Leitsatz

Legt der Verwalter den Wohnungseigentümern lediglich ein Angebot zur Beschlussfassung über einen Vertragsschluss vor, obwohl es sich um Instandsetzungsmaßnahmen größeren Ausmaßes handelt, handelt er pflichtwidrig.

Liegt nur ein Angebot vor, könnten aber mehr eingeholt werden, darf der entsprechende Beschlussvorschlag nicht auf die Tagesordnung gesetzt werden.

 

Normenkette

WEG § 26 Abs. 1

 

Das Problem

Wohnungseigentümer K wirft V, dem ehemaligen Verwalter der Wohnungseigentumsanlage, vor, namens der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer mit der X-GmbH einen Vertrag zur Reparatur einer Dachterrasse und den angrenzenden Teilen des gemeinschaftlichen Eigentums geschlossen zu haben, ohne zuvor weitere Kostenangebote einzuholen, wodurch es zu 2 Beschlüssen und einer erfolgreichen Anfechtungsklage des Wohnungseigentümers Z gekommen sei. Aufgrund dieser Klage hätte er – Wohnungseigentümer K – einen Schaden in Höhe der Rechtsverfolgungskosten von 771,83 EUR gehabt. Diesen Betrag verlangt er von V als Schadensersatz. Mit Erfolg!

 

Die Entscheidung

K stehe gegen V ein Schadensersatzanspruch in Höhe von 771,83 EUR nach § 280 Abs. 1 WEG wegen schuldhafter Verletzung seiner Pflichten aus § 27 Abs. 1 Nr. 2 WEG bzw. dem Verwaltervertrag durch die veranlasste Beschlussfassung zu. V habe seine sich aus § 27 Abs. 1 Nr. 2 WEG in Verbindung mit dem Verwaltervertrag ergebenden Pflichten verletzt.

  1. Bei der Frage, welche Pflichten dem Verwalter nach dieser Vorschrift oblägen, sei im Blick zu halten, dass die Wohnungseigentümer nach § 20 Abs. 1, § 21 WEG Träger und Herren der Verwaltung seien. Diese hätten daher zu entscheiden, ob und auf welche Weise und in welchem Zeitraum sie etwaige Mängel im gemeinschaftlichen Eigentum beseitigen wollen. Der Verwalter habe insoweit keine eigene Entscheidungsbefugnis über Art und Umfang dieser Maßnahmen. Wegen der vorrangigen Pflicht der Wohnungseigentümer, die nach § 21 Abs. 5 Nr. 2 WEG erforderlichen Maßnahmen zur Instandhaltung und -setzung zu beschließen, bestünden die Verwalterpflichten primär darin, Instandhaltungs- und Instandsetzungsbedarf festzustellen und die Willensbildung der Wohnungseigentümer durch Beschluss zu unterstützen, indem die Beschlussfassung vorbereitet und durchgeführt werde. Der Verwalter habe die Wohnungseigentümer über seine Kenntnisse zu informieren und deren Willensbildung zu organisieren.
  2. Liege kein Eilfall im Sinne von § 27 Abs. 1 Nr. 3 WEG vor, habe der Verwalter die Beschlussfassung der Wohnungseigentümer vorzubereiten. Der Verwalter habe dabei auf eine Entscheidung der Wohnungseigentümer hinzuwirken, die ordnungsmäßiger Verwaltung entspreche. Die Informationspflichten des Verwalters gegenüber den Wohnungseigentümern beschränkten sich nicht auf den von ihm festgestellten Bedarf für eine Baumaßnahme. Vielmehr habe er auch Möglichkeiten aufzuzeigen, diesen Bedarf zu erfüllen. Im Zuge dessen hat er die Wohnungseigentümer über die gesetzlichen Anforderungen an die Maßnahme sowie über die Voraussetzungen der Beschlussfassung aufzuklären.
  3. Bei der Vorbereitung einer Entscheidung der Wohnungseigentümer über die zu treffenden Maßnahmen habe der Verwalter auch die voraussichtlichen Kosten zu ermitteln. Da ein Beschluss der Wohnungseigentümer über die Vergabe von größeren Aufträgen zur Durchführung von Erhaltungsarbeiten regelmäßig gegen die Grundsätze ordnungsmäßiger Verwaltung verstoße, wenn zuvor nicht mehrere (in der Regel mindestens 3) Vergleichsangebote eingeholt worden seien, obliege es dem Verwalter, entsprechende Kostenangebote einzuholen. Die Angebote müssten vergleichbar sein, d.h. die angebotenen Leistungen dürften sich nicht unterscheiden. Die Wohnungseigentümer seien über sämtliche relevanten Umstände aufzuklären. Dadurch solle gewährleistet werden, dass technische Lösungen gewählt werden würden, die eine dauerhafte Beseitigung von Mängeln und Schäden versprächen, dass aber auch auf Wirtschaftlichkeit geachtet werde und keine finanziell nachteiligen Beschlüsse gefasst werden würden (Hinweis u.a. auf Hügel/Elzer, WEG, 2. Auflage, § 26 Rn. 36).
  4. V habe angesichts dieser Pflichten pflichtwidrig gehandelt. Er habe den Wohnungseigentümern auf der Versammlung lediglich das Angebot der X-GmbH zur Beschlussfassung vorgelegt, obwohl es sich um Instandsetzungsmaßnahmen größeren Ausmaßes gehandelt habe. Damit habe der von V allein zur Beschlussfassung vorgelegte Beschlussantrag von vornherein nicht den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung entsprochen.
  5. V habe die Pflichtverletzung auch zu vertreten. Der Verschuldensmaßstab richte sich nach § 276 Abs. 1 Satz 1 BGB. Der Verwalter hafte für Vorsatz und Fahrlässigkeit, sofern nichts anderes bestimmt sei. Fahrlässig handele der Verwalter, wenn er die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt. Dieser Haftungsmaßstab sei von der Rechtsprechung verwalterspezifisch ausgeformt worden. Maßstab sei die Sorgfalt, die ein durchschnittlicher und gewissenhafter Verwalter unter den Umständen des konkreten Vertragsverhältnisses aufge...

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