1 Leitsatz

Der Verwalter kann auch dann nach § 26 Abs. 3 Satz 1 WEG jederzeit ohne das Vorliegen eines wichtigen Grunds abberufen werden, wenn das Bestellungsrechtsverhältnis vor dem 1.12.2020 begründet wurde. Der Verwaltervertrag endet auch in einem solchen Fall gemäß § 26 Abs. 3 Satz 2 WEG spätestens 6 Monate nach dessen Abberufung.

2 Normenkette

§ 26 Abs. 1, Abs. 3 WEG

3 Das Problem

K wird am 24.9.2019 für die Zeit vom 1.1.2020 bis zum 31.12.2024 zum Verwalter bestellt. In dem zwischen der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer B und K am 22.10.2019 geschlossenen Verwaltungsvertrag heißt es: "Der Verwaltungsvertrag kann für die Zeit der Vertragsdauer von beiden Vertragsparteien nur aus wichtigem Grund gekündigt werden. Die Kündigung muss schriftlich erfolgen. Der wichtige Grund ist in der Kündigung anzugeben. Die Kündigung durch die Verwalterin kann nur in der Eigentümerversammlung oder schriftlich gegenüber allen Eigentümern erfolgen." Am 25.11.2021 beruft B den K mit sofortiger Wirkung ab und kündigt den Verwaltervertrag aus wichtigem Grund. K verklagt B auf Zahlung in Höhe der restlichen Netto-Verwaltervergütung unter Abzug ersparter Aufwendungen in Höhe von 20 %. Das AG weist die Klage ab. Dagegen richtet sich die Berufung.

4 Die Entscheidung

Teilweise mit Erfolg! K stehe gegen B gem. § 615 Satz 1 und 2 BGB ein um ersparte Aufwendungen reduzierter Vergütungsanspruch für die auf die Abberufung folgenden 6 Monate zu. Ein wichtiger Grund zur Kündigung habe nicht vorgelegen. Zwar habe K bis zur Abberufung die Prämie für die Gebäudeversicherung, eine Erstprämie nach Wechsel des Versicherers, nicht gezahlt. Dass die Gefahr der Leistungsfreiheit (§ 37 Abs. 2 VVG) oder einer jederzeitigen Kündigung des Versicherers (§ 37 Abs. 1 VVG) bestanden habe, habe B aber nicht dargelegt. K sei auch nicht verpflichtet gewesen, von einer Mieterin Grundsteuer anzufordern. Ob K im Zusammenhang mit den Beanstandungen des TÜV eine Pflichtverletzung vorzuwerfen sei, könne offenbleiben, da B den K nicht abgemahnt habe. K stehe nach § 26 Abs. 3 Satz 2 WEG aber nur ein um ersparte Aufwendungen reduzierter Vergütungsanspruch gem. § 615 Satz 1 und Satz 2 BGB für die auf die Abberufung folgenden 6 Monate gem. § 26 Abs. 3 Satz 2 WEG zu. Der verfassungsmäßige § 26 Abs. 3 Satz 2 WEG gelte trotz Art. 170 EGBGB auch in Fällen, in denen das Bestellungsrechtsverhältnis vor dem 1.12.2020 begründet worden sei (Hinweis u. a. auf BGH NZM 2022, 381 Rn. 25 und a. A. Jacoby/Mehde, ZMR 2021, 625 (636)).

5 Hinweis

Problemüberblick

Im Fall wird ein Verwalter abberufen. Das ist seit dem 1.12.2020 auch dann möglich, wenn kein wichtiger Grund besteht. Fraglich ist, ob der Verwalter, gibt es keinen wichtigen Grund (= dann wären Vergütungsansprüche verloren), noch 6 Monate Vergütung erhält (§ 26 Abs. 3 Satz 2 WEG) oder bis zum 31.12.2024. Das LG meint, auch für Altverträge gelte neues Recht. Dieses Denken entspricht dem des BGH. Die besseren Überlegungen von Jacoby/Mehde überzeugen zwar, finden in der Praxis aber bislang keine Gefolgschaft.

Kopplungsklausel

Im Verwaltervertrag hieß es auch wie folgt: "Der Verwaltervertrag wird für die Dauer der Bestellung geschlossen, höchstens für jeweils 5 Jahre. Er beginnt mit dem Anfang der Bestellungszeit und endet mit dessen Ablauf. Endet das Verwalteramt vor Ablauf der Bestellzeit, endet damit zugleich und zeitgleich auch der Verwaltungsvertrag." Das LG meint, diese Klausel sei wirksam. Sie führe aber nicht dazu, dass mit der wirksamen, da nunmehr jederzeit möglichen, Abberufung vom 25.11.2021 gleichsam auch der Verwaltungsvertrag endete. Möglich erscheine eine (ergänzende) Vertragsauslegung dahingehend, dass die Parteien den Gleichlauf von Abberufung und Vertragsende auf die Fälle eines wichtigen Grunds beschränkt hätten, hätten sie um die kommende gesetzliche Regelung gewusst. Jedenfalls könne sich die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer auf eine auch für den Fall der nicht aus wichtigem Grund erfolgten Abberufung anwendbare Kopplungsklausel nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) nicht berufen. Bei Vertragsschluss seien sich die Parteien einig gewesen, dass im Fall einer Abberufung aus wichtigem Grund, eine Kündigung entbehrlich sein sollte und Vertragsverhältnis und Verwalterbestellung zeitgleich enden sollten. Dass damit später eine komplette Änderung des Lösungsrechts der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer vom Verwalter unterlaufen werden würde, hätten die Parteien bei Vertragsschluss nicht ahnen können. Das kann man so sehen. Ich selbst sehe es anders: Der Verwalter muss sich an seiner Klausel festhalten lassen.

Was ist für die Verwaltung besonders wichtig?

Die Entscheidung entspricht der herrschenden Meinung und betrifft das Übergangsrecht. Wichtig ist die Kopplungsklausel: Wer heute eine solche verabredet, verliert auch die 6 Monate Vergütung, die das Gesetz dem Verwalter bei einer Abberufung, die nicht auf einem wichtigen Grund beruht, zubilligt.

6 Entscheidung

LG Frankfurt a. M., Urteil v. 7.9.2023, 2-13 S 6/23

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