Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechtsweg. Zuständigkeit. Verweisung. Rückforderung eines Zwangsgeldes

 

Leitsatz (amtlich)

Für Klagen auf Rückforderung eines in einem arbeitsgerichtlichen Rechtsstreit nach § 888 ZPO festgesetzten und beigetriebenen Zwangsgeldes ist der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten eröffnet.

 

Normenkette

VwGO § 40; GVG § 13; ArbGG §§ 2, 62 Abs. 2; ZPO §§ 888, 776

 

Verfahrensgang

VG Stuttgart (Urteil vom 22.07.1985; Aktenzeichen 15 K 4477/84)

 

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 22. Juli 1985 – 15 K 4477/84 – aufgehoben. Der Verwaltungsrechtsweg wird für unzulässig erklärt.

Auf den Antrag der Klägerin wird der Rechtsstreit an das Arbeitsgerichts Stuttgart verwiesen.

Die Kostenentscheidung bleibt den Arbeitsgericht vorbehalten.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Rückzahlung eines von ihr entrichteten Zwangsgeldes in Höhe von 5.000,– DM.

Mit vorläufig vollstreckbaren Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 24.11.1983 (7 Ca 92/83) wurde die Klägerin in einen kündigungsschutzrechtlichen Verfahren zur Weiterbeschäftigung eines Arbeitnehmers verpflichtet. Zur Durchsetzung dieser Pflicht wurde mit Beschluß des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 17.1.1981 gegen sie ein Zwangsgeld in Höhe von 5.000,– DM festgesetzt, das durch den Gerichtsvollzieher beigetrieben und bei der Landesoberkasse Stuttgart am 20.2.1984 einbezahlt wurde. Gegen beide Entscheidungen des Arbeitsgerichts legte die Klägerin Berufung bzw. Beschwerde ein; außerdem machte sie eine Vollstreckungsabwehrklage (7 Ca 111/84) anhängig.

Mit Schreiben vom 25.11.1983 kündigte die Klägerin ihren Arbeitnehmer erneut. Hiergegen erhob dieser eine zweite Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht Stuttgart (7 Ca 538/83). In diesem Verfahren schlossen die daran beteiligten Parteien am 23.2.1984 einen Vergleich, in dem es heißt:

  1. „Die Parteien sind sich darüber einig, daß das Arbeitsverhältnis zwischen ihnen bereits durch die Kündigung vom 03.02.1983, zugegangen am 05.02.1983, mit Ablauf des 19.02.1983 endete.
  2. Die Beklagte zahlt an die Klägerin eine Sozialabfindung gemäß den §§ 9 und 10 KSchG, 3 Ziff. 9 EStG in Höhe von DM 10.000,– …
  3. Die Beklagte verpflichtet sich, die im Verfahren 7 Ca 92/83 Arbeitsgericht Stuttgart bzw. 11 Sa 6/84 LAG Bad.-Württ. eingelegte Berufung sowie die Vollstreckungsabwehrklage vom 27.01.1984 Az.: 7 Ca 111/84 zurückzunehmen.
  4. Der Kläger verzichtet auf Rechte aus dem Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart 7 Ca 92/83 vom 24.11.1983, sowie aus den Beschluß des Arbeitsgerichts Stuttgart in demselben Verfahren vom 17.01.1984. Im laufenden Beschwerdeverfahren wird der Kläger den Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg ebenfalls erklären, daß er auf Rechte aus dem zugrunde liegenden Urteil verzichtet.
  5. Damit sind sämtliche streitgegenständliche Ansprüche zwischen den Parteien erledigt.”

Mit Schriftsätzen vor 28.2.1984 nahm die Klägerin die Berufung und die Vollstreckungsabwehrklage zurück und erklärte das Beschwerdeverfahren für erledigt. Der ehemalige Arbeitnehmer der Klägerin teilte mit Schriftsatz vom 1.3.1984 im Verfahren 11 Sa 6/84 dem Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg mit, er verzichte auf alle Rechte aus den den Beschwerdeverfahren zugrunde liegenden Urteil und aus den Beschluß des Arbeitsgerichts vom 17.1.1984. Hierauf verfügte der Vorsitzende der Kammer am 2.3.1984: „Nachdem die Parteien übereinstimmend das Beschwerdeverfahren durch Vergleich für erledigt erklärt haben, ist von Amts wegen nichts mehr zu veranlassen.”

Mit Schreiben vom 13.3.1984 beantragte die Klägerin beim Obergerichtsvollzieher Zettl, Amtsgericht Geislingen, die Rückzahlung des vollstreckten Zwangsgeldes. Dies lehnte der Bezirksrevisor des Landesarbeitsgerichts in einem an das Arbeitsgericht Stuttgart gerichteten Schreiben vom 3.4.1984 ab.

Am 27.6.1984 hat die Klägerin beim Landgericht Stuttgart gegen das Land Baden-Württemberg Klage auf Rückzahlung des Zwangsgeldes erhoben. Mit Urteil vom 13.11.1984 hat sich das Landgericht für unzuständig erklärt, weil der ordentliche Rechtsweg nicht gegeben sei, und auf den Hilfsantrag der Klägerin den Rechtsstreit an das Verwaltungsgericht Stuttgart verwiesen. Die Klägerin hat dort beantragt, den Beklagten zur Rückzahlung des Zwangsgeldes nebst 9,25 % Zinsen ab Rechtshängigkeit zu verurteilen.

Zur Begründung hat sie geltend gemacht: Wegen des Vergleichs sei die Grundlage für das Zwangsgeld entfallen und das Beschwerdeverfahren rückwirkend beseitigt worden. Tier Vergleich umfasse auch das den Zwangsgeldbeschluß zugrunde liegende Urteil, das nunmehr wirkungslos geworden sei.

Mit Urteil vom 22.7.1985 hat das Verwaltungsgericht den Beklagten verurteilt, an die Klägerin 5.000,– DM nebst 4 % Zinsen hieraus seit den 16.7.1984 zu zahlen; wegen des weitergehenden Zinsbegehrens hat es die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen hat es ausgeführt, daß der Verwaltungsrechtsweg gegeben sei, da das Zwangsgeld dem Beklagten durch hoheitliches Handeln anheim gefallen sei und die Rücka...

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