Entscheidungsstichwort (Thema)

amtsangemessene Besoldung

 

Tenor

I. Das Verfahren vor dem Bayer. Verwaltungsgericht Regensburg wird ausgesetzt.

II. Die Sache wird dem Bundesverfassungsgericht vorgelegt zur Entscheidung über die Frage, ob

  1. Art. 1 § 1 in Verbindung mit Anlage 2 – gültig ab 1.1.1990 – und Art. 10 § 4 Abs. 1 des Bundesbesoldungs- und -versorgungsanpassungsgesetzes 1988 vom 20.12.1988 (BGBl. I S. 2363),
  2. Art. 1 § 1 in Verbindung mit Anlage 2 und Art. 10 § 5 Abs. 1 des Bundesbesoldungs- und -versorgungsanpassungsgesetzes 1991 vom 21.2.1992 (BGBl. I S. 266),
  3. Art. 1 in Verbindung mit Anlage 2 und Art. 12 Abs. 1 des Bundesbesoldungs- und -versorgungsanpassungsgesetzes 1992 vom 23.3.1993 (BGBl. I S. 342),
  4. Art. 1 in Verbindung mit Anlage 2 und Art. 5 § 3 Abs. 1 des Bundesbesoldungs- und -versorgungsanpassungsgesetzes 1993 vom 20.12.1993 (BGBl. I S. 2139),
  5. Art. 1 in Verbindung mit Anlage 2 und Art. 9 § 3 Abs. 2 des Bundesbesoldungs- und -versorgungsanpassungsgesetzes 1994 vom 24.8.1994 (BGBl. I S. 2229)

    und

  6. Art. 1 in Verbindung mit Anlage 2 und Art. 15 Abs. 1 des Bundesbesoldungs- und -versorgungsanpassungsgesetzes 1995 vom 18.12.1995 (BGBl. I S. 1942)

insoweit mit dem Grundgesetz vereinbar sind, als der Gesetzgeber es unterlassen hat, für verheiratete Beamte der Besoldungsgruppe A 12 mit drei Kindern kinderbezogene Gehaltsbestandteile in einer dem Grundsatz der amtsangemessenen Alimentation entsprechenden Höhe festzusetzen.

 

Tatbestand

I.

Der Kläger steht als Beamter des gehobenen technischen Dienstes (vor dem 1.10.1985 BesGr. A 10, ab 1.10.1985 A 11 und seit 1.8.1990 A 12) im Dienst des Beklagten. Er ist verheiratet und hat drei Kinder (geb. 19.3.1980, 1.2.1982 und 26.2.1983), für die er das Kindergeld und den kinderbezogenen Anteil im Ortszuschlag erhält.

Mit am 29.5.1991 bei der Bezirksfinanzdirektion Regensburg (BFD) eingegangenem Schreiben vom 7.5.1991 erhob der Kläger gegen die ihn betreffenden Besoldungsmitteilungen ab 1.2.1983 Widerspruch und beantragte, unter deren Abänderung eine Neufestsetzung der Bezüge durchzuführen, die der Alimentationspflicht des Beklagten in verfassungsmäßiger Weise Rechnung trage. Zur Begründung verwies er auf den Vorlagebeschluß des Bundesverwaltungsgerichts vom 14.11.1985 (– 2 C 14.83 –, ZBR 1986, 279 ff.) sowie den Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 22.3.1990 (– 2 BvL 1/86 –, BVerfGE 81, 363 ff.).

Die BFD behandelte den Widerspruch als Leistungsantrag und lehnte diesen mit Bescheid vom 16.7.1991 ab mit der Begründung, der Kläger erhalte seine Bezüge nach bisher geltendem Recht.

Der Kläger erhob dagegen am 19.8.1991 Widerspruch, den die BFD mit Widerspruchsbescheid vom 8.11.1991, mit Einschreiben am selben Tag zur Post gegeben, als unbegründet zurückwies.

Am 10.12.1991 hat der Kläger Klage zum Verwaltungsgericht Regensburg gegen den Freistaat Bayern wegen amtsangemessener Besoldung ab 1.2.1983 erhoben (RO 1 K 91.2020).

Mit Beschluß vom 21.2.1996 hat das Verwaltungsgericht die Klage wegen amtsangemessener Besoldung für die Zeit vom 1.2.1983 bis 31.12.1990 abgetrennt und unter dem Aktenzeichen RO 1 K 96.0328 weitergeführt.

Zur Begründung der Klage wird im wesentlichen vortragen: Die dem Kläger gewährte Besoldung sei seit Februar 1983, dem Monat der Geburt des dritten Kindes, nicht mehr verfassungsgemäß und damit rechtswidrig. Der Zuschlag für die Kinder decke nicht annähernd das Existenzminimum ab. Wegen des Unterhaltsbedarfs der Kinder und einer Familie werde auf die Vorlagebeschlüsse des Finanzgerichts Münster vom 1.2.1991 und des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 15.1.1991 verwiesen. Im Hinblick auf § 2 Abs. 2 Satz 1 BBesG sei der Kläger auf die Feststellung der Verfassungswidrigkeit der einschlägigen gesetzlichen Regelungen angewiesen.

Der Kläger beantragt nach dem Ergehen des Trennungsbeschlusses sinngemäß:

  1. Es wird festgestellt, daß die dem Kläger mit Rücksicht auf seine Kinder gewährte Besoldung ab 1.1.1991 der Höhe nach nicht der Alimentationspflicht des Beklagten entsprochen hat und ihm insoweit Anspruch auf höhere Bezüge zusteht.
  2. Der Bescheid der Bezirksfinanzdirektion Regensburg vom 16.7.1991 und ihr Widerspruchsbescheid vom 8.11.1991 werden aufgehoben, soweit sie Ziffer 1 entgegenstehen.

Die Landesanwaltschaft Regensburg beantragt,

die Klage kostenpflichtig abzuweisen.

Es erscheine fraglich, ob sich der Beamte bei der gegenwärtigen Haushaltslage des Bundes und der Länder auf eine verfassungswidrige Unteralimentierung berufen könne. Das Bundesverfassungsgericht habe in der Entscheidung vom 22.3.1990 ausgeführt, daß das Beamtenverhältnis ein wechselseitig bindendes Treueverhältnis sei, aus dem auch die Pflicht des Beamten folge, auf die Belastbarkeit des Dienstherrn und dessen Gemeinwohlverantwortung Rücksicht zu nehmen. Deshalb könne die Alimentierung nur aus gegenwärtig zur Verfügung stehenden Haushaltsmitteln erfolgen. Eine Korrektur der für verfassungswidrig erklärten Regelung könne grundsätzlich nur für künftige Haushaltsjahre gefordert werden. Seit dieser Entsch...

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