Entscheidungsstichwort (Thema)

Personalvertretung. Mitbestimmung. Umbau eines Umkleide- und Aufenthaltsraums. Mitbestimmung bei der Verlegung eines Aufenthaltsraumes

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der Mitbestimmungstatbestand des § 79 Abs. 3 Nr. 12 LPVG (Gestaltung der Arbeitsplätze) erstreckt sich nicht auf Umkleide- und Pausenräume.

2. Der Mitbestimmungstatbestand des § 79 Abs. 1 Nr. 8 LPVG (Maßnahmen zur Verhütung von Gesundheitsschädigungen) wird, sofern er durch den Neu-, Um- und Erweiterungsbau von Diensträumen erfüllt würde, durch das diesbezügliche Anhörungsrecht aus § 80 Abs. 3 LPVG verdrängt.

 

Normenkette

LPVG § 79 Abs. 3 Nr. 12, Abs. 1 Nr. 8, § 80 Abs. 3 S. 3; BPersVG § 75 Abs. 3 Nrn. 16, 11, § 78 Abs. 4

 

Verfahrensgang

VG Stuttgart (Beschluss vom 10.11.1982; Aktenzeichen PVS 35/82)

 

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluß des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 10. November 1982 – PVS 35/82 – wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Tatbestand

I. Das Physikalische Institut der Universität Stuttgart ist gemeinsam mit dem Medizinischen Landesuntersuchungsamt im Gebäude in Stuttgart, Atzenbergstraße 12, untergebracht. Dem Reinigungspersonal des Instituts (zwei weibliche Beschäftigte) war im Untergeschoß des Gebäudes der Raum U 1/10 zugewiesen.

Durch Verfügung des Ministeriums für Wissenschaft und Kunst Baden-Württemberg und durch Erlaß der Oberfinanzdirektion Stuttgart vom 8.10.1981 wurde unter anderem der Raum U 1/10 dem Medizinischen Landesuntersuchungsamt zugewiesen. Das Rektorat der Universität Stuttgart, das vom Ministerium zum Vollzug dieser Maßnahme aufgefordert wurde, bestimmte darauf den bisher nicht als Aufenthaltsraum genutzten Raum O/21 im Erdgeschoß für das Reinigungspersonal. Der Raum ist 11 m² groß und mit Zentralheizung versehen. Der Raum hat eine nach außen führende Terrassentür, rechts und links von dieser Tür besteht die Außenwand aus Glasbausteinen. Im Zusammenhang mit der Bestimmung des Raumes für das Reinigungspersonal wurde der Raum wie folgt neu gestaltet: Von der Wartungsgruppe der Universität wurde ein Waschbecken und der vorher im Raum U 1/10 angebracht gewesene Warmwasserboiler angebracht. Vom Universitätsbauamt wurde auf Veranlassung des Rektorrats eine 70 cm hohe Brüstung aus Preßspanplatten hergestellt, die während der kalten Jahreszeit innen vor der Terassentür und vor der Wand aus Glasbausteinen in seitlich angebrachten Schubrinnen als Kälte- und Zugluftschutz eingeschoben wird. Der vorhandene Steinboden wurde mit einem Belag aus Kunststoff (PVC-weich) überzogen. Der Raum wurde neu gestrichen. Als Sonnenschutz und zur Abschirmung gegen außen wurde ein Vorhang angebracht. Das Reinigungspersonal benutzt diesen Raum seit Mitte April 1982. Der Antragsteller ist bei diesen Maßnahmen nicht beteiligt worden.

Der Antragsteller hat im September 1982 das Verwaltungsgericht Stuttgart – Fachkammer für Personalvertretungssachen – angerufen. Er hat die Feststellung beantragt, daß die von der Dienststellenleitung vorgenommene Verlegung des Aufenthaltsraums des Reinigungspersonals aus dem Raum U 1/10 in den Raum O/21 sowie die einseitig vorgenommene Renovierung und Gestaltung des Raumes O/21 Mitbestimmungsrechte des Antragstellers verletzt hat. Die Frage der Lage und der Gestaltung des Aufenthaltsraums unterliege dem Mitbestimmungsrecht „Gestaltung der Arbeitsplätze” im Sinne von § 79 Abs. 3 Nr. 12 LPVG. Zum Arbeitsplatz im Sinne dieser Vorschrift würden alle mit der Arbeit in Zusammenhang stehenden Nutzungsgegenstände und Räume zählen, also auch Aufenthalts- und Pausenräume. Außerdem handle es sich um eine Maßnahme zur Verhütung von Gesundheitsschädigungen im Sinne des Mitbestimmungstatbestandes des § 79 Abs. 1 Nr. 8 LPVG. Die Einrichtung des Raumes gehöre zu den Maßnahmen des sozialen Arbeitsschutzes. Der Raum diene unter anderem dazu, daß von dem Reinigungspersonal die Zwischenmahlzeiten ungestört von Immissionen eingenommen werden könnten.

Der Beteiligte ist entgegengetreten. Unter einem Arbeitsplatz seien allein die Räumlichkeiten zu verstehen, in denen die geschuldete Arbeitsleistung körperlich und unmittelbar erbracht werde. Die Reinigungskräfte würden indessen in dem Umkleide- und Aufenthaltsraum keine Arbeitsleistung in diesem Sinne erbringen. Im übrigen unterliege nach der Rechtsprechung die Zuweisung eines anderen Arbeitsraumes keiner Mitbestimmung. Es handle sich ferner nicht um eine Maßnahme zur Verhütung von Gesundheitsschädigungen im Sinne von § 79 Abs. 1 Nr. 8 LPVG. Der Raum sei diesem Zweck nicht gewidmet.

Das Verwaltungsgericht hat durch Beschluß vom 10.11.1982 das Feststellungsbegehren abgewiesen. Die Renovierungsarbeiten im Raum O/21 seien, soweit sie vom Universitätsbauamt durchgeführt worden seien, keine Maßnahme derjenigen Dienststelle, der der Antragsteller zuzuordnen sei. Sie unterliege schon von daher nicht der Mitbestimmung des Antragstellers. Soweit die Renovierungsarbeiten mit eigenen Kräften ausgeführt worden seien, seien sie nicht mitbes...

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