Leitsatz

Einen Anspruch auf Unterlassung gegen den Verwalter muss die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer durchsetzen.

Normenkette

§§ 9a Abs. 2, 19 Abs. 1 WEG

Das Problem

Verwalter B bringt im Januar 2021 in 2 Personenaufzügen Schilder an, die die Aufschrift "Bitte Maske tragen" und ein entsprechendes Symbol enthalten. Die Schilder befinden sich an der Eingangstür und in einem Aushangkasten im Eingangsbereich. Wohnungseigentümer K hält dieses Vorgehen für rechtswidrig, da es an einem entsprechenden Beschluss fehle. Auch das öffentliche Recht sehe diese Schilder nicht vor. Die Schilder erzeugten "Angst und Verunsicherung". Es existiere kein wissenschaftlich hinreichender Nachweis, dass eine Maske einen tauglichen Schutz vor Infektionen mit dem SARS-CoV-2-Virus biete. Demgegenüber seien Nachteile durch das Tragen einer Maske zu besorgen. K beantragt daher, B zu verurteilen, die "Masken-Schilder" mit den Aufschriften "Bitte Maske tragen" ersatzlos zu entfernen. B beantragt, die Klage abzuweisen und merkt an, der Verwaltungsbeirat habe ihn angesprochen und auf das hohe Durchschnittsalter der Wohnungseigentümer hingewiesen, von denen viele auf häusliche Pflege angewiesen seien. Der Verwaltungsbeirat habe dazu geraten, Hinweisschilder anzubringen. Folglich handele es sich um eine Verwaltungsmaßnahme, zu deren Anordnung er befugt sei. An einem Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des K fehle es.

Die Entscheidung

Die Unterlassungsklage hat keinen Erfolg! Wohnungseigentümer K sei schon nicht berechtigt, den Anspruch gegen den Verwalter durchzusetzen. Nach § 9a Abs. 2 WEG übe die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer die sich aus dem gemeinschaftlichen Eigentum ergebenden Rechte aus. Das Sondereigentum sei im Fall nicht betroffen. Denn die Schilder hingen lediglich in den Bereichen des gemeinschaftlichen Eigentums, die allgemein zugänglich seien. Würde man bei Verwaltungsmaßnahmen im Bereich des gemeinschaftlichen Eigentums immer zugleich eine Beeinträchtigung des Sondereigentums der einzelnen Wohnungseigentümer annehmen, würde die Unterscheidung zwischen gemeinschaftlichem Eigentum und Sondereigentum an dieser Stelle keinen Sinn mehr machen. K sei auch nicht in individuellen persönlichen Rechtspositionen betroffen. Zwar könne der Verwaltervertrag auch als Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter in Bezug auf einen der Wohnungseigentümer verstanden werden. Voraussetzung für diesen Anspruch sei es aber, dass eine Handlungs- bzw. Unterlassungspflicht des Verwalters bestehe, die ausdrücklich dem (unmittelbaren) Schutz des jeweiligen Eigentümers diene und die vom Verwalter verletzt worden sei. Daran fehle es evident. Denn eine Schutzpflicht gegenüber K in Bezug auf das Unterlassen der Anbringung der Schilder lasse sich nicht feststellen. Ebenso fehle es an einem deliktischen Anspruch etwa aus § 823 Abs. 1 BGB i. V. m. einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts aus Art. 2 GG. Denn die Eingriffsintensität durch die Schilder an sich wie auch das kurzzeitige Tragen der Maske in den Gemeinschaftsanlagen des Gebäudes (Eingangsbereich, Treppenhaus, Personenaufzüge) aufgrund der in den Schildern konstituierten Aufforderung sei derartig gering, dass eine Verletzungshandlung mangels Messbarkeit bereits "per se" ausscheide. K habe auch nicht dargetan, dass ihm insoweit ein Nachteil entstehe.

 

Hinweis

Problemüberblick

Im Fall fühlt sich ein Wohnungseigentümer durch eine Handlung des Verwalters beeinträchtigt. Insoweit muss man fragen, wer den Verwalter auf Unterlassung in Anspruch nehmen kann. Für die Falllösung ist zwischen einer individuellen Beeinträchtigung und einer Beeinträchtigung, die alle Wohnungseigentümer in Bezug auf das gemeinschaftliche Eigentum erfahren, zu unterscheiden. Im Übrigen gibt der Fall, einen Anlass zu fragen, ob der Verwalter nach § 27 Abs. 1 WEG ohne einen Beschluss berechtigt ist, im Bereich des gemeinschaftlichen Eigentums das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung anzuordnen.

Gemeinschaftliches Eigentum

Verletzt der Verwalter seine Pflichten nach § 27 Abs. 1 WEG oder nach § 9b Abs. 1 Satz 1 WEG und ist davon das gemeinschaftliche Eigentum nachteilig betroffen, ist allein die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer berechtigt, gegen den Verwalter vorzugehen. Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer wird dabei durch den Vorsitzenden des Verwaltungsbeirats oder einen durch Beschluss dazu ermächtigten Wohnungseigentümer vertreten. Dem AG ist an dieser Stelle zuzustimmen, dass K nicht berechtigt ist, Beeinträchtigungen der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer oder des gemeinschaftlichen Eigentums selbst zu verfolgen.

Sondereigentum

Verletzt der Verwalter seine Pflichten und wird dadurch ein Wohnungseigentümer an der ungehinderten Benutzung seines Sondereigentums gehindert, ist der Wohnungs- als Sondereigentümer berechtigt, selbst gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer vorzugehen. Das AG meint insoweit, das Sondereigentum sei nicht betroffen. Ich selbst sehe das anders. Vordergründig ist zwar nur das "Hausrecht" ...

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