Leitsatz

  1. Ein Wohnungseigentümer kann sich auch durch mehrere Stimmrechtsbevollmächtigte vertreten lassen, die allerdings bei gleichzeitiger Anwesenheit in der Versammlung nur einheitlich abstimmen können
  2. Muss nach vereinbarter Beschlussgültigkeitsvoraussetzung ein Protokoll von 2 Eigentümern unterzeichnet werden, besteht Unterzeichnungspflicht von 2 verschiedenen abstimmungsberechtigten natürlichen Personen
 

Normenkette

§§ 23 Abs. 4, 24 Abs. 6 und 25 WEG

 

Kommentar

  1. Stimmrechtsvertretung in der Eigentümerversammlung regelt sich grundsätzlich nach den §§ 164 ff. BGB. Ein Eigentümer kann insoweit auch mehreren Personen entsprechende Vollmacht erteilen. Diese an der Versammlung teilnehmenden Vertreter dürfen allerdings – wie auch mehrere Bruchteilseigentümer eines Wohnungseigentums – das Stimmrecht nur einheitlich gemäß § 25 Abs. 2 Satz 2 WEG ausüben. Mehrere Bevollmächtigte müssen sich dann untereinander abstimmen, wer bzw. wie für den Vollmachtgeber abgestimmt werden soll. Vertretern können auch intern vom Vollmachtgeber Weisungen erteilt werden; andernfalls kann ein Vollmachtgeber mehreren Vertretern auch die Koordinierung untereinander überlassen.

    Das Mehrvertretungsrecht besteht auch dann, wenn – wie vorliegend – die Vertretungseinschränkung vereinbart ist, dass sich Eigentümer nur durch Verwaltung, Ehegatten oder andere Eigentümer vertreten lassen dürfen. In grundsätzlich enger Auslegung einer solchen vertretungseinschränkenden Vereinbarung können also auch aus dem beschränkten Kreis der Vertreter mehrere Personen bevollmächtigt werden. So kann etwa auch ein Beiratsvorsitzender und auch ein weiteres Beiratsmitglied bevollmächtigt werden, ohne dass Vertretern Gesamtvertretungsmacht oder eine klare Abgrenzung zu erteilen ist.

  2. Ist in der Teilungserklärung die Gültigkeit von Beschlüssen von der Protokollierung und Unterzeichnung durch die Verwaltung und zweier weiterer Eigentümer abhängig gemacht, muss ein Beschluss für ungültig erklärt werden, wenn er diesen Vereinbarungserfordernissen nicht genügt (vgl. bereits BGH, Beschluss v. 3.7.1997, V ZB 2/97 im Fall dort vereinbarter Bestimmung der Unterzeichnungspersonen durch die Versammlung als zusätzliches Gültigkeitserfordernis).

    Vorliegend wurde das Protokoll nur von der Verwaltung und dem Beiratsvorsitzenden unterzeichnet. Eine solche "qualifizierte Protokollierungsklausel" dient einer Gegenkontrolle und dem 4-Augen-Prinzip; der Protokollentwurf soll hier von 2 Personen unabhängig voneinander gelesen und auf Vollständigkeit und inhaltliche Richtigkeit überprüft werden, um etwaige Fehler eher erkennen zu können. Nur eine einzige Eigentümerunterschrift kann hier nicht den Effekt intensiverer Prüfung erreichen, sodass auch ein wesentlicher Teil dieser vereinbarten Regelung die ihr zugedachte Funktion einbüßen würde. Aus ähnlichen Gründen wird auch im Rahmen des § 24 Abs. 6 WEG eine Ersetzung des Eigentümers durch den Beiratsvorsitzenden für zweifelhaft gehalten (vgl. OLG Düsseldorf, ZWE 2010 S. 182/183; Spielbauer/Then, WEG, 2. Aufl., § 14 Rn. 42).

  3. Der Verstoß gegen eine solche qualifizierte Protokollierungsklausel wird allerdings als heilbar angesehen (h.M.). Vorliegend musste hierüber nicht entschieden werden, da die Beklagten die eine fehlende Unterschrift nicht nachgeholt hatten; sie hatten dies zwar erwogen, sich aber auf den unzutreffenden Standpunkt gestellt, ein Verstoß gegen die Vereinbarung liege nicht vor.
 

Link zur Entscheidung

BGH, Urteil v. 30.3.2012, V ZR 178/11

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