Entscheidungsstichwort (Thema)

BaunutzungsVO. Allgemeines Wohngebiet. Nebenanlage. Kleintierhaltung Hund. Baugenehmigung

 

Leitsatz (amtlich)

In einem allgemeinen Wohngebiet mit eher ländlichem Charakter sind zwei Hundezwinger für je einen Kaninchenrauhhaarteckel grundsätzlich zulässig.

 

Normenkette

BauNVO 1986 § 4 Abs. 3 Nr. 6; BauNVO 1986/1990 § 14 Abs. 1

 

Verfahrensgang

VG Stuttgart (Urteil vom 17.07.1990; Aktenzeichen 14 K 83/90)

 

Tenor

Auf die Berufung des Beigeladenen wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 17. Juli 1990 – 14 K 83/90 – geändert. Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen die Errichtung von zwei Hundezwingern auf dem Grundstück des Beigeladenen.

Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks … Straße … in Altenriet, Flst.Nr. …. Das Grundstück ist mit einem … zweigeschossigen Wohnhaus bebaut. Der Beigeladene ist Eigentümer des südöstlich angrenzenden Grundstücks … Straße … Flst.Nr. … welches ebenfalls mit einem zweigeschossigen Wohnhaus bebaut ist. Beide Grundstücke liegen im Geltungsbereich des Bebauungsplanes „Obere Sulzwiesen/Gehrn” der Gemeinde Altenriet vom 15.9.1972, welcher für das Plangebiet allgemeines Wohngebiet festsetzt. In Ziff. 5 der textlichen Festsetzungen des Bebauungsplanes ist bestimmt, daß in den nicht überbaubaren Grundstücksflächen nur solche Nebenanlagen zulässig sind, die direktem Wohnen dienen (z. B. Pergolen, gedeckte Sitzplätze, Schwimmbecken), sofern es sich hierbei nicht um Gebäude handelt.

Nachdem der Beigeladene auf seinem Grundstück bereits mehrere Hundezwinger errichtet hatte, erteilte das Landratsamt Esslingen dem Beigeladenen nach Durchführung des Anhörungsverfahrens am 1.6.1989 die Genehmigung für die Errichtung von zwei Hundezwingern in der Größe von je 2 × 4 m, insgesamt 4 × 4 m innerhalb der überbaubaren Grundstücksfläche im nordöstlichen Bereich des Grundstücks. Die Hundezwinger befinden sich in einem Abstand von etwa 18 m zum Wohnhaus des Klägers. Die Baugenehmigung enthält unter Ziff. 035 die Auflage, daß in den beiden Zwingern maximal zwei Hunde gehalten werden dürfen und eine Aufzucht nicht zulässig ist.

Aufgrund des Widerspruchs des Klägers und anderer Nachbarn ergänzte das Regierungspräsidium: Stuttgart mit Bescheid vom 11.12.1989 – zugestellt am 13.12.1989 – die Baugenehmigung des Landratsamts Esslingen vom 1.6.1989 um folgende Auflagen:

  1. In den beiden Zwingern muß je ein Schutzraum aufgestellt werden, der allseitig aus wärmedämmendem Material besteht und keinen Sichtkontakt nach außen zuläßt. In diese Schutzräume müssen die Hunde nachts (d. h. von 22.00 Uhr bis 6.00 Uhr) eingesperrt werden. 2. Eventuelle Welpen dürfen nicht im Freien gehalten werden; soweit die Junghunde in der ersten Zeit beim Muttertier bleiben müssen, muß auch das Muttertier im Haus gehalten werden. 3. Es dürfen nur Hunde in der Größe von Kaninchenrauhhaarteckeln gehalten werden.

Im übrigen wurden die Widersprüche als unbegründet zurückgewiesen.

Der Kläger hat am 9.1.1990 Klage beim Verwaltungsgericht Stuttgart erhoben und beantragt, die Baugenehmigung des Landratsamts Esslingen vom 1.6.1989 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 11.12.1989 aufzuheben. Zur Begründung hat er geltend gemacht, der Beigeladene habe auf seinem Grundstück eine Hundezucht betrieben und betreibe sie weiter. Da der Beigeladene bereits in der Vergangenheit ungenehmigt elf Hundeboxen errichtet und bislang trotz bestandskräftiger Abbruchsverfügung nicht beseitigt habe, seien auch die der Baugenehmigung beigefügten Auflagen wirkungslos. Es sei vielmehr zu vermuten, daß der Beigeladene auch weiterhin Hundezucht betreiben wolle. Da die Hunde ausschließlich im Freien gehalten werden sollten, entspreche diese Nutzung auch nicht einer der Wohnnutzung zugeordneten Hundehaltung. Die Hundezwinger verstießen daher gegen das objektiv-rechtliche Rücksichtnahmegebot.

Das beklagte Land hat Klagabweisung: beantragt, der Beigeladene hat keinen Antrag gestellt. Er hat jedoch geltend gemacht, er benötige die beiden Hunde für die Ausübung seines Jagdrechts, und es entspreche artgerechter Hundehaltung, diese Jagdhunde in eigens dafür errichteten Hundehütten zu halten. Eine solche Hundehaltung entspreche der Hobbytierhaltung, die dem Wohnen untergeordnet sei.

Das Verwaltungsgericht hat durch Urteil vom 17.7.1990 die Baugenehmigung und den Widerspruchsbescheid aufgehoben. Zur Begründung hat das Gericht im wesentlichen ausgeführt, bei den genehmigten Hundezwingern handele es sich nicht mehr um eine untergeordnete, baugebietsverträgliche Nebenanlage. Da die Hunde Tag und Nacht in den Hundezwingern gehalten würden, sei davon auszugehen, daß sie häufiger und anhaltender bellen würden als freilaufende Hunde, die sich in einem Garten und in einem Wohnhaus bewegen könnten. Dies sei gerichtsbekannt und entspreche der allge...

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