Entscheidungsstichwort (Thema)

Versammlungsrecht. Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO

 

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.

2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Der Streitwert wird auf 2.000,00 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Mit Schreiben vom 19.08.2001 meldete der Antragsteller beim Landratsamt Wunsiedel i. F. eine Veranstaltung unter offenem Himmel in Wunsiedel mit dem Thema „Gedenken an Rudolf Heß” am 16.08.2003 in der Zeit von 10.00 bis 22.00 Uhr an. Mit Schreiben vom 14.04.2002 änderte der Antragsteller die Route der Demonstration.

Die Veranstaltung soll als Marsch durch die Innenstadt von Wunsiedel – ohne Mitführung von Fanfaren oder Trommeln – mit Ansprachen auf dem Festplatz sowie einem Rahmenprogramm mit Musikdarbietungen durchgeführt werden. Beginnen soll die Veranstaltung auf dem Festplatz am Burgermühlweiher, durch die Hofer Straße, Goethestraße, Friedrich-Meinel- Straße, Bibersbacher Straße, Dr.-Friedrich-Heß-Straße, Nordendstraße, Schulstraße, Markgrafenstraße, Egerstraße, Maximilianstraße und Hofer Straße zum Festplatz führen und dort enden. Versammlungsleiter ist der Antragsteller. Als Redner auf dem Festplatz sind der Antragsteller vorgesehen sowie weitere Personen, die noch kurzfristig vor der Veranstaltung bekanntgegeben werden sollen. Der Antragsteller beabsichtigt, maximal 10 Ordner auf die ersten 100 Teilnehmer und maximal 1 Ordner pro 25 weitere Teilnehmer einzusetzen. Es wird ferner beantragt, einen Lautsprecherwagen zu genehmigen, sowie auf jeweils 150 Personen ein Megaphon zu gestatten. Eine voraussichtliche Teilnehmerzahl wurde nicht genannt.

Der Antragsteller führt weiter folgendes aus: Es gälten die Zusagen, dass gewaltbereite Personen und Vermummte nicht zugelassen werden, Teilnehmer aufgefordert würden, nicht mit Waffen zu erscheinen, Fahnenstangen und Transparentstangen nicht stärker und höher sein dürften, als im Auflagenbescheid vom 17.08.2001 erwähnt, durch den Versammlungsleiter nicht zu strafbaren Handlungen aufgerufen werde und gewaltbereite Personen den Aufzug zu verlassen hätten. Wenn die Stadt Wunsiedel den Festplatz nicht oder nur zu unattraktiven Bedingungen zur Verfügung stelle, fänden die Reden etc. als Zwischenkundgebungen auf der Hofer Straße statt. Da nach Äußerungen des Landrats bereits jetzt feststehe, dass die Veranstaltung vom Landratsamt verboten werde, sei nicht beabsichtigt, an einem sog. Kooperationsgespräch teilzunehmen.

Am 26.06.2003 hörte das Landratsamt den Antragsteller zu dem beabsichtigten Verbot der Versammlung am 16.08.2003 an.

Mit Bescheid vom 10.07.2003 verbot das Landratsamt Wunsiedel i. F. unter Anordnung der sofortigen Vollziehung die vom Antragsteller für den 16.08.2003 angemeldete Veranstaltung sowie jede Form von Ersatzveranstaltungen sowohl unter freiem Himmel als auch in geschlossenen Räumen im Bereich des Stadtgebietes Wunsiedel. Der umfangreichen Begründung ist u.a. zu entnehmen, dass sich aus dem zu erwartenden Teilnehmerkreis eine unmittelbare Gefährdung der öffentlichen Sicherheit ergebe. Der Versammlungsanmelder und – leiter sei der rechtsextremen Szene zuzurechnen und Vorstandsmitglied von mehreren inzwischen verbotenen Vereinen (z.B. „Heide-Heim e.V.”) gewesen. Darüber hinaus sei er Vorsitzender der „Gesellschaft für biologische Anthropologie, Eugenik und Verhaltensforschung e.V.”, die rassistische Ziele verfolge. Weiterer Anhaltspunkt dafür, dass die Teilnehmer der geplanten Heß-Gedenkkundgebung Rechtsextremisten aus dem In- und Ausland sein werden, bestehe darin, dass das neonazistische „Aktionsbüro Norddeutschland”, das maßgeblich für die Mobilisierung im Jahr 2002 gesorgt habe, seine Freude über Teilnahme und Grußbotschaften ausländischer Teilnehmer erklärt habe.

Die beabsichtigte Kundgebung diene nicht nur dazu, der verstorbenen Person Rudolf Heß zu gedenken. Vielmehr solle Rudolf Heß verherrlicht und glorifiziert werden. Dies lasse sich daraus schließen, dass Rudolf Heß immer wieder als „Märtyrer des Friedens” und „Friedensflieger” bezeichnet werde. Als letzter Überlebender der Kriegsverbrecher des Naziregimes habe sich Rudolf Heß zur zentralen Integrationsfigur aller Rechtsextremisten entwickelt. Von führenden Rechtsextremisten werde gezielt ein entsprechender Mythos aufgebaut und mit stilisierten Geschichtsbildern gearbeitet, die die Tatsachen verfälschten. Beispielsweise werde behauptet, er sei als Parlamentär i.S.d. Haager Landkriegsordnung nach England geflogen und deshalb illegal festgehalten worden. Es werde versucht, eine moralische Aufwertung durch die Darstellung als Friedensflieger und eine Entpolitisierung seines Handelns zu erreichen. Dem stehe jedoch entgegen, dass Heß tatsächlich an der Vorbereitung des „Anschlusses” von Österreich, der Zerschlagung der Tschechoslowakei, dem Angriff auf Polen und dem Überfall auf die Sowjetunion aktiv beteiligt gewesen sei.

Rudolf Heß sei aufgrund seiner Popularität in der rechtsextremistischen Szene zu einem repräsentativen Symbol für diese Szene geworden. Sein Grab habe...

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