Leitsatz

Ermächtigt ein Beschluss einer Wohnungseigentümerversammlung seinem Wortlaut nach den Verwalter, "alte" Verwaltungsunterlagen zu vernichten und wird eine Aufbewahrungsfrist lediglich für Bankbelege (10 Jahre) und sonstige Unterlagen (6 Jahre) beschlossen, ist ein solcher Beschluss nichtig.

 

Fakten:

Der Verwalter hatte folgenden Beschlussantrag zur Abstimmung gestellt: "Der Verwalter stellt den Antrag, alte Verwaltungsunterlagen vernichten zu dürfen und erklärt, dass Bankbelege zehn Jahre und sonstige Unterlagen sechs Jahre lang aufzubewahren sind und der Verwalter die Unterlagen gem. den o.a. Fristen vernichten kann." Der entsprechende Beschluss wurde zwar einstimmig gefasst, ist jedoch nichtig. Gerade deshalb, weil spezialgesetzliche Bestimmungen für die Aufbewahrung von Verwaltungsunterlagen einer Eigentümergemeinschaft nicht existieren, entspricht es allgemeiner Meinung, dass die handels- und steuerrechtlichen Vorschriften über die Aufbewahrungsfristen analog heranzuziehen sind. Hieraus folgt, dass für Jahresabrechnungen, Wirtschaftspläne und Buchungsbelege eine zehn-sowie für Korrespondenz eine sechs-jährige Aufbewahrungspflicht gilt. Darüber hinaus aber sind bestimmte Unterlagen dauerhaft aufzubewahren. Dies gilt namentlich für die Teilungserklärung, die Versammlungsprotokolle und die Beschluss-Sammlung. Insoweit bestehen zunächst keine grundsätzlichen Bedenken, dass dem Verwalter durch den angegriffenen Beschluss die Möglichkeit zur Vernichtung von "Verwaltungsunterlagen" eingeräumt worden ist. Jedoch bezieht sich die zehn-jährige Aufbewahrungspflicht nach dem Wortlaut des Beschlusses lediglich auf Bankbelege, für die "sonstigen Unterlagen" soll eine Aufbewahrungsfrist von nur sechs Jahren gelten. Danach werden nach dem Wortlaut des Beschlusses von der sechs-jährigen Aufbewahrungsfrist auch Jahresabrechnungen und Wirtschaftspläne erfasst. Hierdurch ist der Verwalter insoweit zu einer unzulässigen vorzeitigen Vernichtung der Unterlagen ermächtigt worden.

 

Link zur Entscheidung

AG Bad Segeberg, Urteil vom 08.12.2011, 17 C 186/10AG Bad Segeberg, Urteil vom 8.12.2011 – 17 C 186/10

Fazit:

Darüber hinaus differenziert der Beschluss seinem Wortlaut nach nicht nach den übrigen Unterlagen, die dauerhaft aufzubewahren sind, insbesondere der Versammlungsprotokolle und der Beschluss-Sammlung. Nach dem Wortlaut des Beschlusses ist der Verwalter also unter Verkürzung zwingender Aufbewahrungsfristen zu einer vorzeitigen Vernichtung von Verwaltungsunterlagen ermächtigt. Dies führt zur Nichtigkeit des Beschlusses.

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