Entscheidungsstichwort (Thema)

Politische Verfolgung Oppositioneller in Togo

 

Leitsatz (amtlich)

Subjektive Nachfluchttatbesände sind im Rahmen von § 51 Abs. 1 AuslG nicht uneingeschränkt zu berücksichtigen. Zur Frage der Wahrscheinlichkeit einer Verfolgung bei Verfolgungsprovokation – Zumutbarkeit der Rückkehr nach exilpolitischer Tätigkeit. Zu den verschiedenen Wahrscheinlichkeitsbegriffen. Zur Rolle der Dogmatik bei der Rechtsanwendung.

 

Tenor

Soweit der Kläger die Klage zurückgenommen hat, wird das Verfahren eingestellt.

Im Übrigen wird die Beklagte verpflichtet festzustellen, dass für den Kläger die Voraussetzungen eines Abschiebungsverbots gemäß § 51 Abs. 1 AuslG hinsichtlich des Staates Togo vorliegen.

Der Bescheid der Beklagten vom 27. Dezember 2002 wird aufgehoben, soweit er entgegensteht.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens tragen die Beteiligten je zur Hälfte.

Wegen der Kosten ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.

Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung des Gläubigers durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, falls nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten im Asylfolgeantragsverfahren (noch), ob die Beklagte verpflichtet ist, für den Kläger ein Abschiebungsverbot nach den Vorschriften des Ausländergesetzes festzustellen.

Der nach seinen Angaben im Jahre … geborene Kläger ist togoischer Staatsangehöriger, zugehörig dem Stamme der Mina. Im Jahre 2001 reiste der Kläger in die Bundesrepublik Deutschland ein und beantragte bei der Beklagten politisches Asyl. Mit Bescheid vom 15. Mai 2001 lehnte die Beklagte diesen Antrag ab. Die hiergegen erhobene Klage hatte keinen Erfolg (Urteil der Kammer vom 29.11.2001, 16 VG A 726/2001).

In der Folgezeit hielt sich der Kläger weiterhin in der Bundesrepublik Deutschland auf.

Am 21. Oktober 2002 beantragte der Kläger bei der Beklagten abermals politisches Asyl. Zur Begründung machte er insbesondere (weitere) exilpolitische Aktivitäten für die Organisation Perspective-Togo e.V. geltend, in deren Vorstand der Hamburger Sektion er am 21. Juli 2002 gewählt worden sei, und zwar in der Funktion eines Generalsekretärs.

Mit Bescheid vom 27. Dezember 2002 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers auf Durchführung eines weiteren Asylverfahrens ebenso ab wie das mit dem Folgeantrag hilfsweise verfolgte Begehren, den Bescheid vom 15. Mai 2001 bezüglich der Feststellungen zu § 53 AuslG zu ändern. In der Begründung heißt es, die Voraussetzungen für die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens gemäß § 71 Abs. 1 AsylVfG i.V.m. § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG seien im Falle des Klägers nicht erfüllt. Den exilpolitischen Betätigungen des Klägers könne nach wie vor keine ausreichende Asylrelevanz beigemessen werden. Angesichts der bereits im Erstverfahren getroffenen Feststellungen bezüglich der persönlichen Glaubwürdigkeit des offensichtlich unverfolgt ausgereisten Klägers müsse bezweifelt werden, dass bei ihm eine echte politische Überzeugung vorhanden sei. Schon aufgrund seines nicht glaubhaften Sachvortrages im ersten Asylverfahren könne weiterhin nicht davon ausgegangen werden, dass die togoischen Sicherheitsbehörden in ihm eine Person sehen könnten, welche politisch verfolgt werden solle und deswegen menschenrechtswidrige Behandlung erfahren könnte. Daran ändere die Wahl des Klägers in den Vorstand der Hamburger Sektion von Perspective-Togo e.V. nichts. Auch die Funktion als Generalsekretär könne noch nicht als besonders exponiert angesehen werden. Angesichts der Vielzahl der exilpolitischen Aktivitäten togoischer Asylsuchender sei es wenig wahrscheinlich, dass einfache Betätigungen, wie Vereinsmitgliedschaften, Teilnahme an Demonstrationen oder Informationsveranstaltungen, Verteilung von Flugblättern oder Aktivitäten im Rahmen folkloristischer Veranstaltungen den zuständigen togoischen Stellen überhaupt bekannt würden oder dass derartige Aktivitäten niedrigen Profils im Falle ihres Bekanntwerdens bei der Rückkehr Verfolgungsmaßnahmen auslösten. Abgesehen davon sei die Organisation Perspective Togo e.V. für das politische Leben in Togo viel zu unbedeutend, als dass ihre allgemeinen politischen Aktivitäten eine gravierende verfolgungswürdige Gefahr darstellen könnten. Es lägen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass ihr in Deutschland Togoer angehörten, die für eine politische Einflussnahme in Togo hinreichendes Gewicht hätten. Nur bei spektakulärer, herausgehobener und nachhaltiger exilpolitischer Tätigkeit könne davon ausgegangen werden, dass togoische Stellen diese zur Kenntnis nähmen und zum Anlass von Verfolgungsmaßnahmen machten. Eine solche Gefahr sei in der Person des Klägers jedoch nicht zu erkennen.

Der Bescheid der Beklagten wurde dem Kläger am 2. Januar 2003 zugestellt. Am 13. Januar 2003 hat der Kläger die vorliegende Klage erhoben, zunächst gerichtet auf Anerkennung als asylberechtigt und Feststel...

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