Leitsatz

Die Parteien hatten am 8.10.2002 geheiratet. Ende März 2004 zog die Ehefrau aus der ehelichen Wohnung aus. Nach Vortrag des Ehemannes hatten sich die Parteien bereits zuvor - am 1.5.2003 - innerhalb der ehelichen Wohnung voneinander getrennt.

Das Scheidungsverfahren wurde von dem Ehemann mit am 23.9.2004 an die Ehefrau zugestellten Ehescheidungsantrag eingeleitet. Die Scheidung der Ehe wurde durch Verbundurteil vom 29.4.2004 ausgesprochen. Im Rahmen des Berufungsverfahrens stritten die Parteien nur noch über den Anspruch der Ehefrau auf Zahlung nachehelichen Unterhalts.

 

Sachverhalt

Die seit dem 8.10.2002 verheirateten Eheleute trennten sich Ende März 2004. Die Ehefrau zog zu diesem Zeitpunkt aus der Ehewohnung aus. Der Ehemann behauptete, die Parteien hätten bereits zuvor seit dem 1.5.2003 innerhalb der ehelichen Wohnung getrennt gelebt. Die Ehe wurde durch Urteil vom 29.4.2004 geschieden.

Der Ehemann war bis zum 30.9.2004 beamteter Bürgermeister der Stadt T. Die Ehefrau war gelernte Friseurin und erzielte zum Zeitpunkt des Ehescheidungsverfahrens und des Unterhaltsverfahrens kein eigenes Einkommen. Eine von ihr bis zur Eheschließung der Parteien bezogene Witwenrente wurde seither nicht mehr gezahlt. Seit März 2004 bewohnte die Ehefrau mietfrei eine am 2.10.2003 erworbene Eigentumswohnung mit einer Grundfläche von 80 qm und einem von ihr bezifferten Wohnwertvorteil mit monatlich 450,00 EUR.

Im Vorfeld der Scheidung schlossen die Parteien am 17.10.2003 einen notariellen Trennungs- und Ehescheidungsfolgenvertrag, in dem sie Gütertrennung vereinbarten, etwaige Ansprüche auf Zugewinnausgleich ausschlossen und sich über die Verwertung einer im Miteigentum beider stehenden Immobilie einigten. Ferner enthielt dieser Vertrag eine Regelung zur Höhe des von dem Ehemann geschuldeten Trennungsunterhalts. Die Frage des nachehelichen Unterhalts wurde unter Hinweis auf die Bestimmung des § 1579 Nr. 1 BGB ausdrücklich offen gelassen.

Mit ihrer im Verbundverfahren anhängig gemachten Unterhaltsklage nahm die Ehefrau den Ehemann ab Rechtskraft der Scheidung auf nachehelichen Unterhalt in Anspruch. Sie behauptet, eine Trennung sei tatsächlich erst zum Zeitpunkt ihres Auszuges aus der Ehewohnung Ende März 2004 erfolgt, bis dahin hätten die Parteien noch einen gemeinsamen Haushalt geführt.

Das AG hat im Rahmen des ergangenen Verbundurteils den Antrag auf Zahlung nachehelichen Unterhalts zurückgewiesen.

Hiergegen richtete sich die Berufung der Ehefrau, die ohne Erfolg war.

 

Entscheidung

Das OLG ging davon aus, dass der Unterhaltsanspruch der Ehefrau gem. § 1579 Nr. 1 BGB wegen kurzer Ehedauer zu versagen war.

Für die Bemessung der Ehedauer sei nach ständiger Rechtsprechung auf die Zeitspanne zwischen Eheschließung und Rechtshängigkeit des Scheidungsverfahrens abzustellen (BGH v. 26.11.1980 - IVb 542/80, NJW 1981, 754 = FamRZ 1981, 140 [141]); Wendl/Staudigl/Gerhardt, 6. Aufl., § 4 Rz. 638). Maßgeblich war hier der Zeitraum vom 8.10.2002 bis zum 23.9.2004, somit ein Zeitraum unter zwei Jahren.

Mit ihrem Einwand, der Scheidungsantrag sei verfrüht gestellt worden, da eine Trennung erst im März 2004 erfolgt sei, konnte die Ehefrau nach Auffassung des OLG nicht durchdringen. Es konnte nach Auffassung des Senats kein vernünftiger Zweifel daran bestehen, dass die Trennung der Parteien tatsächlich bereits deutlich früher erfolgt war und bei Stellung des Scheidungsantrages bereits mehr als ein Jahr zurücklag. Im Übrigen sei nach einer verbreiteten Auffassung eine verfrühte Antragstellung alleine im Rahmen der nach § 1579 Nr. 1 BGB gebotenen Billigkeitsprüfung zu berücksichtigen.

Die Zeit des tatsächlichen Zusammenlebens der Parteien habe unter einem Jahr gelegen. Zu einer wirklichen Verflechtung der beiderseitigen Lebenssituationen mit einer daraus erwachsenen wirtschaftlichen Abhängigkeit sei es nicht gekommen. Eine wirtschaftliche Verflechtung der beiderseitigen Lebensdispositionen lasse sich auch nicht aus dem Umstand herleiten, dass die Ehefrau ihre bis zur Eheschließung bezogene Witwenrente als Folge der Heirat verlor. Auch dieser Verlust sei bereits unmittelbar durch die Eheschließung als solche - nicht etwa als Folge einer anschließenden Entwicklung wirtschaftlicher Verflechtung im Zug der ehelichen Lebensgemeinschaft - eingetreten. Im Übrigen müsse bei der umfassenden Billigkeitsabwägung berücksichtigt werden, dass der Rentenanspruch der Ehefrau nach ihrem verstorbenen Ehemann nach erfolgter rechtskräftiger Scheidung ihrer Ehe wieder auflebe, sofern ihr ein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt nicht zustehe.

 

Link zur Entscheidung

OLG Hamm, Urteil vom 16.12.2005, 11 UF 138/05

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