Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen, Einwilligungen zu erteilen bzw. Vereinbarungen zu schließen, die den Luftstreitkräften der Staaten, die in der Bundesrepublik Deutschland Truppen stationiert haben, im Luftraum von 150 bis 300 m über dem Krankenhaus des Klägers vor Eintritt des Spannungs- bzw. vor Feststellung des Verteidigungsfalles Tiefflüge gestatten.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Der Kläger trägt 5/6, die Beklagte 1/6 der Kosten des Rechtsstreits.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Tatbestand

Der Kläger betreibt auf einer ihm gehörenden Liegenschaft im Ortsteil Jugenheim der Gemeinde Seeheim-Jugenheim ein Krankenhaus. Dieses Krankenhaus liegt in einem Gebiet, über dem die Bundeswehr und Luftstreitkräfte von Staaten, die aufgrund völkerrechtlicher Verträge in der Bundesrepublik Deutschland Truppen stationiert haben, Tiefflüge im Höhenband von 150 bis 450 m über Grund durchführen. Die näheren Einzelheiten regelt die den militärischen Flugbetrieb der Bundeswehr ordnende zentrale Dienstvorschrift (ZDv) 19/2 (Flugbetriebsordnung für die Bundeswehr) i.V.m. Anlage 1 „Besondere Anweisung für den Flugbetrieb Nr. 1/77 ‚Tiefflug’ (BesAnFB 1/77)”. Für die Stationierungsstreitkräfte gelten dieselben Tiefflugbestimmungen, sie sind im AFCENT Low Flying Handbook mit den nationalen Tiefflugbestimmungen anderer Bündnisstaaten zusammengefaßt. Stationierungsstreitkräfte unterhalten in der Bundesrepublik Deutschland: Belgien, Frankreich, Großbritannien, Kanada, die Niederlande und die Vereinigten Staaten von Amerika. Die Mindestflughöhe für militärische Tiefflüge in diesen Staaten beträgt durchweg 150 m über Grund, von besonderen Tiefflugstrecken, Tieffluggebieten und taktischen Übungsgebieten abgesehen, in denen niedriger geflogen werden darf. In Großbritannien beträgt abweichend davon die zulässige Mindestflughöhe 75 m, in den Niederlanden 300 m und in Dänemark 600 m über Grund. Die dänischen Streitkräfte haben bei Einflügen in das Bundesgebiet aufgrund eines bilateralen Abkommens seit 1963 ebenfalls diese Höhe einzuhalten.

Das Tiefflugaufkommen der Stationierungsstreitkräfte im Bundesgebiet beträgt ca. 45.000 Stunden jährlich, während die Bundeswehr etwa 25.000 Stunden jährlich Tiefflug übt. Hinsichtlich der Einzelheiten des militärischen Tiefflugbetriebes im Luftraum über der nördlichen Bergstraße, wo das Krankenhaus des Klägers liegt, wird auf das Urteil des Gerichts vom 06.10.1988, Az. III/V E 827/81, NJW 1988, 3170 = DÖV 1989, 38 = NuR 1989, 190 = DWW 1988, 382 = Zeitschrift für Lärmbekämpfung 1989, 23 = Hess. VGRspr. 1988, 83, verwiesen.

Nachdem das Gericht durch Beschluß vom 21.06.1988 das hier zur Entscheidung anstehende Verfahren abgetrennt hatte, hat es durch o.a. Urteil der Klage im übrigen insoweit stattgegeben, als es die Beklagte verurteilt hat, Tiefflüge mit Strahlflugzeugen der Bundeswehr im Luftraum von 150 bis 300 m über den Grundstücken des Klägers, auf denen er in Seeheim-Jugenheim das Krankenhaus betreibt, vor Eintritt des Spannungs- bzw. vor Feststellung des Verteidigungsfalles zu unterlassen. Soweit der Kläger darüber hinaus verlangt hat, die entsprechenden Tiefflüge auch im Höhenband von 300 m bis 450 m über Grund zu unterlassen, hat das Gericht die Klage abgewiesen. Die Beteiligten haben gegen dieses Urteil Berufung eingelegt, die Sache ist derzeit vor dem Hess. Verwaltungsgerichtshof in Kassel anhängig (2 UE 4533/88).

Während es in dem o.a. Verfahren um die Tiefflüge der Bundeswehr ging, wendet sich der Kläger in diesem Verfahren gegen die Tiefflüge der Luftstreitkräfte der Staaten, die aufgrund völkerrechtlicher Verträge in der Bundesrepublik Deutschland Truppen stationiert haben (Stationierungsstaaten). Zwischen den Stationierungsstaaten und der Beklagten finden Verhandlungen über die Reduzierung des Tiefflugaufkommens der Stationierungsstreitkräfte über dem Bundesgebiet statt (vgl. u.a. Ausführungen des ehemaligen Verteidigungsministers Dr. Scholz vor dem Deutschen Bundestag, Plenarprotokoll 11/101, 6949, Pari. Staatssekretär Hürland-Büning vor dem Deutschen Bundesrat, Plenarprotokoll 594, 404; Antwort der Bundesregierung auf eine kleine Anfrage am 18.07.1989, BT-Drucks. 11/4968). Inzwischen haben sich die alliierten Streitkräfte bereit erklärt, bei einem Konzept zur Reduzierung der Tiefflugübungen mitzuarbeiten. Sie prüfen, in welchem Umfang sie die Tiefflüge von der Bundesrepublik in andere Gebiete verlagern können. Die amerikanischen Streitkräfte haben angekündigt, auf einen Teil ihrer Tiefflugübungen über dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland verzichten zu wollen (so Ministerpräsident Dr. Wallmann am 11.07.1989 vor dem Hess. Landtag, Plenarprotokoll 12/81, 4505).

Der Kläger, der am 27.04.1981 Klage erhoben hat, macht geltend, daß die militärischen Tiefflüge ihn bei dem Betrieb seines Krankenhaus, insbesondere wegen der damit verbundenen Lärmentwicklung, unzumutbar stören. Im einzelnen wird insoweit auf den Tatbestand des o.a. Urteils vom 06.10.1988 ve...

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