Leitsatz

Die Parteien stritten im Verbundverfahren noch über den nachehelichen Unterhalt. Aus ihrer Ehe waren zwei in den Jahren 1995 und 2001 geborene Kinder hervorgegangen. Nach der Trennung der Parteien lebte das jüngere Kind, der im August 2001 geborene Sohn, im Haushalt seiner Mutter, die Tochter bei dem Vater.

Der Ehemann hatte während des Zusammenlebens der Parteien eine Vollzeitbeschäftigung als Pilot ausgeübt. Ab Juli 2005 reduzierte er seine Tätigkeit auf 75 %, ab 1.4.2006 auf 50 %. Seit November 2007 arbeitete er wieder zu 75 %. Die Ehefrau übte eine Teilzeitbeschäftigung aus, darüber hinaus verfügte sie über Mieteinnahmen.

Mit Verbundurteil hat das erstinstanzliche Gericht den Ehemann verurteilt, an die Ehefrau nachehelichen Elementarunterhalt i.H.v. 769,00 EUR und Altersvorsorgeunterhalt i.H.v. monatlich 231,00 EUR zu zahlen. Ferner wurde der Ehemann zur Zahlung von Zugewinnausgleich i.H.v. ca. 25.000,00 EUR an die Ehefrau verurteilt.

Beide Parteien legten gegen das erstinstanzliche Urteil Rechtsmittel ein. Beide Rechtsmittel hatten nur zu einem geringen Teil Erfolg.

 

Sachverhalt

Siehe Kurzzusammenfassung

 

Entscheidung

Das OLG bejahte einen Anspruch der Ehefrau auf Betreuungsunterhalt, der weder verwirkt, noch - derzeit - zeitlich zu befristen sei.

Der Unterhaltsanspruch der Ehefrau bestehe auch für die Zeit ab 1.1.2008. Dies ergebe sich aus § 1570 Abs. 1 S. 2, 3 BGB n.F. Danach verlängere sich der in § 1570 Abs. 1 S. 1 BGB geregelte "Basisunterhalt" über drei Jahre nach der Geburt des betreuten Kindes hinaus, solange und soweit dies der Billigkeit entspreche, wobei die Belange des Kindes und die bestehenden Möglichkeiten der Kinderbetreuung zu berücksichtigen seien.

Auch wenn damit hinsichtlich der Erwerbsobliegenheit des unterhaltsberechtigten Ehegatten nicht mehr das bisherige Altersphasenmodell zum Tragen komme, sei - nicht zuletzt im Interesse der Rechtssicherheit - für den Regelfall eine gewisse schematisierende Betrachtungsweise angemessen und geboten, von der aufgrund besonderer Umstände jederzeit abgewichen werden könne.

Danach werde im Allgemeinen dem betreuenden Elternteil nicht sogleich nach Ablauf von drei Jahren nach der Geburt des Kindes eine über den Umfang einer Geringverdienertätigkeit hinausgehende Beschäftigung anzusinnen sein. Als zeitliche Zäsur, ab der gewöhnlich eine Halbtagstätigkeit zu erwarten sei, sah das OLG den Eintritt des Kindes in die zweite Grundschulklasse für angemessen an. Eine Obliegenheit zur Vollerwerbstätigkeit werde im Regelfall nicht vor dem 15. Lebensjahr des betreuten Kindes anzunehmen sein.

Lege man diese Maßstäbe zugrunde, gehe die Ehefrau derzeit noch in ausreichendem Umfang einer Beschäftigung nach. Ebenso sei auch der Ehemann gegenwärtig nicht gehalten, seine Erwerbstätigkeit auszuweiten. Die Unterhaltsbemessung erfolge daher auf der Grundlage der aktuellen tatsächlichen Einkünfte der Parteien. Fiktive Einkünfte seien nicht heranzuziehen.

Eine Verwirkung des Unterhaltsanspruchs der Ehefrau wegen Umgangsvereitelung war nach Auffassung des OLG nicht anzunehmen. Hiervon sei nur dann auszugehen, wenn der unterhaltsberechtigte Ehegatte mit äußerster Hartnäckigkeit gerichtlichen Anordnungen zuwidergehandelt habe, wobei selbst die Errichtung einer Ergänzungspflegschaft bzw. die Festsetzung von Zwangsgeld wirkungslos geblieben sei. Eine derartige Fallgestaltung liege nicht vor.

Auch eine Befristung des Anspruchs aus § 1570 BGB nach § 1578b BGB war nach Auffassung des OLG nicht auszusprechen. Das von der Ehefrau betreute Kind sei am 18.8.2001 geboren. Ein Betreuungsunterhalt komme jedenfalls bis zum Erreichen des 15. Lebensjahres des Kindes in Betracht. Wenn derzeit keine Auffälligkeiten in der Entwicklung des Kindes feststellbar seien, lasse sich heute dessen zukünftige Betreuungsbedürftigkeit nicht ausreichend sicher beurteilen.

 

Link zur Entscheidung

OLG Nürnberg, Urteil vom 19.05.2008, 10 UF 768/07

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