Entscheidungsstichwort (Thema)
förmliches Disziplinarverfahren. Einstellung. Disziplinarverfügung. Personalrat Mitwirkung. Dienstvergehens. Antrag nach § 33 Abs. 1 LDO
Leitsatz (amtlich)
Auch der Erlaß einer Disziplinarverfügung nach § 60 Abs. 2 Satz 2 LDO (i. V. m. § 30 LDO) im Falle der Einstellung des förmlichen Disziplinarverfahrens nach § 60 Abs. 2 Satz 1 LDO löst die Mitwirkung des Personalrats nach § 80 Abs. 1 Nr. 5 LPVG aus.
Normenkette
LDO §§ 30, 60 Abs. 2 S. 2; LPVG § 80 Abs. 1 Nr. 5
Verfahrensgang
VG Stuttgart (Beschluss vom 15.11.1999; Aktenzeichen D 20 K 6/97) |
Tenor
Die Beschwerde der Dienstbehörde gegen den Beschluß des Verwaltungsgerichts Stuttgart – Disziplinarkammer – vom 15. November 1999 – D 20 K 6/97 – wird zurückgewiesen.
Der Dienstherr trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der dem Beamten erwachsenen notwendigen Auslagen.
Gründe
Die gemäß § 33 Abs. 4 LDO statthafte und auch sonst zulässige Beschwerde der Dienstbehörde ist nicht begründet.
Die Disziplinarkammer hat die Disziplinarverfügung nach Nr. 2 des Bescheids des Ministeriums für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg vom xx.xx.xxxx, mit welcher gegen den Beamten wegen dreier als Dienstvergehen gewerteter verbaler Entgleisungen gegenüber einem Schulrat am xx.xx.xxxx und xx.xx.xxxx eine Geldbuße in Höhe von 800,– DM verhängt worden ist, zu Recht aufgehoben. Die Disziplinarkammer hat dies zutreffend damit begründet, daß die Dienstbehörde den Beamten nicht zuvor entsprechend ihrer Verpflichtung aus § 80 Abs. 2 Satz 3 i. V. m. § 75 Abs. 2 Satz 2 LPVG von dieser beabsichtigten Maßnahme in Kenntnis gesetzt und auf sein Antragsrecht hingewiesen hatte, das bei Ausübung die Mitwirkung des Personalrats nach § 80 Abs. 1 Nr. 5 LPVG ausgelöst hätte. Die Beschwerdebegründung rechtfertigt keine andere Beurteilung.
Auszugehen ist von der eigenständigen verfahrensrechtlichen Bestimmung des § 80 Abs. 1 Nr. 5 LPVG, wonach der Personalrat beim Erlaß von Disziplinarverfügungen mitwirkt, wenn der Beamte dies nach § 80 Abs. 2 Satz 2 LPVG beantragt, worauf er nach § 80 Abs. 2 Satz 3 i. V. m. § 75 Abs. 2 Satz 2 LPVG hinzuweisen ist. Mit der Beschwerde macht die Dienstbehörde geltend, daß diese Mitwirkung des Personalrats beim Erlaß einer Disziplinarverfügung gemäß § 60 Abs. 2 Satz 2 LDO im Falle einer Einstellung des förmlichen Disziplinarverfahrens nach § 60 Abs. 2 Satz 1 LDO – wie vorliegend – schon grundsätzlich als „systemfremd” nicht in Betracht komme; die Einstellung des förmlichen Disziplinarverfahrens und die Verhängung einer Disziplinarmaßnahme nach § 60 Abs. 2 Satz 1 und 2 LDO bildeten eine Einheit bzw. führten erst auf diese Weise insgesamt zum Abschluß des förmlichen Disziplinarverfahrens, für das in keinem Verfahrensstadium eine Mitwirkung des Personalrats vorgesehen sei. Dem vermag der Disziplinarsenat nicht zu folgen.
Bei dem von ihr postulierten „Einheitsgrundsatz” geht die Dienstbehörde wie selbstverständlich davon aus, daß der Kern oder jedenfalls der Schwerpunkt der Entscheidung nach § 60 Abs. 2 LDO auf der nach Satz 1 auszusprechenden Einstellung des förmlichen Disziplinarverfahrens liegt, dergegenüber die nach Satz 2 gleichzeitig verhängte Disziplinarmaßnahme im Rahmen der der Einleitungsbehörde nach § 30 LDO zustehenden Befugnis in den Hintergrund tritt oder gar jegliche Bedeutung verliert. Ob einem solchen Verständnis der Regelung des § 60 Abs. 2 Satz 1 und 2 LDO für sich betrachtet zu folgen ist, mag dahin stehen. Denn die eine Mitwirkung des Personalrats bei Erlaß einer Disziplinarverfügung begründende (Verfahrens-)Vorschrift des § 80 Abs. 1 Nr. 5 LDO, um deren Beachtung es vorliegend geht, stellt nicht darauf ab, ob es sich hierbei um eine „isolierte” Disziplinarverfügung nach § 30 LDO – als Reaktion auf das Ergebnis der Vorermittlungen – oder um eine im Anschluß an eine Verfahrenseinstellung ausgesprochene Disziplinarverfügung nach § 60 Abs. 2 Satz 2 i. V. m. § 30 LDO handelt. Dieser Unterschied in der verfahrensrechtlichen Gestaltung ist aus der maßgebenden Sicht der Betroffenheit des Beamten durch die drohende Disziplinarverfügung und des ihm deshalb zu gewährenden Schutzes, die nach § 80 Abs. 1 Nr. 5 LPVG die Mitwirkung des Personalrats auslösen, unerheblich. Dem kann die Dienstbehörde auch nicht entgegenhalten, daß § 60 Abs. 2 Satz 2 LDO den Begriff „Disziplinarmaßnahme” verwende, nicht aber – wie § 80 Abs. 1 Nr. 5 LPVG – den Terminus „Disziplinarverfügung”. Denn § 60 Abs. 2 Satz 2 LDO spricht von der Möglichkeit der Verhängung einer Disziplinarmaßnahme „im Rahmen der ihr – gemeint ist die Einleitungsbehörde – nach § 30 zustehenden Befugnis”. Abs. 1 dieser Vorschrift besagt jedoch, daß Verweis und – wie hier – Geldbuße durch Disziplinarverfügung verhängt werden; demgemäß sind nur diese beiden Disziplinarmaßnahmen möglicher Inhalt einer – im nichtförmlichen Disziplinarverfahren ergehenden – Disziplinarverfügung. Insoweit stellt § 60 Abs. 2 Satz 2 LDO mit dem Verweis auf § 30 LDO nicht nur – wie die Dienstbehörd...