Nachgehend

BVerfG (Beschluss vom 29.10.1999; Aktenzeichen 1 BvR 1996/97)

 

Tenor

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen.

Der Wert des Streitgegenstandes (nach der Trennung) wird auf 24.000,– DM festgesetzt.

 

Gründe

Die Antragstellerin, die durch notariellen Vertrag vom 18. November 1991 sämtliche Ansprüche der früheren Antragstellerin zu 2) auf Rückübertragung, Rückgabe und Entschädigung nach dem Vermögensgesetz erworben und dies durch Schriftsatz vom 4. September 1992, eingegangen beim Landesamt zur Regelung offener Vermögensfragen Suhl am 15. September 1992, angezeigt hat, begehrt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer am 7. April 1997 erhobenen Klage VG 9 A 145.97 gegen den auf § 7 Abs. 1 Satz 3 GVO gestützten … Investitionsvorrangbescheid der Antragsgegnerin vom 20. März 1997, mit dem diese festgestellt hat, daß die Veräußerung des Grundstücks … in …, verzeichnet im Grundbuchblatt von …, Grundbuchblat … Flur … Flurstück … und … mit allen aufstehenden Gebäuden, Baulichkeiten etc. an den Beigeladenen durch Vertrag vom 7. September 1994 investiven Zwecken gedient habe.

Der Antrag der Antragstellerin nach § 80 Abs. 5 VwGO ist mangels Antragsbefugnis unzulässig.

§ 4 Abs. 5 InVorG findet entgegen der Annahme der Antragstellerin auch im Verfahren nach § 7 Abs. 1 Satz 3 GVO – nach Durchführung sämtlicher Investitionen – Anwendung. Denn der Gesetzgeber des 2. VermRÄndG wollte den Zessionar eines Rückübertragungsanspruches, der nicht Angehöriger des Anmelders ist, künftig schlechthin von einer Beteiligung am Investitionsvorrangverfahren ausschließen, weil diesem das ideelle Interesse an der Rückgabe im Wege der Naturalrestitution fehlt, er vielmehr regelmäßig nur ein wirtschaftliches Motiv hat, sich also in seinen Interessen nicht wesentlich von denen anderer Investoren unterscheidet (BVerwG, Urteil vom 6. April 1995 – 7 C 10.94 –, VIZ 1995, 412, 413). Dieser Schutzzweck des § 4 Abs. 5 InVorG gilt jedoch gleichermaßen für den Fall noch bevorstehender Investitionen wie für den Fall des nachträglichen Ergehens eines Investitionsvorrangbescheids nach § 7 Abs. 1 Satz 3 GVO.

Zu Unrecht geht die Antragstellerin auch davon aus, § 4 Abs. 5 InVorG sei im vorliegenden Fall nicht anwendbar, da die dreimonatige Anzeigefrist für die Abtretung des Rückübertragungsanspruches in der Überleitungsvorschrift des Art 14 Abs. 5 Satz 4 des 2. VermRÄndG nicht bereits am 2. April 1992, sondern am 26. Juni 1992 – dem endgültigen Beschluß des Bundestages über dieses Gesetz – begonnen habe, die am 15. September 1992 eingegangene Abtretungsanzeige also noch rechtzeitig erfolgt sei.

Die Annahme der Antragstellerin, der Gesetzgeber könne übersehen haben, daß die dreimonatige Anzeigefrist bei Inkrafttreten des Gesetzes am 22. Juli 1992 abgelaufen war, ist nicht haltbar. Diesem ging es bei der Anknüpfung der Frist an das Datum „2. April 1992” vielmehr offensichtlich darum, möglichst bald, d.h. noch vor Inkrafttreten des Gesetzes, Klarheit hinsichtlich der Beteiligten am Investitionsvorrangverfahren zu schaffen. Schließlich spricht auch die unveränderte Übernahme dieser Regelung in § 28 Abs. 2 Satz 3 InVorG durch Art. 1 Ziffer 15 des Wohnraummodemisierungssicherungsgesetzes vom 17. Juli 1997 trotz der vielfältigen Kritik hieran gegen die Annahme, insoweit könne ein Versehen des Gesetzgebers vorgelegen haben.

Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Regelung in Art. 14 Abs. 5 Satz 4 des 2. VermRÄndG bzw. § 28 Abs. 2 Satz 3 InVorG n.F. bestehen nicht. Das gilt unabhängig davon, ob hierdurch Oberhaupt der Schutzzweck der verfassungsrechtlichen Eigentumsgarantie berührt wird (ablehnend das Bundesverwaltungsgericht im oben genannten Urteil vom 6. April 1995). Denn diese Regelung entfaltet nicht etwa eine mit dem Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG bzw. dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nicht vereinbare unzulässige Rückwirkung, wie die Antragstellerin unter Bezugnahme auf eine in der Literatur verbreitete Auffassung meint (vgl. Dres. Domberger zum Zweiten Vermögensrechtsänderungsgesetz, DB 1992, 1613, 1614; Kuhlmey, in: Rodenbach/Söfker/Lochen, Investitionsvorranggesetz, § 4 Rdnr. 45; Strohm, Beratungspraxis zu Ost-Immobilien nach dem 2. VermRÄndG, NJW 1992, 2849, 2851; Zenneck in: Rädler/Raupach/Bezzenberger, Vermögen in der ehemaligen DDR, Band II § 4 InVorG, Rdnr 70; Dr. Uechtritz, Das Zweite Vermögensrechsänderungsgesetz, BB 1992, 1649, 1660).

Ein Fall der sogenannten „echten Rückwirkung” ist vorliegend nicht gegeben. Eine solche liegt nämlich lediglich dann vor, wenn eine Regelung nicht nur an Tatbestandsmerkmale anknüpft, die der Vergangenheit angehören, sondern rückwirkend auch „Rechtsfolgen des vergangenen tatbestandlichen Handelns” ändert, da eine nachträglich belastende Änderung der bereits eingetretenen Rechtsfolgen vor dem Rechtsstaatsprinzip stets besonderer Rechtfertigung bedarf (ständige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgericht...

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