Rechtskraft nein

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Personalvertretung. Jugend- und Auszubildendenvertreter. Unbefristete Weiterbeschäftigung. Verzicht. Schlüssiges Verhalten. Treu und Glauben. Irrtumsanfechtung. Weiterbeschäftigung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Zwei-Wochen-Ausschlussfrist des § 9 Abs. 4 Satz 1 BPersVG, innerhalb der die Anträge nach Nrn. 1 und 2 dieser Bestimmung zu stellen sind und eine Vollmacht eingereicht werden muss, die von der zur Vertretung des Arbeitgebers befugten Person ausgestellt ist, gilt nicht für den Antrag auf Feststellung, dass ein unbefristetes Arbeitsverhältnis nach § 9 Abs. 2 BPersVG nicht zustande gekommen ist.

2. Unterzeichnet ein Auszubildender als Mitglied der Jugend- und Auszubildendenvertretung vorbehaltlos einen befristeten Arbeitsvertrag, verzichtet er durch schlüssiges Verhalten auf seinen noch nicht geltend gemachten Anspruch aus § 9 Abs. 2 BPersVG auf unbefristete Weiterbeschäftigung auch dann, wenn er dieses Recht nicht kennt.

3. Zur Frage, ob der Arbeitgeber nach Treu und Glauben gehindert ist, dem Auszubildenden den Verzicht entgegenzuhalten, wenn er die unbefristete Weiterbeschäftigung nachträglich verlangt.

4. Wird ein Auszubildender weniger als drei Monate vor dem Ende seiner Ausbildung in die Jugend- und Auszubildendenvertretung gewählt, trifft den Arbeitgeber keine Mitteilungspflicht im Sinne von § 9 Abs. 1 BPersVG.

 

Normenkette

BPersVG § 9 Abs. 1-2, 4

 

Verfahrensgang

VG Stuttgart (Beschluss vom 22.03.2004; Aktenzeichen PB 21 K 1/04)

 

Nachgehend

BVerwG (Beschluss vom 31.05.2005; Aktenzeichen 6 PB 1.05)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart – Fachkammer für Personalvertretungssachen – vom 22.03.2004 – PB 21 K 1/04 – geändert.

Es wird festgestellt, dass zwischen der Antragstellerin und der Beteiligten zu 1. ein Arbeitsverhältnis auf unbestimmte Zeit nach § 9 Abs. 2 BPersVG nicht als begründet gilt.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Die Antragstellerin wendet sich gegen ihre Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung der Beteiligten zu 1., Frau B.

Die Antragstellerin ist eine bundesunmittelbare juristische Person des öffentlichen Rechts (§ 2 Bundesbankgesetz – BBankG – vom 22.10.1992, zuletzt geändert durch Art. 6 des Gesetzes vom 07.05.2002, BGBl. I S. 1529), die daher den Regelungen des Bundespersonalvertretungsgesetzes – BPersVG – (vom 15.03.1974, zuletzt geändert durch Art. 17 des Gesetzes vom 23.12.2003, BGBl. I S. 2848) nach Maßgabe von §§ 1 und 88 BPersVG unterliegt. In ihrer Filiale Stuttgart absolvierte Frau B. 2001 eine Ausbildung als Bürokauffrau, die mit Bestehen der Abschlussprüfung am 16.01.2004 endete. Schon vorher hatte ihr die Antragstellerin mit Schreiben vom 30.10.2003 das Angebot gemacht, sie im Anschluss an die Ausbildung in ein auf sechs Monate befristetes Arbeitsverhältnis zu übernehmen, mit dem Frau B. sich unter dem 07.11.2003 schriftlich einverstanden erklärt hatte, ohne dass zunächst ein formeller Arbeitsvertrag abgeschlossen worden war. Am 26.11.2003 wurde sie zur Jugend- und Auszubildendenvertreterin der Filiale gewählt. Auf Grund schriftlichen Formulararbeitsvertrags, von der Antragstellerin am 15.12.2003 und von Frau B. am 02.01.2004 unterzeichnet, sollte Frau B. mit Wirkung vom Tag nach Beendigung des Ausbildungsverhältnisses bis 31.07.2004 als Zeitangestellte eingestellt werden. Mit Schreiben vom 12.01.2004 teilte Frau B. jedoch mit, sie mache auf Grund ihres Amtes als Jugend- und Auszubildendenvertreterin von § 9 Abs. 2 BPersVG Gebrauch und bitte, sie in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis zu übernehmen.

Am 29.01.2004 hat sich die Antragstellerin an das Verwaltungsgericht Stuttgart gewandt und beantragt festzustellen, dass mit Frau B. ein unbefristetes Arbeitsverhältnis nach § 9 Abs. 2 BPersVG nicht begründet worden sei, hilfsweise, ein zustande gekommenes Arbeitsverhältnis aufzulösen. Sie hat vorgetragen, die vorbehaltlose Unterzeichnung des befristeten Arbeitsvertrags durch Frau B. komme einem Verzicht auf Weiterbeschäftigung gleich, so dass das Weiterbeschäftigungsverlangen ins Leere gehe. Zudem setze ein berechtigtes Weiterbeschäftigungsverlangen nach zutreffender Ansicht des VG Hamburg (Beschluss vom 11.06.1993, PersR 1995, 28) voraus, dass der Auszubildende der Jugend- und Auszubildendenvertretung mindestens drei Monate lang angehört habe.

Jedenfalls sei der Antragstellerin eine unbefristete Weiterbeschäftigung nicht zumutbar. Sie befinde sich in einer grundlegenden Organisations- und Strukturreform mit Reduzierung des Filialnetzes (bis 2007 von 128 auf 47 Filialen), Zentralisierung von Aufgaben und Beschränkung des Leistungsangebots. Die Maßnahmen gingen mit einem gravierenden Personalabbau einher, von dem bis 2007 insbesondere die Filialen mit 3.745 Mitarbeitern oder 45 % betroffen würden. Der schon jetzt bestehende Personalüberhang werde sich noch massiv verstärken; bei der Filiale Stuttgart bestehe ein Überhang von ca. 13 Arbeitskräften, der bis April 2004 ...

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