Leitsatz

Seit Inkrafttreten des FamFG ist streitig, ob § 1795 BGB auf Abstammungsverfahren noch anwendbar ist, weil durch die Reform aus dem ZPO-Streitverfahren eine FG-Familiensache geworden ist. Teilweise wird vertreten, dass Abstammungssachen Streitigkeiten i.S.d. § 1795 Abs. 1 Nr. 1 BGB darstellen mit der Folge, dass die verfahrensbeteiligten Eltern wegen ihrer verfahrensrechtlichen Stellung an der Vertretung des Kindes nicht mehr gehindert sind. Mit eben dieser Frage setzt sich der BGH in seiner Entscheidung auseinander.

 

Sachverhalt

Die Beteiligte zu 1) war die Mutter eines im Jahre 2005 geborenen Kindes. Der Beteiligte zu 3) hatte die Vaterschaft anerkannt. Diese Anerkennung war nicht wirksam geworden, weil die Mutter ihr nicht zugestimmt hatte. Sie und der Beteiligte zu 2) hatten im April 2010 geheiratet. Am 19.4.2010 erkannte der Beteiligte zu 2) mit Zustimmung der Mutter die Vaterschaft zu dem Kind an. Der Beteiligte zu 3) hat in einem weiteren Verfahren als möglicher leiblicher Vater die Vaterschaft des Beteiligten zu 2) angefochten.

In diesem Verfahren hat das AG zur Vertretung des betroffenen Kindes im Anfechtungsverfahren eine Ergänzungspflegschaft angeordnet und das Jugendamt zum Pfleger bestellt. Hiergegen wehrten sich die Beteiligten zu 1) und 2) mit der von ihnen eingelegten Beschwerde, die vom OLG zurückgewiesen wurde. Mit ihrer Rechtsbeschwerde verfolgten die Beteiligten zu 1) und 2) weiterhin das Ziel der Aufhebung der Ergänzungspflegschaft.

 

Entscheidung

Der BGH wies die Rechtsbeschwerde zurück und bestätigte die Rechtsansicht des OLG.

Die Anordnung einer Ergänzungspflegschaft sei notwendig, weil der rechtliche Vater von der Vertretung des Kindes ausgeschlossen sei (§§ 1795 Abs. 2 i.V.m. § 181 BGB).

Der Gesetzgeber habe die gesetzliche Vertretung des Kindes im Abstammungsverfahren nicht geändert. Aus den Neuregelungen im FamFG ergäben sich nur dann Änderungen, wenn die gesetzliche Vertretung durch die sorgeberechtigten Eltern und deren Ausschluss von den Besonderheiten des früheren Verfahrens abhingen. Die Anfechtung der Vaterschaft sei unverändert durch den abstrakten Interessengegensatz von Kind und rechtlichem Vater gekennzeichnet, weil die Beseitigung der Vaterschaft dem Kind die Grundlage für elementare subjektive Rechte entziehe.

Auch wenn durch das Abstammungsverfahren die formale Gegnerschaft von Vater und Kind entfallen sei, könne daraus nicht geschlossen werden, dass dem anfechtenden Vater abweichend vom früheren Recht die Vertretung des Kindes eingeräumt werden sollte, zumal die materiell-rechtliche Frage des Vertretungsausschlusses infolge eines Interessenkonflikts nicht durch die Änderung der verfahrensrechtlichen Stellung beseitigt werden könne.

 

Hinweis

Die Entscheidung des BGH schafft Klarheit in der in Rechtsprechung der OLG und Literatur bislang sehr umstrittenen Frage der Vertretung des Kindes im Abstammungsverfahren, insbesondere im Vaterschaftsanfechtungsverfahren.

Zukünftig wird in der Vielzahl der Fälle ein Ergänzungspfleger für das Kind zu bestellen sein. Mit der Einleitung eines Vaterschaftsanfechtungsverfahrens sollte der jeweilige Anfragsteller zukünftig den Antrag verbinden, für das Kind einen Ergänzungspfleger zu bestellen, um für die ordnungsgemäße Vertretung des Kindes Sorge zu tragen und das Verfahren zu beschleunigen.

 

Link zur Entscheidung

BGH, Beschluss vom 21.03.2012, XII ZB 510/10

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