Leitsatz

Ein Investmentfonds, in dem das Kapitalvermögen eines Altersversorgungssystems zusammengeführt wird, fällt nicht unter den Begriff "Sondervermögen", dessen Verwaltung mehrwertsteuerfrei sein kann, da die Mitglieder nicht die mit der Verwaltung dieses Fonds zusammenhängenden Risiken tragen und die von den Arbeitgebern an das Altersversorgungsystem gezahlten Beiträge nur der Einhaltung seiner gesetzlichen Verpflichtungen gegenüber seinen Angestellten dient.

 

Sachverhalt

Die vom Vorlagefall betroffene Investment Fund Trustees Ltd. (im Folgenden: Wheels) ist Treuhänderin eines Fonds. In diesem wird das von der Ford Motor Company geschaffene Kapitalvermögen betrieblicher Altersversorgungssysteme zu Anlagezwecken zusammengeführt. Der Fonds zahlt ehemaligen Arbeitnehmern Renten. Während ihrer Beschäftigungsdauer zahlen die dem System (freiwillig) angeschlossene Arbeitnehmer feste Beiträge. Der Arbeitgeber zahlt ebenfalls für die restliche Finanzierung der Rentenleistungen ausreichende Beiträge ein.

Nach Auffassung des britischen Finanzamts und des EuGH ist die Leistung der Wheels als Fondsverwalter nicht steuerfrei nach Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 6 der 6. EG-Richtlinie und Art. 135 Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 2006/112 (vergleichbar mit § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG). Sondervermögen i.S.d. dieser Befreiungsvorschrift sind Fonds, die Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren i.S.d. OGAW-Richtlinie darstellen (vgl. hierzu auch EuGH, Urteil v. 19.07.2012, C-44/11, Deutsche Bank). Die Befreiung von Umsätzen im Zusammenhang mit der Verwaltung von Sondervermögen dient dem ausschließlichen Zweck, beim Publikum beschaffte Gelder für gemeinsame Rechnung in Wertpapieren anzulegen und den Anlegern die Anlage in Wertpapiere durch Fonds etc. durch den Wegfall der Mehrwertsteuerkosten zu erleichtern.

In dem von der Wheels verwalteten Investmentfonds des Ausgangsverfahren wird jedoch das Kapitalvermögen eines Altersversorgungssystems zusammengeführt. Ein solcher Fonds ist kein Publikumsfonds, sondern stellt einen mit dem Beschäftigungsverhältnis verbundenen Vorteil dar, den die Arbeitgeber lediglich ihren Angestellten gewähren. Auch tragen die Mitglieder eines Altersversorgungssystems wie des im Ausgangsverfahren – im Gegensatz zu privaten Anlegern – nicht die Risiken der Verwaltung des Investmentfonds, in dem das Kapitalvermögen dieses Systems zusammengeführt wird. Die Rente eines Angestellten, der Mitglied eines solchen Alterversorgungssystems ist, ist nicht vom Wert des Kapitalvermögens des Systems und den Ergebnissen der von den Verwaltern des Systems getätigten Anlagen abhängig; sie ist allein durch die Dauer seiner Beschäftigung bei dem Arbeitgeber und die Höhe seines vorherigen Gehalts vorgegeben.

 

Link zur Entscheidung

EuGH, Urteil v. 7.3.2013, C-424/11.

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