1 Leitsatz

Die Bestellung einer eng mit dem Vorverwalter verbundenen Person, die auch schon faktisch früher die Verwaltung wahrgenommen hat und deren Abrechnungsbeschlüsse etc. in zahlreichen Gerichtsverfahren für ungültig erklärt wurden, entspricht keiner ordnungsmäßigen Verwaltung.

2 Normenkette

§ 26 Abs. 1 WEG

3 Das Problem

In einer Wohnungseigentumsanlage gibt es nur 2 Wohnungseigentümer (K und B). Mit den Stimmen von Wohnungseigentümer B bestellen sie einen F zum Verwalter. Dieser F war ein Mitarbeiter der X-GmbH, die von Wohnungseigentümer B betrieben wird. Die X-GmbH war in der Wohnungseigentumsanlage früher als Verwalterin tätig. Ihre Bestellung hielten AG und LG u. a. wegen der von ihr erstellten Jahresabrechnungen für nicht ordnungsmäßig.

Wohnungseigentümer K greift den Bestellungsbeschluss an. Er behauptet, F habe die X-GmbH in der Vergangenheit nicht nur vertreten, sondern habe auch alle – unstreitig nicht ordnungsmäßigen – Jahresabrechnungen der X-GmbH erstellt. Sein (des K) Vertrauensverhältnis zu F sei aufgrund der gravierenden Mängel in der Vergangenheit zerrüttet. F fehle es neben einer gewerberechtlichen Erlaubnis nach § 34c GewO auch an einer Zertifizierung nach § 26a WEG, einer Berufshaftpflicht- und einer Vermögensschadenshaftpflichtversicherung. Auf der Versammlung seien Fragen zu den Kontaktdaten und der Verwaltungspraxis von F nicht beantwortet worden.

4 Die Entscheidung

Die Anfechtungsklage hat Erfolg! F habe nicht nur eng mit der X-GmbH zusammengearbeitet, sondern sei "ein integraler Bestandteil der X-GmbH". Dafür spreche neben denselben Geschäftsräumen, der Benutzung derselben SEPA-Lastschriftvollmachten, der gleichen Verwaltungsstruktur, dem Auftreten von F in früheren, von der X-GmbH geleiteten Versammlungen, dem gleichen Verwaltervertrag und der gleichen telefonischen Erreichbarkeit der Umstand, dass die Jahresabrechnungen der X-GmbH, die Gegenstand mehrerer gerichtlicher Auseinandersetzungen waren, von F stammen würden. In einer Zusammenschau sämtlicher Punkte sei die Bestellung von F wie eine Bestellung der X-GmbH zu behandeln und daher nicht ordnungsmäßig.

5 Hinweis

Problemüberblick

Im Fall geht es um die Frage, wann die Bestellung einer Person zum Verwalter einer ordnungsmäßigen Verwaltung widerspricht.

Bestellungsbeschluss und Ordnungsmäßigkeit

Der Beschluss über die Bestellung eines Verwalters kann für ungültig erklärt werden, wenn ein Grund vorliegt, der gegen die Bestellung spricht. Ein solcher Grund ist nach h. M. zu bejahen, wenn unter Berücksichtigung aller, nicht notwendig vom Verwalter verschuldeter Umstände nach Treu und Glauben eine Zusammenarbeit mit dem gewählten Verwalter unzumutbar und das erforderliche Vertrauensverhältnis von vornherein nicht zu erwarten ist.

Dieses kann der Fall sein, wenn Umstände vorliegen, die den Gewählten als unfähig oder ungeeignet für das Amt erscheinen lassen. Die Bestellung des Verwalters widerspricht den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung allerdings erst dann, wenn die Wohnungseigentümer ihren Beurteilungsspielraum überschreiten, wenn es also objektiv nicht mehr vertretbar erscheint, den Verwalter ungeachtet der gegen ihn sprechenden Umstände zu bestellen. So liegt es, wenn die Mehrheit aus der Sicht eines vernünftigen Dritten gegen ihre eigenen Interessen handelt, weil sie – etwa aus Bequemlichkeit – massive Pflichtverletzungen des Verwalters tolerieren will.

6 Entscheidung

AG Wuppertal, Urteil v. 29.9.2021, 95b C 1/21

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