Entscheidungsstichwort (Thema)

Zwingender Widerruf waffenrechtlicher Erlaubnisse gem. § 5 Abs. 1 Nr. 1b WaffG

 

Leitsatz (amtlich)

1. Es begegnet keinen rechtlichen Bedenken, alle rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilten Straftäter ohne Differenzierung nach Art der begangenen Tat als waffenrechtlich unzuverlässig im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 1b WaffG zu betrachten.

2. Auch eine Verurteilung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe (§ 54 StGB) von einem Jahr erfüllt die Widerrufsvoraussetzungen der unter Ziff. 1 genannten Bestimmung. Selbst wenn die bei Bildung der Gesamtstrafe berücksichtigten Einzelstrafen Freiheitsstrafen von deutlich unter einem Jahr von dem übrigen (nur) Geldstrafen gewesen sind.

3. Die nach dem Waffengesetz zuständige Verwaltungsbehörde kann die strafgerichtliche Verurteilung – der rechtskräftig gewordener Strafbefehl gleichsteht – ihrer Widerrufsentscheidung zu Grunde legen, ohne überprüfen zu müssen, unter welchen prozessualen, unter anderem auch prozessökonomischen – Voraussetzungen es zu der Verurteilung im Strafverfahren gekommen ist. Der Inhaber waffenrechtlicher Erlaubnisse kann im Verwaltungsverfahren nicht (mehr) einwenden, er habe im Ermittlungs/Strafverfahren niemals ein Geständnis abgelegt, sondern im Wege eines “Deals” mit der Staatsanwaltschaft einen Strafbefehl nur deshalb akzeptiert, um den als Folge einer öffentlichen Hauptverhandlung im Strafverfahren von ihm befürchteten negativen Auswirkungen auf das Ansehen seiner Person und seiner Familie zu vermeiden.

 

Normenkette

GG Art. 3 Abs. 1; StGB § 14 Abs. 1 Nrn. 1-2, § 46 Abs. 1-2, §§ 52-54, 56, 266a Abs. 1, § 283 Abs. 1 Nrn. 5, 7b, Abs. 5; StPO § 407 Abs. 2, § 410 Abs. 3; HGB §§ 130a, 130b, 177a; GmbHG § 84 Abs. 1 Nr. 2; SVwVfG § 37; WaffG § 4 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 1, § 5 Abs. 1 Nr. 1b, Abs. 2 Nr. 1a, § 45 Abs. 2, § 46 Abs. 2

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.

Diese Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Dem Kläger wird gestattet, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung eines Betrages in Höhe der aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss ersichtlichen Kostenschuld abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Der Streitwert wird auf 14.750,– Euro festgesetzt.

 

Tatbestand

Dem Kläger wurden nach einer ersten Waffenbesitzkarte vom 20.06.1975 in den folgenden Jahren, zuletzt am 28.08.1984, insgesamt vier Waffenbesitzkarten ausgestellt, in denen derzeit drei Pistolen, drei Revolver, vier Repetier-Büchsen und zwei Doppelflinten – insgesamt also zwölf Waffen – eingetragen sind. Der Kläger ist weiter berechtigt, die für die Nutzung dieser Waffen erforderliche Munition zu erwerben und zu besitzen.

Im Rahmen einer Regelüberprüfung der waffenrechtlichen Zuverlässigkeit erhielt die Beklagte durch die ihm übermittelte Auskunft aus dem Zentralregister des Generalbundesanwalts beim Bundesgerichtshof vom 02.01.2006 Kenntnis von einer Verurteilung des Klägers durch das Amtsgericht Trier vom 07.07.2005 (2050 Js 16444/04-2115 VRS 1275105) – rechtskräftig seit dem 26.07.2005 – wegen Bankrotts in drei Fällen zu einer Geldstrafe in Höhe von 80 Tagessätzen zu je 15,– Euro.

Dies nahm die Beklagte unter dem 13.03.2006 zum Anlass, dem Kläger unter Vorhalt dieser Bestrafung den Widerruf der waffenrechtlichen Erlaubnisse anzudrohen. Gemäß § 5 Abs. 2 Nr. 1a Waffengesetz besäßen in der Regel Personen die erforderliche Zuverlässigkeit nicht, die wegen einer vorsätzlichen Straftat zu einer Geldstrafe von mindestens 60 Tagessätzen verurteilt worden seien, wenn seit dem Eintritt der Rechtskraft der letzten Verurteilung fünf Jahre noch nicht verstrichen seien. Um eine solche vorsätzliche Straftat handele es sich bei der vom Kläger begangenen und rechtkräftig abgeurteilten Straftat wegen Bankrotts in drei Fällen.

Dem Kläger wurde Gelegenheit gegeben, sich bis zum 02.03.2006 zu äußern.

Mit Schreiben vom 17.03.2006 bestellten sich die Prozessbevollmächtigten für den Kläger und trugen nach zwischenzeitlicher Akteneinsicht mit weiterem Schreiben vom 09.05.2006 vor, das dem Kläger vorgehaltene Urteil des Amtsgerichts Trier vom 07.07.2005 existiere nicht. Zutreffend sei allein, dass zwischen der Staatsanwaltschaft Koblenz einerseits und der Verteidigung andererseits in dem Ermittlungsverfahren 2050 Js 16444/04-4/05 ein – verfahrensrechtlich zulässiger – “Deal” zum einvernehmlichen Abschluss des Ermittlungsverfahrens vereinbart worden sei, ohne dass der Tatvorwurf “als solcher” eingeräumt worden wäre. Dieser Verfahrensweise hätten Opportunitätserwägungen und die Vermeidung einer öffentlichen Hauptverhandlung zugrunde gelegen. Davon abgesehen sei dem Strafbefehl des Amtsgerichts Trier vom 07.07.2005 nicht zu entnehmen, dass eine vorsätzliche Verletzung des § 283 Abs. 1 Nr. 7b StGB vorgelegen habe. Der Straftatbestand des § 283 Abs. 5 StGB sei im Übrigen auch durch Fahrlässigkeit zu verwirklichen. Deshalb sei der Beklagte zu Unrecht von e...

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