Im Ergebnis entspricht § 27 Abs. 1 Nr. 2 WEG den früheren Befugnissen des Verwalters hinsichtlich einer Notgeschäftsführung, die in § 27 Abs. 1 Nr. 3 WEG a. F. geregelt war. Jedenfalls ist der Verwalter nach wie vor berechtigt und verpflichtet, in dringenden Fällen sonstige zur Erhaltung des Gemeinschaftseigentums erforderliche Maßnahmen zu treffen. Die Verwalterbefugnisse bzw. -verpflichtungen im Rahmen des § 27 Abs. 1 Nr. 2 WEG korrespondieren mit denen der einzelnen Wohnungseigentümer bezüglich deren Befugnis zur Durchführung von Notmaßnahmen in § 18 Abs. 3 WEG. Droht hier unmittelbar ein Schaden, ist der einzelne Wohnungseigentümer berechtigt, ohne Zustimmung der anderen Wohnungseigentümer entsprechende Maßnahmen einzuleiten. Die Rechte und Pflichten des Verwalters nach § 27 Abs. 1 Nr. 2 WEG gehen jedoch weiter. Voraussetzung für ein Handeln des Verwalters ist hier nicht der unmittelbar drohende Schaden, ausreichend ist, dass ein umgehendes Handeln erforderlich ist.

Grundsätzlich muss der Verwalter zwar auch in eilbedürftigen Fällen unter Verkürzung der gesetzlichen oder vereinbarten Ladungsfrist möglichst einen Beschluss der Wohnungseigentümer herbeiführen. Liegt jedoch ein Fall vor, der wegen seiner Dringlichkeit eine vorherige Einberufung einer Eigentümerversammlung nicht zulässt, kann der Verwalter ohne Beschluss handeln.[1] Dies kann er zwar ohnehin, wenn die Eilmaßnahme nicht zu erheblichen Verpflichtungen führt. Allerdings kann dies im Einzelfall durchaus auch einmal anders sein. Dann sind folgende Grundsätze zu beachten:

Eilbedürftigkeit

Im Sinne einer Nachteilsabwendung ist ein umgehendes Handeln des Verwalters dann erforderlich, wenn die Erhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums gefährdet wäre, sollte nicht umgehend gehandelt werden. Dringende Fälle entstehen in der Regel durch Zufall oder höhere Gewalt, etwa

  • Brand,
  • Explosion,
  • Überschwemmung,
  • Leck einer Gasleitung,
  • Ausfall der Heizungsanlage,
  • Bruch oder Verstopfung einer Versorgungs- oder Abwasserleitung.

Dringende Maßnahmen i. S. v. § 27 Abs. 1 Nr. 2 WEG sind auch solche, die nicht unmittelbar der Reparatur bzw. Erhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums dienen, wie etwa auch der Abbruch einer Mauer wegen Einsturz- oder Brandgefahr.

Erfordert ein dringender Fall sofortiges Handeln des Verwalters, hat dieser alles Erforderliche zu unternehmen, um die drohende Gefahr abzuwenden. Er ist in diesem Zusammenhang insbesondere berechtigt, Handwerkeraufträge zu vergeben. Die Befugnis des Verwalters erstreckt sich allerdings nur auf erforderliche Maßnahmen, d. h. in der Regel solche Notmaßnahmen, die zur Beseitigung einer Gefahrenlage oder zur Verhinderung von Folgeschäden notwendig erscheinen.[2]

Zwar kein dringender Fall im engeren Sinn, aber dennoch eine entsprechende Handlungsbefugnis und -verpflichtung besteht auch dann, wenn sich bei Durchführung einer beschlossenen Erhaltungsmaßnahme herausstellt, dass weitergehender Instandsetzungsbedarf besteht und wiederum die Durchführung einer Wohnungseigentümerversammlung nicht abgewartet werden kann.[3]

Schadensersatzpflicht droht

Sind die Voraussetzungen einer Notgeschäftsführung nicht gegeben und setzt sich der Verwalter über die Beschlusskompetenz der Eigentümerversammlung hinweg, indem er Maßnahmen in Auftrag gibt, die im Einzelfall zu erheblichen Kosten führen, hat er der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer den gesamten ihr daraus entstandenen Schaden zu ersetzen. Dazu gehört der gesamte Werklohn, den der Verwalter zu Unrecht aus Mitteln der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer an den Unternehmer gezahlt hat.[4] Freilich muss sich die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer dasjenige anspruchsmindernd anrechnen lassen, was ohnehin erforderlich war und aufgrund entsprechender Beschlussfassung durchgeführt worden wäre.

Notmaßnahme im Sondereigentum

Eilbedürftig ist auch ein Schaden in einem Sondereigentum, der zu einer konkreten Gefährdung des Gemeinschaftseigentums führen kann, wie beispielsweise ein Wasserschaden bzw. Wasserrohrbruch in einer Sondereigentumseinheit. In einem solchen Fall kann auch ohne entsprechenden Duldungstitel in das Sondereigentum eingegriffen werden, was sich aus § 14 Abs. 1 Nr. 2 WEG ergibt. Im Ernst- und dringenden Notfall ist der Verwalter berechtigt, sich in Abwesenheit des Wohnungseigentümers Zugang zur Wohnung zu verschaffen, um Maßnahmen der Schadensbeseitigung durchführen zu können.

Werden dem Verwalter seitens eines Wohnungseigentümers Feuchtigkeitsschäden im Bereich seines Sondereigentums angezeigt, hat der Verwalter die erforderlichen Maßnahmen zur Gefahrenabwehr zu ergreifen und dabei insbesondere die Ursache der Feuchtigkeitsschäden zu erforschen. Er kann hierzu ein Gutachten für die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer in Auftrag geben. Ergibt dieses, dass Ursache der Feuchtigkeitsschäden ein Nutzungsfehlverhalten des Wohnungseigentümers ist, hat dieser die Kosten des Gutachtens zu tragen.

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