1 Leitsatz

Sofern nicht eine Vereinbarung eine entsprechende Beschlusskompetenz einräumt, fehlt den Wohnungseigentümern die Beschlusskompetenz, Nicht-Wohnungseigentümer bzw. Dritte zum Verwaltungsbeirat zu bestellen.

2 Normenkette

§ 29 Abs. 1 Satz 2 WEG

3 Das Problem

Die Wohnungseigentümer bestellen im August 2020 den Ehemann Z einer Wohnungseigentümerin sowie Wohnungseigentümer X und Wohnungseigentümer Y zu Verwaltungsbeiräten. Gegen diesen Beschluss geht Wohnungseigentümer K vor. Er ist der Ansicht, die Bestellung eines Nicht-Wohnungseigentümers widerspreche einer ordnungsmäßigen Verwaltung. Die beklagten Wohnungseigentümer führen an, der Ehemann sei bereits in früheren Jahren im Einverständnis sämtlicher Wohnungseigentümer Verwaltungsbeirat gewesen. Im Übrigen habe sich außer X und Y kein Wohnungseigentümer gefunden, der bereit gewesen sei, sich zum Verwaltungsbeirat bestellen zu lassen.

4 Die Entscheidung

Die Anfechtungsklage hat Erfolg! Der angefochtene Beschluss widerspreche einer ordnungsmäßigen Verwaltung. Nach der bis zum 30.11.2020 gültigen Fassung des § 29 Abs. 1 Satz 2 WEG, auf die es ankomme, habe den Wohnungseigentümern eine Beschlusskompetenz gefehlt, Nicht-Wohnungseigentümer bzw. Dritte zum Verwaltungsbeirat zu bestellen.

Aus diesem Grund sei auch der weitere Beschluss für ungültig zu erklären. Der Rechtsgedanke des § 139 BGB, der auch bei einer Beschlussanfechtung zu beachten sei, führe dazu, dass der gesamte Beschluss "infiziert" sei. Es sei von einer einheitlichen Willensbildung der Wohnungseigentümer auszugehen, sämtliche der im Beschluss genannten Personen zum Verwaltungsbeirat zu bestellen. Es könne daher nicht davon ausgegangen werden, dass die Wohnungseigentümer die Wohnungseigentümer X und Y ohne Z zu Verwaltungsbeiräten bestellt hätten.

5 Hinweis

Problemüberblick

Im Fall geht es vor allem um die Frage, ob man einen Nicht-Wohnungseigentümer zu einem Verwaltungsbeirat bestellen kann.

Zum Verwaltungsbeirat geeignete Personen

Nach § 29 Abs. 1 Satz 1 WEG können Wohnungseigentümer durch Beschluss zum Verwaltungsbeirat bestellt werden. Wie vom AG ausgeführt, entsprach daher die Wahl eines Nicht-Wohnungseigentümers im alten Recht – und dies gilt auch im neuen Recht – keiner ordnungsmäßigen Verwaltung. Möglich ist es hingegen, einen werdenden Wohnungseigentümer, einen Miteigentümer und selbst einen Treuhänder zum Verwaltungsbeirat zu bestellen. Ein Amtsträger wie der Testamentsvollstrecker, Zwangs- oder Insolvenzverwalter ist hingegen zwar in den meisten Belangen als "Wohnungseigentümer" anzusehen. Für das auf Dauer angelegte Amt des Verwaltungsbeirats ist er aber in der Regel ungeeignet (diese Frage ist streitig).

Ist eine juristische Person oder eine Personengesellschaft Wohnungseigentümer, ist sie "Wohnungseigentümer" i. S. d. § 29 Abs. 1 Satz 1 WEG und kann zum Verwaltungsbeirat bestellt werden (diese Frage ist auch streitig). Der gesetzliche Vertreter eines Wohnungseigentümers, wie beispielsweise seine Eltern, bei Erwachsenen ein Betreuer oder der Vorstand oder Geschäftsführer einer juristischen Person, ist kein Wohnungseigentümer. Die h. M. hält ihn dennoch für geeignet. Nicht bestellt werden kann hingegen der Gesellschafter eines Wohnungseigentümers.

Teilnichtigkeit

Sofern ein Beschluss – wie im Fall – teilbar ist und ein Mangel nur Teile des Beschlusses erfasst, oder sofern nur ein Beschlussteil nichtig ist, ist es vorstellbar, einen Beschluss nur teilweise für ungültig zu erklären oder nur für bestimmte Teile festzustellen, dass sie nichtig sind.

Die Möglichkeit, einen Beschluss nur teilweise für ungültig zu erklären, setzt entsprechend § 139 BGB die Überzeugung des Gerichts voraus, dass nach dem tatsächlichen oder hypothetischen Willen der Wohnungseigentümer zweifelsfrei davon auszugehen ist, dass diese den Beschluss auch als Teilregelung gefasst hätten. Die Voraussetzung ist erfüllt, wenn anzunehmen ist, dass die Wohnungseigentümer bei Kenntnis der Teilnichtigkeit das objektiv Vernünftige gewollt hätten, und sie ist nicht erfüllt, wenn der unbeanstandet gebliebene Teil allein keinen Bestand haben kann und nicht anzunehmen ist, dass die Wohnungseigentümer ihn so beschlossen hätten.

Im Fall lehnt das AG eine Teilbarkeit ab, weil bis zum 1.12.2020 stets 3 Personen zu Verwaltungsbeiräten bestellt werden mussten. Seit dem 1.12.2020 ist dies nicht mehr der Fall. Im neuen Recht wäre der Beschluss mithin nur teilweise für ungültig zu erklären gewesen.

6 Entscheidung

AG Hamburg-St. Georg, Urteil v. 20.8.2021, 980a C 29/20

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