1 Leitsatz

Der Verwaltervertrag ist in der Regel kein Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten der einzelnen Wohnungseigentümer.

2 Normenkette

§ 26 WEG

3 Das Problem

Wohnungseigentümer K verlangt vom Verwalter B den Erlass einer einstweiligen Verfügung, die Warmwasserversorgung wiederherzustellen. Das AG gibt dem Antrag statt. Danach stellt B die Warmwasserversorgung wieder her. K erklärt seinen Antrag in der Hauptsache daher für erledigt. Dieser Erledigungserklärung schließt sich B nicht an. Fraglich ist, wer die Kosten zu tragen hat.

4 Die Entscheidung

Das LG meint, es sei K. K habe von B die Wiederherstellung nicht verlangen können. Die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums obliege der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, nicht dem Verwalter. B hafte auch nicht aus dem Verwaltervertrag. Dieser Vertrag sei kein Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten der einzelnen Wohnungseigentümer (Hinweis u. a. auf Lehmann-Richter/Wobst, WEG-Reform 2020, § 2 Rn. 60 und a. A. Bärmann/Becker, 15. Auflage 2023, WEG § 27 Rn. 219). Etwas Anderes ergebe sich auch nicht aus der kurz vor der Beschlussfassung im Bundestag verfassten Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses, der zwar noch die Ergänzung in § 43 Abs. 2 Nr. 3 WEG vorgeschlagen und in der Begründung das Rechtsinstitut des Vertrags mit Schutzwirkung zugunsten Dritter angesprochen hatte. Denn auch der Rechtsausschuss habe gesehen, dass dieses Rechtsinstitut nur in Betracht komme, wenn seine Voraussetzungen vorlägen. Dies sei aufgrund der fehlenden Schutzbedürftigkeit der einzelnen Wohnungseigentümer nicht der Fall. Aus § 43 Abs. 2 Nr. 3 WEG – einer verfahrensrechtlichen Zuständigkeitsvorschrift – ergebe sich ebenfalls kein materiell-rechtlicher Anspruch.

5 Hinweis

Problemüberblick

Im Fall will ein Wohnungseigentümer, dass die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer handelt. Liegt es so, muss er die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer verklagen oder, ist es eilig, gegen diese einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung stellen. Der Verwalter kann nicht in Anspruch genommen werden, da er nur Organ der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und nicht selbst verpflichtet ist. Diese Rechtslage ist unumstritten.

Vertrag mit Schutzwirkung für die Wohnungseigentümer

Streitig ist hingegen, ob der Verwalter bei einer Pflichtverletzung nicht nur der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer auf Schadensersatz verpflichtet ist, sondern auch den Wohnungseigentümern. Allerdings geht es bei diesem Streit nur um Schadensersatz, nie um die "Primärleistung" (hier: Herstellung der Warmwasserversorgung). Dass das LG die Frage einer Schutzwirkung anspricht – und gegen die h. M. löst – ist daher überraschend und zeigt, dass Braunschweig ggf. nochmals die Grundlagen in den Blick nehmen sollte.

Bis zu einer Antwort aus Karlsruhe, ob der Verwaltervertrag von Gesetzes wegen ein Vertrag mit Schutzwirkung für die Wohnungseigentümer ist, gibt es im Übrigen 2 Lager: Das eine meint, die Voraussetzungen für einen Vertrag mit Schutzwirkung für die Wohnungseigentümer lägen auch nach der WEG-Reform vor (z. B. Jennißen/Zschieschack, 7. Aufl. 2022, § 27 Rn. 227; Dötsch/Schultzky/Zschieschack, WEG-Recht 2021, Kap. 13 Rn. 90 ff.; BeckOK WEG/Elzer, 50. Ed. 30.9.2022, WEG § 26 Rz. 207). Die anderen lehnen diese Sichtweise aufgrund des neu konstruierten WEG ab (z. B. AG Wiesbaden, Urteil v. 16.8.2022, 91 C 650/22 (78); Wobst, ZWE 2021, 17 (19); Abramenko, Das neue Wohnungseigentumsrecht, 2020, § 5 Rn. 33; Lehmann-Richter/Wobst, WEG-Reform 2020, Rn. 60; ohne Stellungnahme LG München, Beschluss v. 16.2.2022, 36 T 1514/22). Überzeugender ist die erste Ansicht! Der Anspruch des Wohnungseigentümers aus dem Verwaltervertrag ist nicht subsidiär gegenüber dem Anspruch gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer aus § 31 BGB. Im Übrigen ist die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ein Dritter. Etwas anderes wäre nur anzunehmen, wenn man bereits die Amtspflichten als drittschützend ansehen würde.

Was ist für die Verwaltung besonders wichtig?

Die Verwaltung kann für Klarheit sorgen und mit der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer vereinbaren, dass der Verwaltervertrag ein Vertrag zugunsten der Wohnungseigentümer ist oder jedenfalls Schutzwirkungen für die Wohnungseigentümer haben soll. Ich sehe darin für die Verwaltungen einen Wettbewerbsvorteil, da sie den Kunden, und das sind wirtschaftlich gesehen die Wohnungseigentümer, eine unmittelbare Haftung versprechen. Das wird aber nicht allgemein so gesehen.

6 Entscheidung

LG Braunschweig, Urteil v. 6.1.2023, 6 S 228/22

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