WEG §§ 24, 25

Sachverhalt

In der Gemeinschaftsordnung heißt es wie folgt: "Ein Wohnungseigentümer kann sich nur durch seinen Ehegatten, einen anderen Wohnungseigentümer aus der Gemeinschaft oder den Verwalter in der Versammlung vertreten lassen. Der Vertreter bedarf einer schriftlichen Vollmacht, die dem Verwalter spätestens vor Beginn der Versammlung auszuhändigen ist." Fraglich ist, ob diese Regelung auf Wohnungseigentümerin K, eine GmbH, der 22 Wohnungseigentumsrechte gehören, überhaupt anwendbar ist. Aus Anlass eines Bestellungsbeschlusses ist ferner streitig, ob sich K in der Versammlung durch einen Mitarbeiter eines Schwesterunternehmens vertreten lassen kann. Verwalter V meint, dies ginge nicht und zählt daher die Stimmen der K bei der Abstimmung nicht mit.

Entscheidung

Der BGH ist der Ansicht, V habe einen Fehler gemacht. Die Vertreterklausel erfasse nach einer ergänzenden (Vertrags-)Auslegung zwar auch juristische Personen. Zweck von Vertretungsklauseln sei es, die Versammlung vor gemeinschaftsfremden Einwirkungen zu schützen. Dieser Zweck bestehe auch gegenüber Wohnungseigentümern, die juristische Personen seien. Nach einer auch ergänzenden (Vertrags-)Auslegung könne sich eine juristische Person aber nicht nur durch ihre organschaftlichen Vertreter, sondern auch durch einen ihrer Mitarbeiter vertreten lassen. Durch die Teilnahme eines aufgrund seiner Zugehörigkeit zu dem Unternehmen der juristischen Person mit den Angelegenheiten der Wohnungseigentümergemeinschaft vertrauten Mitarbeiters werde dem mit der Vertretungsklausel verfolgten Zweck Rechnung getragen, da von ihm gemeinschaftsfremde Einwirkungen nicht zu erwarten seien.

Die Vertretungsklausel sei schließlich ergänzend dahingehend auszulegen, dass sich eine juristische Person jedenfalls auch von einem Mitarbeiter einer zu demselben Konzern gehörenden (weiteren) Tochtergesellschaft vertreten lassen dürfe, wenn diese für die Verwaltung der Wohnungseigentumsrechte zuständig sei. Dieser Mitarbeiter sei nicht als außenstehender Dritter anzusehen. Für die Wohnungseigentümer mache es keinen Unterschied, ob eine juristische Person einen eigenen Mitarbeiter oder einen Mitarbeiter der für die Verwaltung des Wohnungseigentums zuständigen Konzerngesellschaft mit der Vertretung in der Eigentümerversammlung bevollmächtigt.

Hinweis

Ein Wohnungseigentümer kann an einer Versammlung natürlich persönlich teilnehmen. Ein Wohnungseigentümer kann sich in einer Versammlung aber auch vertreten lassen. Denn das Recht, die Versammlungsrechte eines Wohnungseigentümers wahrzunehmen, ist kein höchstpersönliches Recht. Wen ein Wohnungseigentümer als Vertreter bestimmt, ist dabei ebenso wie die Anzahl der Vertreter grundsätzlich seine Sache – soweit die Auswahl nicht rechtsmissbräuchlich oder schikanös ist. Soll es anders sein, können die Wohnungseigentümer etwas anderes vereinbaren. So liegt es im Fall.

Gegenstand der Entscheidung ist nämlich eine Vereinbarung, die den Kreis der möglichen Vertreter einschränkt. Eine solche Vereinbarung wird allgemein als eine "Vertreterklausel" verstanden. Nach einer solchen Vertreterklausel kann sich ein Wohnungseigentümer nicht durch jeden beliebigen Dritten in der Versammlung vertreten lassen, sondern nur durch die in der Vertreterklausel bestimmten Personen. Was insoweit gilt, ist eine Frage der konkreten Vertreterklausel. Nicht immer, aber in der Regel, sind als mögliche Vertreter nach einer Vertreterklausel nur Angehörige (im Fall: Eheleute), andere Wohnungseigentümer und der (jeweils aktuelle) Verwalter zugelassen. Eine solche Vertreterklausel ist gleich in mehrere Richtungen auszulegen. Soweit es z. B. um den Begriff "Eheleute" geht, muss man fragen, was für einen bloßen Lebenspartner gilt. Ferner muss man in seltenen Fällen fragen, ob es einem Wohnungseigentümer zumutbar ist, sich einen Vertreter aus dem Kreis der Personen auszusuchen, die die Vertreterklausel nennt. Es gibt z. B. ledige Wohnungseigentümer, die mit allen anderen Wohnungseigentümern und dem Verwalter zerstritten oder jedenfalls unbekannt sind. Für solche Wohnungseigentümer wird in der Regel akzeptiert, dass sie eine andere Person als Vertreter bestellen.

Im Fall geht es um ein anderes Auslegungsproblem. Denn die Vertreterklausel hat übersehen, dass ein Wohnungs- oder Teileigentum nicht nur Eigentum einer "natürlichen" Person sein kann, sondern Eigentum einer Körperschaft und manchmal auch einer Personengesellschaft, etwa einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Der BGH klärt insoweit für die Praxis, dass eine juristische Person – das muss für jeden Verband gelten und auch für eine Person des öffentlichen Rechts, etwa eine Gemeinde oder eine Stadt – grundsätzlich einer Vertreterklausel unterfällt. Diese Auslegung ergibt sich aus dem Zweck einer Vertreterklausel, der nämlich darin besteht, die Versammlungen der Wohnungseigentümer von gemeinschaftsfremden Einwirkungen freizuhalten. Dieser Zweck greift auch dann, wenn es um einen Verband geht.

Geht man diesen Schritt, muss man ...

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