters in die GmbH müssen in die Übernahmeerklärung auch sonstige statuarisch begründete Leistungspflichten (Nebenleistungs- oder Nachschusspflichten nach §§ 3 Abs. 2, 26 ff. GmbHG) in die Übernahmeerklärung aufgenommen werden (§ 55 Abs. 2 Satz 2 GmbHG). Da eine § 185 Abs. 1 AktG entsprechende Vorschrift im GmbHG nicht existiert, ist die Angabe des Ausgabebetrags nicht erforderlich.[4]

 

Rz. 1197

In der Übernahmeerklärung kann der Übernehmer analog § 185 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 AktG eine Frist bestimmen, binnen derer die Annahme der Gesellschaft und/oder die Eintragung der Kapitalerhöhung erfolgen soll.[5] Läuft die Frist ereignislos ab, wird der Übernehmer von seiner Bindung bzw. Einlagepflicht frei und die Rechte und Pflichten aus dem Übernahmevertrag erlöschen.[6]

Anderweitige Bedingungen sind eingeschränkt möglich.[7]

 

Rz. 1198

Können inhaltliche Mängel (z. B. Irrtümer, Geschäftsunfähigkeit, fehlende Genehmigung des Vormundschaftsgerichts) nicht durch Auslegung behoben werden, droht die Nichtigkeit des Übernahmevertrages. Sollte die Durchführung der Kapitalerhöhung trotz unwirksamer Übernahmeerklärung in das Handelsregister eingetragen werden, ist die Nichtigkeit regelmäßig geheilt.[8] Fehlt eine Übernahmeerklärung gänzlich oder tritt in bestimmten Fällen keine Heilung ein,[9] wird dieser Mangel jedoch nicht durch Eintragung der Kapitalerhöhung geheilt, sondern es kommt zum Auseinanderfallen von Stammkapitalziffer und der Summe der Nennbeträge der Geschäftsanteile, dem durch Kapitalherabsetzung oder Neubildung des/der nicht entstandenen Geschäftsanteile entgegenzuwirken ist.[10]

[1] Die Annahmeerklärung der Gesellschaft ist formfrei oder konkludent möglich, wobei häufig nach § 151 BGB auf den Zugang der Annahme verzichtet worden sein wird (so Priester, in Scholz, § 55 Rn. 95). Sie kann insbesondere darin liegen, dass die Übernahmeerklärung mit dem Kapitalerhöhungsbeschluss in einer notariellen Urkunde zusammengefasst ist (so Hermanns, in Michalski, § 55 Rn. 85; Priester, in Scholz, § 55 Rn. 94).
[2] Zöllner/Fastrich, in Baumbach/Hueck, § 55 Rn. 32; Lieder, in MüKo-GmbHG, § 55 Rn. 131.
[3] Lieder, in MüKo-GmbHG, § 55 Rn. 125.
[4] Priester, in Scholz, § 55 Rn. 80.
[5] Liegt keine Fristbestimmung vor, gelten die §§ 145ff. BGB. Der Übernehmer ist für einen Zeitraum, der einem üblichen Zeitraum für die Durchführung einer Kapitalerhöhung entspricht, an seine Erklärung gebunden. Wird dieser Zeitraum erheblich überschritten, kann er aus wichtigem Grunde von seiner Übernahmeerklärung zurücktreten (so Lieder, in MüKo-GmbHG, § 55 Rn. 133; Priester, in Scholz, § 55 Rn. 84).
[6] BGH, Urteil v. 11.1.1999, II ZR 170–98, NJW 1999 S. 1252.
[7] Siehe dazu Lieder, in MüKo-GmbHG, § 55 Rn. 134.
[8] Zöllner/Fastrich, in Baumbach/Hueck, § 55 Rn. 33; Hermanns, in Michalski, § 57 Rn. 59 ff.; Lieder, in MüKo-GmbHG, § 57 Rn. 78 ff.; Priester, in Scholz, § 57 Rn. 54.
[9] So vertreten für die vollmachtlose Vertretung und bei fehlender Geschäftsfähigkeit, beispielsweise Lieder, in MüKo-GmbHG, § 57 Rn. 81 ff.
[10] Zöllner/Fastrich, in Baumbach/Hueck, § 55 Rn. 42; Lieder, in MüKo-GmbHG, § 57 Rn. 83; Temme, in RNotZ 2004, S. 2, 14.

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